Keine Legalisierung von Cannabis
SPD und Grüne sind sich bei ihren Verhandlungen in den Bereichen Soziales, Arbeitsmarkt, Flucht und Integration sowie beim Gesundheits- und Verbraucherschutz einig geworden – mit einer wichtigen Ausnahme
Wie in vielen anderen Bundesländern waren die Grünen in Hamburg mit der Forderung in die Koalitionsverhandlungen gegangen, die Droge Cannabis zu entkriminalisieren. So sollte es ein Modellprojekt zur Abgabe von Haschisch und Marihuana an Erwachsene geben, außerdem sollte die Menge Cannabis, die man in der Hansestadt straffrei besitzen darf, erhöht werden.
Nachdem das Thema bereits mehrfach auf der Tagesordnung gestanden hatte – unter anderem in den Verhandlungen zur künftigen rot-grünen Innenpolitik – haben sich die Wunschkoalitionäre auch im letzten Anlauf, bei den Gesprächen zum Thema Gesundheit, nicht auf einen gemeinsamen Weg der Legalisierung einigen können. „Wir sind da einfach nicht zusammengekommen“, sagte Grünen-Landeschefin Anna Gallina im Anschluss an die zwölfte Verhandlungsrunde am Montagabend im Rathaus.
Schnelle Hilfe statt Strafe für Jugendliche
Dafür haben sich SPD und Grüne darauf verständigt, dass Jugendliche und Jungerwachsene, die von der Polizei mit illegalen Drogen aufgegriffen werden, künftig der Strafverfolgung entgehen, wenn sie sich innerhalb von 72 Stunden in eine Drogenberatung begeben und im Anschluss Angebote der Jugendhilfe erhalten. „Das soll eine schnelle Intervention sein“, sagte die amtierende Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), die einer möglichen neuen Koalition nicht angehören wird. Schnelle Hilfe statt Strafe laute der Slogan des angedachten Versuchs, sagte Prüfer-Storcks.
Ebenfalls einig wurden sich die beiden Parteien nach eigener Darstellung darüber, die Finanzierung der Krankenhäuser in der Hansestadt weiter aufzustocken. Zudem wolle man gemeinsam die Versorgung der Hamburgerinnen durch Hebammen verbessern, zum Beispiel, indem diese in städtischen Einrichtungen Kurse anbieten könnten.
Ein Gesundheitszentrum für jeden Bezirk
Zudem soll es künftig in jedem Bezirk ein Gesundheitszentrum geben, in dem es Kinder- und Hausärzte sowie Fallmanager gibt, die die Ärzte und weitere Angebote der Gesundheitsförderung für die Patienten vernetzen. Ebenfalls neu eingerichtet werden nach den Plänen von Rot-Grün ein Kurzzeitpflegenotdienst sowie ein Pflegenottelefon, das schnelle Hilfe bieten soll, wenn in den Pflegeheimen kein Platz für weitere Patienten ist.
Im Bereich Soziales wollen die beiden Parteien unter anderem neue Angebote für Obdachlose schaffen. So sollen unter anderem zwei neue öffentlich-rechtliche Unterbringungen entstehen. Die eine richtet sich speziell an Obdachlose mit psychischen Erkrankungen, die andere soll pflegebedürftige Obdachlose aufnehmen, die keinen Platz in einem klassischen Pflegeheim erhalten oder haben wollen.
Kitas bleiben für fünf Stunden beitragsfrei
Für die Kitas, die ebenfalls in das Ressort von Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) fallen, vereinbarten die Wunschkoalitionäre im Wesentlichen, die Ziele der vergangenen Legislaturperiode weiterzuverfolgen. „Wir wollen den quantitativen Ausbau voranbringen, zum Beispiel, indem wir das mit dem geplanten Schulbau in den Quartieren verbinden“, sagte Leonhard. Dazu solle es auch die bereits versprochenen qualitativen Verbesserungen geben, „durch mehr Kita-Personal in der Krippe und im Elementarbereich“. Bis 2024 sollen alle Verbesserungen erreicht sein. Dabei würden die Kitas im selben Umfang wie bisher beitragsfrei bleiben.
Trotz der stark steigenden Ausgaben bei den gesetzlichen Leistungen im Bereich ihrer Behörde werde man aus eigenen Mitteln ein Arbeitsmarktprogramm auflegen, erklärte Leonhard. Dieses solle die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit ergänzen und zum Beispiel sehr speziell alleinerziehende Frauen in den Blick nehmen sowie Fortbildungen für Arbeitnehmer anbieten, die durch die aktuelle Corona-Krise in berufliche Schwierigkeiten geraten sind.
Insgesamt habe man sehr lange, aber sehr einvernehmlich über die Themen der Sozial- und der Gesundheitsbehörde gesprochen, sagte Leonhard, die auch Landesvorsitzende der SPD in Hamburg ist. Ihre grünen Mitrednerinnen im Rathaus, neben Anna Gallina war das Mareike Engels, die Sprecherin für Soziales, Frauen und Gleichstellung der Bürgerschaftsfraktion, machten keinen gegenteiligen Eindruck.
Wenig Reibungspunkte
Mit Ausnahme der Entkriminalisierung des Cannabiskonsums scheint es in der Tat wenig Reibungspunkte gegeben haben. Anders hatte das Ende der vergangenen Woche beim Thema Wirtschaft ausgesehen. Insider hatten berichtet, dass es ob der unterschiedlichen Auffassungen sogar zu einem Bruch der Koalition hätte kommen können.
SPD und Grüne bilden in Hamburg seit 2015 einen gemeinsamen Senat. Bei der Bürgerschaftswahl im Februar war die SPD trotz Verlusten mit 39,2 Prozent erneut stärkste Kraft geworden. Die Grünen konnten mit 24,2 Prozent ihr Ergebnis von 2015 fast verdoppeln. Bis zu den Hamburger Sommerferien soll die neue Koalition stehen.
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