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Bundespräsident Steinmeier eröffnet Münchner Sicherheitskonferenz. | Bildquelle: AFP

Steinmeier warnt vor "destruktiver" Weltpolitik

Münchner Sicherheitskonferenz

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Bundespräsident Steinmeier hat scharfe Kritik an den USA, Russland und China geübt. Sie hätten eine zerstörerische Dynamik entfacht, sagte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch Deutschland müsse seine Außenpolitik ändern.

Mit scharfer Kritik an den USA hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Münchner Sicherheitskonferenz eröffnet. Steinmeier kritisierte die Abwendung der USA von der internationalen Gemeinschaft und warnte vor einer "zunehmend destruktiven Dynamik der Weltpolitik".

"Vom Ziel internationaler Zusammenarbeit zur Schaffung einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr weiter", sagte das deutsche Staatsoberhaupt. Die US-Regierung erteile "selbst der Idee einer internationalen Gemeinschaft eine Absage". Eine solche Politik gehe "auch auf Kosten der Nachbarn und Partner".

Der Ex-Außenminister kritisierte auch die Regierungen in Moskau und Peking. Russland habe "militärische Gewalt und die gewaltsame Verschiebung von Grenzen auf dem europäischen Kontinent wieder zum Mittel der Politik gemacht". China beachte das Völkerrecht "nur selektiv, wo es den eigenen Interessen nicht zuwiderläuft".

Steinmeier wirft Großmächten Egoismus vor
tagesschau 17:00 Uhr, 14.02.2020, Birgit Rätsch, BR

Bekenntnis zu Europa

In Zeiten eines weltweit wachsenden Nationalismus muss Deutschland nach seinen Worten viel mehr als zuletzt Europa ins Zentrum seiner Außenpolitik stellen. "Es ist unser stärkstes, unser elementarstes nationales Interesse. Für heute und für morgen gilt: Europa ist der unabdingbare Rahmen für unsere Selbstbehauptung in der Welt", sagte Steinmeier.

Deutschland habe zuletzt zu einem Auseinanderdriften der EU beigetragen und solle sich wieder zu seiner größten Verantwortung bekennen, "die unserem Land zukommt: das geeinte Europa zusammenzuhalten". Deutschland sei auf Europa angewiesen, es dürfe auf keinen Fall scheitern. Scheitere das europäische Projekt, dann stünden auch die Lehren der deutschen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg infrage.

Steinmeier für Zwei-Prozent-Ziel der NATO

Zugleich sprach sich Steinmeier für höhere deutsche Verteidigungsausgaben und eine Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO aus. Er bekannte sich zu dem Ziel der NATO, dass jeder Mitgliedstaat zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Streitkräfte ausgeben soll. Gleichzeitig warnte Steinmeier allerdings davor, in der Außenpolitik einen zu starken Akzent auf das Militärische zu legen. "Das militärische Instrument ist für unsere Sicherheit unverzichtbar, aber weder das erste noch das erfolgversprechendste, wenn es um diplomatische und politische Handlungsbereitschaft geht."

Die NATO hatte auf ihrem Gipfel in Wales 2014 beschlossen, sich in den nächsten zehn Jahren dem Zwei-Prozent-Ziel anzunähern. Deutschland lag 2019 bei 1,38 Prozent und will bis 2024 1,5 Prozent erreichen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer stellte bis 2031 die zwei Prozent in Aussicht, das ist aber noch keine gemeinsame Regierungsposition mit der SPD.

Markus Kaim, Politikwissenschaftler und Sicherheitsexperte, mit Einschätzungen zur weltweiten Sicherheitslage
tagesschau24 16:00 Uhr, 14.02.2020

Warnung vor neuem Wettrüsten

Steinmeier betonte in seiner Rede auch die Bedeutung der NATO für Europa. Er reagierte damit auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der das Bündnis für "hirntot" erklärt und für mehr europäische Eigenständigkeit plädiert hatte. "Wenn wir dieses Europa auch in Fragen der Sicherheit zusammenhalten wollen, dann reicht es nicht, allein die Europäische Union sicherheitspolitisch und militärisch stark zu machen, wir müssen auch in die transatlantische Bindung weiter investieren."

Angesichts der internationalen Krisen warnte Steinmeier vor einem neuen Wettrüsten, bis hin zu einem "neuen nuklearen Rüstungswettlauf". Auch mit Blick auf die EU zeichnete er ein Krisenszenario. In der Staatengemeinschaft seien "wirtschaftliche Divergenz statt Konvergenz" sowie "politische, zunehmend auch ideologische Gräben" zu beobachten. 

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Das Tagungshotel "Bayerischer Hof" wurde zu einem Hochsicherheitsbereich umgewandelt. | Bildquelle: dpa

Hochkarätige Besetzung der Sicherheitskonferenz

Zur 56. Auflage der Sicherheitskonferenz, die bis Sonntag geht, sagten sich etwa 35 Staats- und Regierungschefs sowie fast 100 Außen- und Verteidigungsminister an. Erstmals nimmt auch Macron teil.

Das Treffen findet im Luxushotel "Bayerischer Hof" statt, das in diesen Tagen samt umliegender Nachbarschaft in der Altstadt in einen Hochsicherheitsbereich verwandelt wurde. Etwa 3900 Polizisten sind dann im Einsatz, über der Stadt gilt in der Zeit auch ein Flugverbot.