Konjunkturaussichten

Erste Lockerungen sorgen für einen Hoffnungsschimmer: Ifo-Geschäftsklimaindex steigt

In der monatlichen Umfrage des Ifo-Instituts unter Unternehmern und Managern zeigt sich ein gespaltenes Bild zwischen Gegenwart und Zukunft. Optimismus herrscht noch nicht.

by
https://www.handelsblatt.com/images/konjunktur/25857020/3-format2020.jpg
Konjunktur

Die Erholung der Wirtschaft könnte auf sich warten lassen.(Foto: dpa)

Berlin. Die deutschen Unternehmen fassen wieder Mut, zumindest mit Blick auf die Zukunft. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist nach dem schwersten Einbruch seiner Geschichte wieder leicht gestiegen: von 74,2 auf 79,5 Punkte. Das vermeldete das Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut am Montag. „Die Stimmung in den Unternehmen hat sich etwas erholt“, sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest.

In der monatlichen Umfrage unter Unternehmern und Managern zeigte sich ein gespaltenes Bild zwischen Gegenwart und Zukunft: Ihre aktuelle Lage schätzten die Firmen noch schlechter ein als im April.

Der Index sank von 79,4 auf 78,9 Punkte. Für die Zukunft rechnen die Unternehmenslenker aber mit einer Erholung: Dieser Teilindex stieg von 69,4 aus 80,1 Punkte.

Es herrsche aber noch kein Optimismus, sagte Fuest. Ein Großteil der Firmen erwartet auch weiterhin eine Verschlechterung.

Vor allem in der Industrie sind die Erwartungen gemischt. Insbesondere bei den Dienstleistern hellten sich nach den ersten Lockerungen hingegen Lagebeurteilungen und Zukunftserwartungen auf.

https://www.handelsblatt.com/images/entwicklung-ifo-geschaeftsklima/25857214/2-format2020.png
Entwicklung Ifo-Geschäftsklima

Auch unter Finanzmarktexperten hatte sich zuletzt die Stimmung aufgehellt. Börsen-Analysten sehen inzwischen „Licht am Ende eines sehr langen Tunnels“, hatte das Mannheimer ZEW-Institut auf Basis seines monatlichen Index‘ vergangenen Dienstag gemeldet.

Tiefpunkt überwunden?

Die dafür befragten Finanzexperten beschreiben die Gegenwart zwar als rabenschwarz – sehen aber dafür eine deutlich aufgehellte Zukunft. So gespalten zwischen schlechter Lage und Zukunftshoffnung war der ZEW-Index zuletzt während der Finanzkrise 2009.

Bis das Bruttoinlandsprodukt den Einbruch aufgeholt haben wird, werde es aber dauern: „Die Wirtschaftsleistung von vor der Coronakrise soll erst im Jahr 2022 wieder erreicht werden“, so ZEW-Präsident Achim Wambach.

https://www.handelsblatt.com/images/ifo-konjunkturuhr/25857218/1-format2020.png
Ifo-Konjunkturuhr

Einig sind sich Ökonomen darin, dass in Deutschland der Tiefpunkt der Rezession im April erreicht war. Es war der Monat des Stillstandes für weite Teile des Einzelhandels und der Restaurants. Mit den Lockerungen ab Ende April dürfte eine leichte Erholung eingesetzt haben. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) sah in seiner Konjunkturprognose vergangene Woche den April-Tiefpunkt bereits als überwunden an. Es erwartet aber, dass sich der Aufholprozess „bis weit ins kommende Jahr ziehen werde“.

Alle Wirtschaftsforscher haben ihre Konjunkturprognosen jedenfalls seit April stetig nach unten angepasst. Die Erwartungen für das Gesamtjahr 2020 liegen derzeit zwischen minus sieben und minus zehn Prozent. Die Wirtschaftsverbände wiederum glauben an einen sehr tiefen Einbruch: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde in diesem Jahr um zehn Prozent einbrechen, „mindestens“, sagt etwa DIHK-Präsident Eric Schweitzer.

Weltumspannende Rezession

Das Münchner Ifo-Institut erwartet inzwischen ebenfalls einen so starken Einbruch; während das IfW bei minus 7,1 Prozent liegt. Der Internationale Währungsfonds wiederum ist dabei, seine Prognosen für fast alle Länder der Welt weiter herunterzuschrauben, dabei wohl auch die für Deutschland von zuletzt minus sieben Prozent. Sorge bereitet der Wirtschaft, dass die Rezession eine weltumspannende ist: Die Exportaussichten bleiben daher trübe.

Wichtiger als die Jahresprognosen sind allerdings die Erwartungen für das zweite Quartal, das mit dem Lockdown-Monat April begann. Das IfW erwartet, dass im laufenden Quartal das BIP um 11,3 Prozent einbrechen wird – ein nie dagewesener Rückgang.

Noch pessimistischer äußerte sich Ifo-Konjunkturexperte Timo Wollmershäuser: „Im zweiten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt mit minus 12,2 Prozent um ein Vielfaches stärker schrumpfen als zu Jahresbeginn“, erwartet er.

Die meisten Ökonomen verlangen von der Bundesregierung, für Unternehmen erleichterte Verlustverrechnungen und schnellere Investitionsabschreibungen einzuführen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. „Verlustrückträge sind das Mittel der Wahl, zumal sie ja gerade den Firmen besonders helfen, die vor Corona bewiesen haben, dass sie über ein tragfähiges Geschäftsmodell verfügen“, sagte etwa der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld. Er hoffe, „dass das Konjunkturpaket kein Sammelsurium branchenspezifischer Maßnahmen wird, sondern hilft, die Verluste der Unternehmen aller Branchen einzugrenzen.“

Rückgang des BIP

Die Bundesregierung plant, Anfang Juni ein Konjunkturpaket vorzulegen. Auch davon wird abhängen, wie schnell die Wirtschaft wieder Tritt fassen kann. Für das erste Quartal hatte das Statistische Bundesamt vergangene Woche ein Minus von 2,2 Prozent vermeldet.

Die Bundesregierung geht in ihrer amtlichen Prognose noch von einem Jahres-Rückgang des BIP um 6,3 Prozent aus. Wie schnell die Erholung sein wird, ist derzeit noch unklar. Die meisten Ökonomen rechnen inzwischen damit, dass sie langsamer verlaufen wird als der schnelle Einbruch im April.

Der Sachverständigenrat Wirtschaft hat deshalb – wie die großen Institute – damit begonnen, seine Konjunkturprognose zu aktualisieren. Die Wirtschaftsweisen wollen ihre neue Prognose Ende Juni oder Anfang Juli vorlegen.

Mehr: Anfang Juni will die Bundesregierung ihr Konjunkturpaket vorlegen. In der Wirtschaft kursieren Vorschläge, wie der Aufschwung nach Corona gelingen kann.