PUK-Entscheid auf März verschoben

CIA und BND nutzten eine Schweizer Firma für grossangelegte Spionage. Jetzt hat das Büro des Nationalrats entschieden: Es könnte eine PUK geben.

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CIA und BND spionierten mit Geräten der Zuger Firma Crypto über Jahrzehnte hinweg andere Staaten aus. Die Firma verkaufte Chiffriergeräte zur Verschlüsselung geheimer Kommunikation. Diese hatten offenbar eine «Hintertüre», wie ein ehemaliger Crypto-Mitarbeiter sagte.

Nach Angaben der «Rundschau», die den Fall zusammen mit dem ZDF und der «Washington Post» publik machte, sind über 100 Länder betroffen.

Kommt jetzt die PUK?

Die Affäre warf international hohe Wellen. In der Schweiz kündigte SVP-Nationalrat Alfred Heer bereits an, dass die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) den Fall untersuchen wird. Um Licht ins Dunkel zu bringen, steht auch die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur Diskussion.

Eine solche forderte etwa die SP mit einer parlamentarischen Initiative. Am Freitagnachmittag informierte das Büro des Nationalrats über die Einsetzung einer möglichen PUK (siehe Video oben). Zuerst soll der Bundesrat angehört werden. Am 2. März will das Büro entscheiden, ob es den Weg für eine PUK freimacht. Definitiv gebildet wird eine solche, wenn National- und Ständerat einem entsprechenden einfachen Bundesbeschluss zustimmen.

Die Anhörungen sollen am 2. März stattfinden. An diesem Tag will das Ratsbüro auch entscheiden, ob es die Einsetzung einer PUK befürwortet oder nicht. Die Anhörung des Bundesrates sei gesetzlich vorgesehen, sagte Moret. Ob der Bundesrat von seinem Recht Gebrauch mache, sei offen. Welches Bundesratsmitglied zur Anhörung antreten würde, könnte der Bundesrat entscheiden.

Nordmann zufrieden

SP-Fraktionschef Roger Nordmann (VD) zeigte sich vor den Medien zufrieden mit dem Entscheid. Er werte diesen positiv, sagte er. Wenn das Ratsbüro keine PUK wollte, hätte es das schon jetzt entscheiden können.

Nordmann bekräftigte, dass aus Sicht seiner Partei eine PUK unabdingbar ist. Es handle sich um Vorkommnisse von grosser Tragweite.

Parlament entscheidet

Stimmt das Büro des Nationalrats am 2. März der parlamentarischen Initiative zu, entscheidet als nächstes das Büro des Ständerates. Spricht auch dieses sich für eine PUK aus, kann das Nationalratsbüro einen Bundesbeschluss ausarbeiten. Darin werden der Auftrag und die finanziellen Mittel festgelegt.

Eine PUK wird nur eingesetzt, wenn National- und Ständerat dem Bundesbeschluss zustimmen. Beschliesst das Parlament die Einsetzung einer PUK, wird die Inspektion der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Parlaments eingestellt.

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Die Zuger Firma Crypto AG verkaufte über Jahre hinweg von der CIA und vom BND manipulierte Verschlüsselungsgeräte.
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Bruno von Ah hat im Jahr 1967 als Entwicklungsingenieur bei der Firma angefangen. Er sagt zu 20 Minuten, dass die normalen Angestellten nichts von den eingebauten Hintertüren gewusst hätten.
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«Die Algorithmen, die wir einbauen mussten , waren dermassen komplex, dass sogar wir nur sehr schwer herausfinden konnten, dass eine Hintertür eingebaut wurde.»
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Jetzt verdichten sich die Hinweise, die neutrale Schweiz die Spionage über die Zuger Firma tolerierte: Der deutsche Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer, laut dem die Operation die «Welt sicherer gemacht hat», sagt in der SRF-«Rundschau»: «Ich nehme an, dass die Schweizer Dienste nicht uninformiert waren.»
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Die Sendung zitiert auch aus einem CIA-Dossier: «Die ausländische Kontrolle der Crypto AG war ein Geheimnis, über das Schlüsselpersonen in der Regierung nicht sprechen wollten. Sie wussten aber eindeutig darüber Bescheid.»
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So soll der frühere FDP-Bundesrat Kaspar Villiger über die Vorgänge in der Crypto AG informiert gewesen sein. «Villiger wusste, wem das Unternehmen gehörte, und fühlte sich moralisch verpflichtet, dies offenzulegen.» Jedoch habe Villiger nichts unternommen.
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Der Alt-Bundesrat bestreitet diese Darstellung in der «Rundschau» vehement: Handlangerdienste für Drittstaaten hätte er niemals gedeckt. Auch im «Tages-Anzeiger» dementiert er die Vorwürfe: «Ich war in diese nachrichtendienstliche Operation nicht eingeweiht.»
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Beim Nachrichtendienst des Bundes laufen gemäss der Rundschau derzeit interne Abklärungen.
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Der Bundesrat hat eine Untersuchung der Vorfälle angeordnet, um die Faktenlage zu klären. Bis Ende Juni 2020 sollten die Ergebnisse vorliegen.