Ostsee, Campingplatz, Garten: So könnte der Sommerurlaub aussehen
by Südwest Presse Online-Dienste GmbHSonnen in der Toskana, feiern auf Ibiza oder Sightseeing in New York - die Corona-Krise macht den diesjährigen Urlaubsplänen vieler Menschen einen Strich durch die Rechnung.
Einer Studie des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Versicherung CosmosDirekt zufolge hatte für 2020 fast jeder zweite Mensch in Deutschland schon konkrete Reisepläne und mindestens einen Urlaub fest gebucht. Doch die Möglichkeit, ins Ausland zu reisen, ist derzeit alles andere als sicher. Alternativen für Urlaubstage und die Ferien gibt es reichlich - und sind gefragt. Was haben die Menschen in Deutschland diesen Sommer vor?
Urlaub auf Balkonien
Dass sich viele Leute auf freie Tage zu Hause, auf dem Balkon und im Garten einstellen, legt die starke Nachfrage nach Grills, Pools, Sandkästen und Schaukeln in Baumärkten nahe. Auch in den vergangenen Jahren seien zunehmend Produkte aus dem Bereich Garten und Freizeit verkauft worden, „aber dieses Jahr ist die Nachfrage noch einmal deutlich stärker“, sagte ein Sprecher der Hornbach-Baumärkte. Auch toom-Baumarkt verzeichnet derzeit eigenen Angaben zufolge eine verstärkte Nachfrage unter anderem nach Sonnenschutz und Pools.
Kleingärten
Viele Menschen, die keinen eigenen Garten haben, würden ihre freien Tage in diesem Jahr gerne im Schrebergarten verbringen - darauf deuten die Wartelisten für Kleingärten hin. „Wir haben mindestens eine Verdopplung der Nachfrage nach Kleingärten im Vergleich zu sonst“, sagt Stefan Grundei, Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Gartenfreunde. In Berlin, Hamburg, München und anderen Städten habe sich die Nachfrage teilweise sogar vervierfacht. In dem Verband sind bundesweit Vereine mit knapp einer Million Kleingärten organisiert. Kleingärten werden nach Bundeskleingartengesetz unbefristet verpachtet und sind preislich gedeckelt.
Urlaub in Deutschland
Einer Umfrage des Verbraucherforums „Mydealz“ zufolge will jeder Vierte dieses Jahr Urlaub innerhalb der Bundesrepublik machen. „Reisen innerhalb Deutschlands haben in diesem Jahr eine besondere Bedeutung“, sagt auch eine Sprecherin der Plattform „Airbnb“.
Ein Drittel der Menschen verbringe den Urlaub ohnehin im Inland, sagt Jürgen Schmude, Professor für Tourismuswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft. Auch den übrigen zwei Dritteln der Menschen, die sonst im Schnitt ins Ausland reisen, habe die deutsche Tourismuslandschaft etwas zu bieten: „Wir haben Küsten, Mittelgebirge, einen alpinen Tourismus.“ Dass der Urlaub im Inland nun viele teurer zu stehen komme als die Schnäppchen-Reise auf die Kanaren, glaubt er nicht. Verschiedenen Einschätzungen zufolge verzichteten 20 bis 35 Prozent der Menschen in diesem Jahr aber sogar ganz auf ihren Urlaub, sagt Schmude. Gründe dafür seien etwa Sorge um die Sicherheit oder eine ungewisse berufliche Zukunft.
Eine Umfrage unter „Airbnb“-Nutzern ergab Unternehmensangaben zufolge, dass 39 Prozent der Urlaubsfreudigen nach der Pandemie innerhalb Deutschlands verreisen möchten. 61 Prozent der Befragten gaben an, die erste Reise innerhalb Europas verbringen zu wollen.
Ferienwohnungen und -höfe
Auf dem Ferienwohnungsportal „FeWo-direkt“ wurde in der letzten Aprilwoche - als klar wurde, dass Urlaub in Deutschland in den kommenden Wochen wieder möglich ist - vor allem nach Unterkünften an Nord- und Ostsee gesucht. Vorpommern-Rügen in Mecklenburg-Vorpommern und Nordfriesland in Schleswig-Holstein stünden besonders hoch im Kurs. Auf Platz drei und vier der meisten Suchanfragen für Ferienwohnungen auf dem Portal standen die Stadt Lübeck und der Kreis Ostholstein im nördlichsten Bundesland sowie der Landkreis Aurich in Niedersachsen.
Auch Urlaub auf Bauern- und Ferienhöfen ist stark gefragt. Nach einigen Wochen der Unsicherheit sei die Nachfrage nun „exorbitant“, sagt Susanne Wibbeke, Geschäftsführerin vom Landesverband Bauernhof- und Landurlaub Bayern, in dem sich 1400 Ferienhöfe zusammengeschlossen haben.
Camping
Auch die Campingplätzen in der Bundesrepublik werden voraussichtlich in den kommenden Monaten gut besucht. Während die Betreiber in den ersten Wochen der Corona-Krise eine große Stornierungswelle erlebten, stiegen die Buchungsanfragen nach Ankündigung der Wiederaufnahme des Campingtourismus im jeweiligen Bundesland für Pfingsten und die Sommerferien stark an, wie der Geschäftsführer des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Deutschland, Christian Günther, mitteilt. „Insbesondere gilt dies für die klassischen Ferienregionen.“ Günther empfiehlt, in diesem Jahr keine Reise ohne Vorausbuchung anzutreten.
Dass Ferienwohnungen oder -häuser und Camping derzeit so gefragt sind, überrascht den Experten Schmude nicht. „Das gibt Sicherheit, weil man nicht immer im öffentlichen Raum ist, einen Rückzugsort hat.“
Ab nach draußen
Die Corona-Pandemie beschert Fahrradhändlern einen ungeahnten Boom, hieß es vom Zweirad-Industrie-Verband. Auch zu Fuß sind viele Menschen unterwegs: Nach Einschätzung des Deutschen Wanderverbands boomt das Wandern während der Corona-Krise. „Das Wandern wird eine besonders gefragte Urlaubsaktivität sein, auch für Menschen, die bisher nicht oder nur selten gewandert sind“, sagte kürzlich Geschäftsführerin Ute Dicks. Damit es nicht zu eng wird, rät der Verband dazu, überlaufene Wege zu meiden. Es könne sinnvoll sein, „eine Wanderung abseits ausgetretener Pfade zu planen“.
Auf lange Sicht werde die Corona-Krise deutliche Spuren im Tourismus hinterlassen, sagt Schmude. Er rechnet damit, dass Urlaub und Erholung künftig outdoor- und naturorientierter werden. Auf Urlaub, der mit großen Menschenansammlungen einhergeht, wie zum Beispiel Städtetourismus oder Kreuzfahrten, werde in der kommenden Zeit vermutlich eher verzichtet. Bereits in den letzten Jahren habe natur- und gesundheitsorientierter Urlaub zugenommen. „Das wird nun noch einmal verstärkt.“