Welcher Kleinstwagen ist der Größte?
by Gerald Czajka, Mirko MenkePlatz 1 mit 508 von 800 Punkten: Hyundai i10 1.2. Einer der stärksten Kleinstwagen am Markt. Gelungenes Raumkonzept und ordentliches Fahrverhalten. Saugmotor schlapp. Preis: ab 15.690 Euro (Ersparnis bei carwow.de bis zu 5000 Euro). Platz 2 mit 457 von 800 Punkten: Renault Twingo TCe 90. Einer der ungewöhnlichsten Kleinstwagen. Durch Heckmotor handlich, aber auch verbaut. Komfort könnte besser sein. Preis: ab 13.390 Euro (Ersparnis bei carwow.de bis zu 3610 Euro). Sie gehören zu den bedrohten Arten. Kleine, bezahlbare Autos, die sich nicht mit stotterndem Motor und beklemmend engen Innenräumen durch den Alltag quälen. Der VW-Konzern schickt Up, Citigo und Mii aufs Elektro-Gleis. Citroën C1, Peugeot 108 und Toyota Aygo können ihr Geburtsjahr 2014 ebenso wenig verleugnen wie der Fiat 500 Jahrgang 2007. Da kommt der neue Hyundai i10 gerade richtig. Auf gerade mal 3,67 Metern versucht der Korea-Knirps uns automobile Grundversorgung ohne billigen Kassen-Mief zu verkaufen. Wie gut er das hinkriegt, klärt der Vergleich mit dem extravaganten Renault Twingo, der noch mal sieben Zentimeter kürzer ausfällt als der Hyundai.
Der Hyundai ist i10 ist das vollwertigere Auto
Der Hyundai verliert seinen Größenvorsprung (3,67 zu 3,60 m) beim Radstand sofort wieder (2,43 zu 2,49 m), bietet aber trotzdem das deutlich erwachsenere Raumkonzept. Im i10 sitzen wir auch hinten noch anständig, erlaubt der Kofferraum mehr als Kurzurlaub oder Köfferchen. Außerdem verwöhnt der Koreaner mit den bequemeren Sitzen. Das spüren schon die Fahrer, die auf ordentlich ausgeformten Polstern Platz nehmen und nicht wie im Twingo zu hoch auf konturlosen Schaumstoffblöcken hocken. Die zweite Reihe wird im Franzosen dann eher zur Notlösung. Die Knie bohren sich schnell in die weichen Vordersitzlehnen, die ebenso flache wie kurze Sitzfläche lässt die Oberschenkel frühzeitig in der Luft hängen, der schmale Franzose wird nicht zufällig als Viersitzer verkauft. Hyundai traut sich, fünf Plätze anzubieten. Werden die alle belegt, klemmt es natürlich auch im i10-Fond – Kurzstrecken gehen aber schon mal.
Beim Fahren ist der Twingo deutlich lebendiger
Unabhängig von der Belegung macht das modernere Infotainmentsystem die Reise im Korea-Knirps vergnüglicher. Ordentliche Sprachbedienung, Anzeige der Staus (rot) und freier Strecken (grün), Remote-Funktionen wie Fahrzeugsuche oder Übertragung von Navi-Zielen fehlen im Renault. Auch bei Qualität und Bedienung kann der 2014 gestartete und 2019 aufgefrischte Franzose seinem Herausforderer nicht ganz folgen. Auf schlechten Strecken scheppert der i10 kaum, an soliden Bügelgriffen lassen sich die Türen des Hyundai im Notfall besser aufreißen als die mit Griffschalen versehenen Pforten des Twingo, zur Ölkontrolle muss nur die Motorhaube geöffnet werden – beim Renault erreicht den Motor nur, wer vorher sechs Schrauben im Kofferraum löst. Der freche Twingo erfüllt mit dem im Heck knurrenden Einliter-Dreizylinder unsere Erwartungen – nicht mehr und nicht weniger. Zwar läuft er deutlich rauer als der 1,2-Liter-Vierzylinder des Hyundai, dank Turbo kommt er beim Überholen aber deutlich flotter in die Puschen. Die 84 PS des Koreaners wirken gehemmt und brauchen viel Drehzahl, um so etwas wie Temperament zu versprühen. Bei beiden Minis schmälert die hakelige Fünfgang-Box den Fahrspaß zusätzlich.
Trotz höheren Preises gewinnt Hyundai bei den Kosten
Beim Fahrwerk spüren wir dann wieder die Reife des i10. Trotz sehr kurzem Radstand nimmt er auch fiese Flickenteppiche noch anständig, teilt selten unfaire Schläge aus. Der Twingo zeigt sich hier deutlich sprunghafter, gerät auf schlechten Nebenstrecken mächtig ins Zappeln. Sein dank Heckmotor traumhaft kleiner Wendekreis (8,9 m) und die sehr leichte (und sehr indirekte) Lenkung machen ihn aber zum König der Großstadt und beim Einparken. Sowohl beim Grundpreis als auch im Test-Trimm schont der Renault unsere Haushaltskasse, der Hyundai verlangt mit 19.040 Euro fast 4000 Euro Aufschlag. Das Kostenkapitel gewinnt der Koreaner trotzdem. Weil er im Alter mehr Ansehen genießt, damit wertstabiler ist – und wegen der üppigen Garantie. Während die bei Renault schon nach zwei Jahren endet, gewährt Hyundai fünf Jahre Sorgenfreiheit. Das nennen wir mal aktiven Artenschutz. Fazit: Der Hyundai i10 setzt sich deutlich durch. Nicht nur, weil er das modernere Auto ist, sondern auch wegen der höheren Alltagstauglichkeit. Der Twingo gefällt als bunter Hund mit eigenem Charakter. Das bringt ihm durchaus Sympathien, kostet aber auch einige Punkte.