Verteilungskampf bei Anne Will: „Deutschland gibt zu wenig für Bildung aus!“
TV-Kritik
by Daland SeglerDas Geldausgeben war das große Thema bei Anne Will: „Milliarden gegen die Krise – wird das Geld richtig investiert?“
- Viele Innenstädte sind während der Corona-Krise* wieder geöffnet.
- Bei Anne Will (ARD)* ging es um das große Geldausgeben.
- Dabei fällt ein eindeutiges Fazit über das Bildungswesen.
Die Innenstädte sind offenbar wieder voll. Händler bieten Rabatte en masse, im Versuch, wenigstens etwas aufzuholen von den Verlusten der vergangenen Wochen. Doch noch haben die Bürger*innen nicht von den Segnungen der Politik profitiert, von Gutscheinen oder Prämien. Das Geldausgeben war das große Thema bei Anne Will*: „Milliarden gegen die Krise – wird das Geld richtig investiert?“ Dabei stand der Mann im Mittelpunkt, der die Frage naturgemäß mit einem „Ja“ beantwortete: Finanzminister Olaf Scholz. Er verteidigte zunächst das 500-Milliarden-Programm von Merkel und Macron und erntete auch wenig Widerspruch bei der Frage, ob das Geld als Zuschuss oder Kredit vergeben werden solle.
Anne Will (ARD): Zuwendungen versickern in „irgendwelchen Kanälen“
Zwar ließ sich Karsten Linnemann, Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), bei Anne Will noch zu einem Seitenhieb gegen Länder hinreißen, die angeblich die Zuwendungen in „irgendwelchen Kanälen“ versickern ließen. Aber dieser Sicht widersprach Monika Schnitzer, frisch gekürte „Wirtschaftsweise“ vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Es sei eine falsche Diskussion, über Nettozahler und-Empfänger zu reden.
Anne Will (ARD): „Die EU sind wir!“
Der Plan sei richtig, weil etwa die Südeuropäer auf ihre Einnahmequelle Tourismus verzichten mussten. Es gelte aber nun, „ein neues Narrativ“ zu denken, mit Investitionen in den Green Deal, die Digitalisierung und die Gesundheit. Fischer fand das System der Zuschüsse richtig, aber die müssten in die Zukunft investiert werden. Annalena Baerbock, Co-Chefin der Grünen, pflichtete bei. Es gehe darum, dem europäischen Binnenmarkt wieder auf die Beine zu helfen, damit nicht wieder, wie etwa bei der Griechenland-Krise, Häfen an Chinesen verkauft werden müssten.
Einig waren sich die Gäste bei Anne Will, dass es künftig Mehrheitsentscheidungen in der EU brauche. Fischer warnte vor der Gefahr der Auflösung; statt einer Debatte darüber wer sich falsch verhalten habe, sollten gemeinsame Projekte im Bereich Digitalisierung und Gesundheitswesen begonnen werden. Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler und in der CDU, wollte vom Misstrauen nicht lassen. Die Nationalstaaten sollten sich selbst helfen, forderte er. Doch Baerbock erinnerte angesichts der Diskussion, ob die EU-Mitgliedsstaaten Souveränität abgeben sollten: „Die EU sind wir!“
Anne Will (ARD): „Wir dürfen nicht in die alte Zeit zurück!“
Dann ging es um das Geldverteilen im Lande selbst, nachdem Bayerns Landeschef Markus Söder eine Obergrenze gefordert hatte. Scholz wollte „erst mal gucken, was zu tun ist“, bevor man über Summen spreche. Den Gefallen tat ihm Holznagel nicht und verlangte, auch über das Sparen zu sprechen – etwa am Bundestag, der eine Milliarde jährlich koste.
Fischer erklärte, es gehe nicht darum wie viel, sondern wofür das Geld ausgegeben werde. Sie kritisierte die offenbar geplante Kaufprämie für Autos, die keine Investition in die Zukunft sei. Man muss ich das vor Augen halten: Steuergeld für betrügerische Konzerne, die sich zudem Boni für die Manager und Dividenden für die Aktionäre gönnten. Sogar Carsten Linnemann sprach sich gegen eine neue „Abwrackprämie“ aus. „Wir dürfen nicht in die alte Zeit zurück!“ Man müsse die Unternehmen stützen, etwa mit Liquidität.
Talkshow bei Anne Will: Das Land lebe vom „Humankapital“
Annalena Baerbock kritisierte, dass die Kriterien des geplanten Konjunktur-Programms unklar seien. Und der Finanzminister tat wenig, sie zu nennen und uns aufzuklären. Immerhin ließ er durchblicken, dass er für die von seiner Kollegin Franziska Giffey geforderte Zahlung von 300 Euro pro Kind sei – ein schlechter Witz, wenn die Summe auch für Millionärs-Nachwuchs ausgezahlt wird. Baerbock wies zurecht darauf hin, dass sie als Gutverdienende auf das Geld nicht angewiesen sei, stattdessen aber einen Kitaplatz brauche – wie so viele andere Eltern. Fischer unterstützte die Grüne: Investitionen in Bildung sollten Vorrang haben. Deutschland gebe aber viel zu wenig für Bildung aus. Dabei lebe das Land vom „Humankapital“. Ein schönes Schlusswort, fand Moderatorin Anne Will.
Anne Will, ARD, von Sonntag, 24. Mai, 21.45 Uhr und in der ARD-Mediathek.
Von Daland Segler
Die Corona-Proteste beschäftigen auch die Gäste bei Anne Will (ARD). Dabei übertrumpfen sich die Anwesenden gegenseitig im „Nicht-Pauschalisieren“. Die TV-Kritik.