Touristiker haben ein neues Problem: zu viele Touristen

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«Vielen Dank für Ihr Verständnis»: Wer anbrennt, bekommt vom Verkehrsregler einen Flyer von Visit Glarnerland.
DANIEL FISCHLI

Die Zufahrten ins Klöntal und ins Oberseetal mussten am schönen Auffahrtsdonnerstag von den Gemeinden wieder für Autos gesperrt werden. Die Parkplätze waren besetzt, und die Strassen drohten zu verstopfen. Wer vom Verkehrsregler weggewiesen wurde, bekam dafür einen Flyer durchs Autofenster gereicht. «Sie konnten Ihr geplantes Ziel nicht erreichen? Kein Problem im Glarnerland, hier gibt es unzählige weitere schöne Flecken zu entdecken», verspricht die Broschüre. Sie listet elf Parkplätze im ganzen Kanton und einen Haufen Freizeitaktivitäten auf, die von dort aus leicht erreichbar sind.

Drucken und verteilen lassen hat den Flyer die Tourismusdachorganisation Visit Glarnerland. Als deren Geschäftsführer ist es Fridolin Höslis Aufgabe, Touristen ins Glarnerland zu locken. An der Auffahrt musste er stattdessen verhindern, dass die Ausflügler enttäuscht wieder abreisen, weil ihre Wunschdestination überlaufen war. «Unser Ziel ist, dass die Leute nicht einfach kehrtmachen», sagt Hösli. «Wir wollen mit dem Flyer alternative Angebote zeigen, die gleich direkt angesteuert werden können. Auch in der Hoffnung, dass die Leute wieder kommen.»

Mit dem Wetterbericht kam der Entscheid zum Druck

Etwas «handglismet» sei die Aktion noch gewesen, räumt Hösli ein. Sie hatte wenig Vorlaufzeit: Am Montag sei mit dem Wetterbericht klar geworden, dass an Auffahrt die Sonne scheint und ein Besucherandrang bevorsteht. Am Mittwoch überreichte Visit Glarnerland 1500 gedruckte Flyer an die Sicherheitsfirma, welche den Verkehrsdienst im Gäsi, im Klöntal und für das Oberseetal macht.

«Wir finden es schön, dass das Glarnerland attraktiv ist», sagt Fridolin Hösli. Wenn der Besucherandrang zu gross wird, ist dies aber nicht nur Grund zur Freude für die Touristiker. Schliesslich sollen die Besucher das Glarnerland in guter Erinnerung behalten. Wie die Aktion ankommt, weiss Hösli noch nicht. Die Rückmeldungen hätten sich in engen Grenzen gehalten.

Zum Normalfall werde ein Andrang wie über die Auffahrt nicht, glaubt Hösli. «Man muss die Situation im Kontext sehen», sagt er. Reisen ins Ausland sind nicht möglich, die Bergbahnen und Badis geschlossen. «Da gibt es halt eine Massierung der Ausflügler bei diesen Perlen.» Gut möglich, dass der Bundesrat die Massnahmen gegen das Coronavirus bald lockert. Trotzdem glaubt Hösli, dass der Flyer nicht zum letzten Mal im Einsatz war. «Das ist eine rollende Geschichte. Auch weil sich die Situation laufend ändert. Das Thema Besucherlenkung wird uns über die kommenden Jahre begleiten. Da sind wir erst am Anfang.»

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