Polens neue Gerichtspräsidentin ist PiS-treu
Nach langem Tauziehen hat das Oberste Gericht in Polen mit Malgorzata Manowska eine neue Vorsitzende. Die nationalkonservative Führung baut damit ihre Macht aus. Nahezu alle öffentlichen Ämter sind nun in Regierungshand.
Polens nationalkonservativer Präsident Andrzej Duda hat die Juristin Malgorzata Manowska unter fünf Kandidaten ausgewählt, die das Gericht aus den eigenen Reihen vorgeschlagen hatte. Die 55-Jährige gilt als enge Vertraute von Justizminister Zbigniew Ziobro. Dieser ist der Chef von Solidarna Polska (Solidarisches Polen), einer Splitterpartei der nationalkonservativen Regierungspartei PiS.
Um die Führung des Obersten Gerichts war über Jahre gestritten worden. Die bisherige Vorsitzende Malgorzata Gersdorf machte sich als vehemente Kritikerin der PiS-Justizreformen einen Namen. Die heute 67-Jährige widersetzte sich auch Versuchen, sie aufgrund einer neu festgelegten Altersgrenze von 65 Jahren (statt wie bisher 70 Jahren) vorzeitig abzuberufen. Ihre sechsjährige Amtszeit als Gerichtspräsidentin endete Ende April.
Nur die Interessen der Regierung im Blick
Nach der Entscheidung Dudas warf der ehemalige Vorsitzende des Verfassungsgerichts, Andrzej Zoll, dem Präsidenten vor, er habe bei seiner Wahl nicht das Wohl des Staates, sondern die Interessen der Regierungsparteien im Blick gehabt. Außer dem Beauftragten für Bürgerrechte gebe es in Polen kein öffentliches Amt mehr, das nicht in einer Abhängigkeit von den Nationalkonservativen stehe.
Manowska sei bekannt für ihre engen Beziehungen zu Politikern, kritisierte Bartlomiej Przymusinski von der Richtervereinigung Iustitia. Wie andere Juristen äußerte auch er Zweifel daran, dass der Auswahlprozess formal richtig abgelaufen sei.
Das Oberste Gericht ist die höchste Instanz in Zivil- und Strafsachen und hat seinen Sitz in Warschau. Übergeordnet ist noch der Verfassungsgerichtshof.
Neues Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission
Im Streit um die polnische Justizreform leitete hatte die EU-Kommission im April ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren ein. Grund ist ein neues Gesetz zur Disziplinierung von Richtern, das nach Ansicht der Behörde gegen EU-Recht verstößt.
Mit dem Konflikt befasst sich auch ein weiteres Mal der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Das Straßburger Gericht rief die Regierung in Warschau in der vorigen Woche auf, zu der Klage eines Richters aus Krakau Stellung zu nehmen. Dieser wurde aus dem Nationalen Richterrat abberufen, der eigentlich über die Unabhängigkeit der Rechtsprechung wachen soll.
se/qu (dpa, afp, ap)