Vaterkolumne „Daddy Cool“: Sneaker-Dealer und Mode-Diva: Wie ich den Klamotten-Wahnsinn meiner Kinder überlebe
by FOCUS OnlineDas Vollzeitvater-Dasein ist großartig und nie langweilig. Aber bei bestimmten Gelegenheiten raubt es mir den letzten Nerv. Etwa immer dann, wenn ich die Miniatur-Diva Mathilda morgens und unter Zeitdruck anziehen muss.
Ich bin ein Kerl. Das bedeutet: nur ein maximal unkompliziertes Outfit, ist ein gutes Outfit. Jeans, T-Shirt, Lederjacke, Sneakers – fertig ist die Laube. Kleidungsauswahl ist nun wirklich keine Raketen-Wissenschaft. Möchte man meinen – es sei denn, man hat eine zwar entzückende aber auch überaus selbstbewusste und sture Tochter. Und einen vermutlich schwer Sneaker-süchtigen Sohn.
Über den Autor
Gregor Haake gehört zu den (noch) seltenen Exemplaren von Männern, die auf Karriere verzichten, um als Vollzeitvater Kinder und Haushalt zu managen – in seinem Fall Sohn Ben und Tochter Mathilda. Ehefrau Ulrike Zeitlinger-Haake, Chefredakteurin Entwicklung & Innovation der BILD Gruppe, ist die Versorgerin der Familie. Haake hat Politikwissenschaft studiert und war als Journalist und Digital-Manager für FOCUS Magazin und Financial Times Deutschland, AP und ddp tätig. Heute ist er Chauffeur, Chefeinkäufer, Hausaufgaben-Betreuer, Geschichten-Vorleser, Tränentrockner – und der weltbeste „Bolognese ohne Stückchen“- Koch.
Berufsziel: Sneaker-Dealer
Der hat unlängst beschlossen, sein ursprüngliches Berufsziel „Broker an der Wallstreet“ hintenanzustellen, die angestrebte Youtuber-Karriere auf Eis zu legen und unter die Sneaker-Dealer zu gehen. Man muss sich das so vorstellen: Turnschuhe sind heute nicht mehr einfach nur Turnschuhe. Es sind rare Sondermodelle – in Zusammenarbeit („Collabos“) mit Rappern, Designern oder DJs entwickelt. Streng limitiert. Natürlich kann man die Dinger nicht einfach so online bestellen oder gar im Laden („Shop“) kaufen. Himmel, nein! Man muss zunächst an einer Auslosung („Raffle“) teilnehmen, bei der man – mit Glück – nicht etwa den Schuh gewinnt – sondern nur das Recht, ihn kaufen zu dürfen („coppen“). Wenn man Glück hat, ist das Modell so begehrt, dass es danach über diverse Portale weiterverkauft werden kann.
Manchmal kann man sich auch in den entsprechenden Stores in irgendwelche Listen eintragen lassen oder einfach zwei Tage anstellen. Wie für das neue iPhone, nur mit deutlich weniger Aussicht auf Erfolg. Dass diese Aktionen auch auf Schultage fallen und damit tabu sind, hält der Sohnemann übrigens für eine massive Verletzung seiner Menschenrechte.
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Zur Tigerleggings passt nur das rosa Shirt
Und dann wäre da noch Mathilda. Da wünschte ich mir, es wäre so einfach wie bei ihrem Bruder. Der sieht mit Cargo-Pants, Hoodie und Anglerhut zwar manchmal aus wie von einem anderen Stern – findet sich aber „fresh“ oder das Outfit „dripped“. Und er zieht sich selbst an!
Mathilda dagegen benimmt sich wie eine Prinzessin, die ihre Zofe (2 Meter, 120 Kilo, Vollbart) herumscheucht. Gerne an einem ohnehin stressigen Morgen, an dem Mama bereits aus dem Haus ist.
Titel: „Daddy Cool: Wie ich als Vollzeitpapa lernte den härtesten Job der Welt zu machen“
Autoren: Gregor Haake
Verlag: Bastei Lübbe
Preis: 10 Euro
Als Erstes erklärt mir Madame immer wieder, was meine Frau alles anders macht – und warum sie von ihr viel hübscher angezogen wird. Ein Klassiker: „Also, Mama bringt mir immer drei Kleider zur Auswahl!“ (Ulrike hat so einen Knall!) „Mama sagt aber, zur Tigerleggings passen nur das rosa Shirt und die Weste!“ Weste? Sie hat eine Weste?
Ich dreh hier noch mal durch. Mein Werben für den einfachen Weg („Schau mal: Wie Papa. Jeans und T-Shirt. Fertig!“) verhallt bei meiner Tochter ebenso wie derbe Drohungen. Oft konnte ich allerdings mit Bestechungen („Wenn du das schnell anziehst, kannst du vor der Schule noch kurz etwas auf dem iPad schauen“) einige schöne Teilerfolge erzielen.
„Papa, ist es warm genug für mit ohne Jacke?“
Ich bin jedenfalls froh, wenn ich überhaupt Klamotten finde, die halbwegs zusammenpassen und Gnade vor den Augen meiner bockigen Tochter finden. Dazu die Frage, ob offenes Haar oder Pferdeschwanz, Turnschuhe oder Ballerinas, den Blouson oder vielleicht doch die neue süße Strickjacke von der Oma – oder: „Papa, ist es warm genug für mit ohne Jacke?“
Warum ist das mit Jungs alles so viel einfacher? Weil es Jungs sind? Weil es Jungs sind. Bei Mädchen wird pausenlos geplappert, diskutiert, gehopst und gezappelt! Mathilda anzuziehen ist etwa so, als würde man versuchen, einen achtarmigen vor sich hinsprechenden Kraken in ein grobmaschiges Einkaufsnetz zu zwängen. Der Stress-Level dürfte ähnlich sein.
War schon immer so. Wird wohl auch immer so bleiben. Dass meine Frau dabei nichtregelmäßig ausrastet, kann echt nur an den Genen liegen. Die Mädels ticken halt beide manchmal nicht so ganz richtig. Aber immerhin sind sie dabei super angezogen.