Neues Verfahren für Listenaufstellung?: CDU-Politiker fordern mehr weibliche Direktkandidaten
by FOCUS OnlineObwohl Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, ist derzeit nur jeder fünfte Abgeordnete von CDU und CSU im Bundestag weiblich. Führende Unionspolitiker wollen das ändern. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende schlägt ein neues Verfahren für die Listenaufstellung vor.
Um den Frauenanteil im Bundestag zu erhöhen, machen sich führende CDU-Politiker für mehr weibliche Direktkandidaten stark. Dem Nachrichtenmagazin FOCUS sagte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher, sinnvoll wäre ein „Reißverschlussprinzip“. Demnach sollen bei ausreichender Bewerberinnenzahl die Kandidatenposten der Wahlkreise abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden.
CDU-Vize fordert „verbindliche Regeln“
„Eine Quote ändert zwar nicht das Denken, aber wir brauchen gegenwärtig schon verbindliche Regeln, um den Frauenanteil unter den Unionsabgeordneten zu erhöhen“, sagte Breher. Der familienpolitische Sprecher der CDU, Marcus Weinberg, mahnte im FOCUS, „Frauen gezielt zur Kandidatur zu ermutigen“, damit sich die Bevölkerungsstruktur besser widerspiegelt.
Unterstützung für den Vorstoß kommt aus der Schwesterpartei. „Die Zeit ist reif für mehr Frauen in den Parlamenten“, sagt die Vorsitzende der Frauen-Union Bayern, Ulrike Scharf (CSU). „Wir müssen mehr Frauen für die Partei gewinnen und für die Politik begeistern“. Die bayrische Landtagsabgeordnete schlägt dafür Mentoring-Programme vor. Außerdem könne man Veranstaltungsformate und Sitzungszeiten anpassen, um die Vereinbarkeit von Mandat und Familie zu verbessern.
Im Deutschen Bundestag liegt der Frauenanteil in der Unionsfraktion derzeit bei 20 Prozent. Nur bei der AfD ist er niedriger. Eine Kommission unter Leitung von Generalsekretär Paul Ziemiak soll spätestens bis zum nächsten Parteitag im Dezember 2020 einen Vorschlag vorlegen, um mehr Frauen für Ämter und Mandate zu gewinnen.
JU-Chef Kuban: „Politik muss familienfreundlicher werden“
Mit welchen konkreten Maßnahmen das gelingen soll, ist in der Partei jedoch immer noch umstritten. Bislang gilt ein unverbindliches Quorum, wonach Ämter und Mandate zu einem Drittel mit Frauen besetzt werden sollen. Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban betont, dass es „echte Talentförderung statt fester Quoten“ brauche. „Politik muss familienfreundlicher werden“, fordert der 32-Jährige. „Wir verlieren zu viele engagierte Frauen und auch Männer, sobald das erste Kind da ist.“ Eine paritätische Besetzung von Wahllisten hält Kuban dagegen für „verfassungswidrig“.
„Frauen sind momentan bei den direkt gewählten Abgeordneten der CDU unterrepräsentiert. Das ist falsch und das muss sich ändern“, sagt Ralph Brinkhaus, der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Partei müsse angefangen auf der kommunalen Ebene daran arbeiten, die Rahmenbedingungen für politisches Engagement von Frauen zu verbessern. „Wir müssen wirklich hinterfragen, ob unsere Gremienarbeit und die Entscheidungsprozesse noch der Lebenswirklichkeit der Mitte unserer Gesellschaft gerecht werden“, so Brinkhaus weiter.
Aktuelle Umfragen lassen vermuten, dass der Frauenanteil bei CDU und CSU nach der Bundestagswahl 2021 sogar weiter sinken könnte, wenn Unionskandidaten nahezu alle Wahlkreise direkt gewinnen und damit die Wahllisten so gut wie in keinem Bundesland ziehen.
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