Lüften wichtiger als Wischen

Drosten für Öffnung von Schulen und Kitas

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Die Lehrerinnen und Lehrer könnten nach Ansicht von Christian Drosten eine "Anzeigefunktion" übernehmen.(Foto: dpa)

Die zahlreichen Corona-Fälle nach dem Besuch eines Frankfurter Gottesdienstes bestätigen nach Ansicht des Virologen Drosten die starke Viren-Verbreitung über kleinste Luftpartikel. Drosten schlägt für eine Öffnung von Schulen und Kitas vor, Lehrer und Erzieher systematisch zu testen.

Nach dem Ausbruch von Corona-Infektionen im Nachgang eines Gottesdienstes in Frankfurt am Main rät der Virologe Christian Drosten, das Thema Aerosole noch stärker in den Blick zu nehmen. "Die Aerosolübertragung spielt eine wichtige Rolle", sagte Drosten im Deutschlandfunk. Sie sei "ungefähr gleichbedeutend" mit der Tröpfcheninfektion. Darauf deuteten das beobachtbare Infektionsgeschehen und wissenschaftliche Daten gleichermaßen hin.

Für den Forscher der Berliner Charité folgen aus dieser Erkenntnis auch mögliche angepasste Verhaltensweisen. "Wenn es so ist, dass ein Virus in der Raumluft steht, dann muss diese Luft natürlich bewegt werden", sagte Drosten unter Verweis auf das Lüften mittels offener Türen und Fenster sowie der Nutzung von Ventilatoren. "Man kann einen Raum so auch entlüften und eine Aerosolkomponente verringern", sagte er.

Während Ansteckungen über Tröpfchen und Aerosole ein großes Thema seien, könne die Schmierinfektion womöglich etwas weniger stark betont werden, sagte Drosten weiter. "Im Alltag sollte man sich vielleicht mehr aufs Lüften konzentrieren als auf das ständige Wischen und Desinfizieren". Das gelte aber nicht für Kliniken und Praxen.

Betreuer mit "Anzeigefunktion"

Drosten schlug zudem vor, die vollständige Öffnung von Schulen und Kindertagesstätten durch gezieltes Testen der Lehrer und Betreuer zu ermöglichen. Es gebe zwar keine Hinweise darauf, dass Kinder weniger infektiös seien als Ältere. Er sieht aber die Notwendigkeit einer Öffnung von Schulen und Kitas und hält das Infektionsgeschehen dort für kontrollierbar.

Drosten verwies darauf, dass Kinder in Schulen stets am gleichen Platz sitzen und von den gleichen Menschen betreut würden. Da fast alle infizierten Erwachsenen auch Symptome zeigten, könnten Lehrer und Erzieher eine "Anzeigerfunktion" bei neuen Ausbrüchen an Schulen und Kitas übernehmen. "Jeder symptomatische Lehrer muss sofort getestet werden", sagte Drosten und ergänzte: "Und auch jeder besorgte Lehrer muss oder darf einmal pro Woche getestet werden."

Der Virologe argumentierte, das trage zum einen zur Beruhigung des exponierten Personals bei, zum anderen seien Lehrer und Erzieher den Kindern zumeist sehr zugewandt und besorgt, weshalb sie womöglich erkrankte Kinder oder deren Eltern frühzeitig ausmachen können.

"Man kann nicht alles blind testen", sagte Drosten, aber an Schulen und Kitas ergebe das Sinn. Die Tests müssten "real, wirklich verfügbar, verlässlich" sein. "Damit wären wir ein ganz wichtiges Stück weiter." Die Tests müssten demnach schnell hochgefahren werden, damit das System bis zum als riskant geltenden Herbst sitzt. "Wenn wir das über die Sommerferien hinweg einüben, dann kommen wir, glaube ich, wirklich gut in den Herbst rein."