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VW steckt immer noch mitten im DieselskandalFoto: Michele Tantussi / Reuters
Wegen Zoff um Anwaltshonorar

VW lässt Vergleich für Diesel-Kunden platzen

Entschädigung soll trotzdem gezahlt werden

VW hatte seinen Diesel-Kunden einen Vergleich in Höhe von 830 Millionen Euro angeboten. Die Verhandlungen über Entschädigungen für die Betroffenen aber sind jetzt geplatzt!

Im Mammutverfahren zum Abgasskandal geht es um Schadenersatzforderungen von rund 460 000 Kunden des VW-Konzerns. Sie wurden mit der Manipulation von Diesel-Abgaswerten betrogen. 2015 hatte VW das eingeräumt.

In dem Musterfeststellungsverfahren hatten sich der Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv) zwar bereits auf die Entschädigungssumme von insgesamt 830 Millionen Euro geeinigt. Jetzt aber hat VW den Deal platzen lassen! Wie VW am Freitag mitteilte, sollen hohe Honorarforderungen der vzbv-Anwälte Grund für das Scheitern sein.

Die vzbv-Anwälte hätten „bis zum Schluss“ auf eine Pauschalzahlung von 50 Millionen Euro für die Abwicklung des Vergleichs bestanden, erklärte Volkswagen. „Ausreichend konkrete Nachweise“, für welche Leistungen die 50 Millionen Euro gezahlt werden sollten, hätten die Rechtsberater des vzbv „nie geliefert“, erklärte Volkswagen. Auch einer unabhängigen rechtlichen Prüfung ihrer Gebührenforderung hätten sie sich verweigert.

„Wir bedauern, dass die gemeinsame Umsetzung der mit dem vzbv getroffenen Einigung an unangemessenen Forderungen der Prozessanwälte des vzbv scheiterte“, erklärte Volkswagen. Die detaillierte Begründung: Es hätten keine „ausreichend konkreten Nachweise“ vorgelegen, welche Leistungen der Anwälte mit der geforderten Summe abgerechnet werden sollten. „Eine Zahlung ohne einen ausreichend konkreten Leistungsnachweis oder ohne rechtlichen Grund ist für Volkswagen jedoch unmöglich.“

Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe darüber berichtet. Der vzbv bestätigte, dass der Vergleich nicht zustande kommt.

vzbv bestreitet VW-Darstellung

Jedoch bestreitet der vzbv, dass es sich bei den 50 Millionen Euro Honorarkosten um „Pauschalkosten“ gehandelt habe. Die Summe ergebe sich aus der reinen Masse der Kläger: für jeden der 430 000 Kunden wären 175 Euro angefallen. Ein Verbandssprecher zu BILD: „Eine Abwicklung durch unsere Anwälte war für den vzbv zudem nicht zwingend, noch vor zwei Tagen haben wir einen schriftlichen Alternativvorschlag unterbreitet.“

Die Gespräche seien geplatzt, weil VW kein transparentes, vertrauenswürdiges und für die Verbraucher sicheres System der Abwicklung ermöglichen wollte, sagte vzbv-Chef Klaus Müller am Freitag in Berlin. Am Freitagvormittag habe VW dem Verband noch ein Vergleichsangebot geschickt, nur wenige Minuten später habe man aus den Medien vom Abbruch der Verhandlungen erfahren.

Die Gespräche seien nicht an den Honorarforderungen der vzbv-Anwälte gescheitert.

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VW plant eigenes Entschädigungsangebot

Der VW-Vorstand hat heute in einer außerordentlichen Sitzung beschlossen, den betroffenen Kunden einen außergerichtlichen Vergleich anzubieten. Das teilt der Konzern im Anschluss an das Treffen mit. Demnach will VW dafür insgesamt 830 Millionen Euro zur Verfügung stellen – also jenen Betrag, der auch mit den Verbraucherzentralen vereinbart war. Das wären im Schnitt 2000 Euro pro Kläger. „Business Insider“ hatte zuerst darüber berichtet.

Demnach arbeitet VW bereits an einer Möglichkeit, wie die berechtigten Dieselfahrer ab April das Angebot einer Einmalzahlung wahrnehmen können. Wer das Geld annimmt, soll allerdings darauf verzichten, nochmals gegen VW auf Schadensersatz zu klagen.

Von den Verbraucherschützern des vzbv hieß es dazu: „Ob die nun offenbar angebotenen Zahlungen im Einzelfall angemessen sind, kann der vzbv pauschal nicht bewerten. Mit dem angekündigten Vorgehen entzieht sich VW jeglicher Kontrolle der Abwicklung durch den vzbv.“

Während VW in den USA bereits Milliarden für die Entschädigung von Kunden ausgegeben hat, war der Autobauer dazu in Deutschland bisher nicht bereit.

Seit Ende September gab es deshalb vor dem Oberlandesgericht Braunschweig ein Musterverfahren. Es geht um mindestens 400 000 Käufer von manipulierten Diesel-Fahrzeugen der Marken VW, Audi, Seat und Skoda, die sich in das Klageregister eingetragen hatte. In der sogenannten Musterfeststellungsklage ist die Verbraucherzentrale stellvertretend für die Autokäufer vor Gericht gezogen.

Im September 2015 hatte Volkswagen nach Prüfungen von Behörden und Recherchen von Forschern in den USA Manipulationen an den Abgaswerten von Dieselautos zugegeben. Die Software bestimmter Motoren war so eingestellt, dass im tatsächlichen Betrieb auf der Straße deutlich mehr giftige Stickoxide (NOx) ausgestoßen wurden als in Tests.