Wegen Polanski-Nominierung: Führung der César-Akademie tritt geschlossen zurück - DER SPIEGEL - Kultur

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Der wichtigste französische Filmpreis: der César
CHARLY TRIBALLEAU/ AFP

Die jährliche Verleihung der Césars ist ein nationales Ereignis in Frankreich, in etwa zwei Wochen ist es wieder so weit. Doch im Vorfeld der Preisvergabe gibt es Streit - nicht zuletzt wegen Filmregisseur Roman Polanski. Sein Film "J'accuse" - deutscher Titel: "Intrige" - wurde zwölf Mal für den César nominiert. Weil allerdings zuvor neue Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn öffentlich geworden waren, sorgte das für einen Aufschrei. Nun hat die Führung der Akademie geschlossen ihren Rücktritt erklärt.

"Um diejenigen zu ehren, die 2019 Filme gemacht haben, ... um die Gelassenheit zurückzugewinnen, und damit das Fest des Films ein Fest bleibt", heißt es in einer kurzen Mitteilung der Direktion, der 21 Filmpersönlichkeiten angehören - darunter auch der aktuelle César-Direktor Alain Terzian. Allerdings schlägt ihnen schon seit längerer Zeit heftiger Gegenwind entgegen.

Offener Brief für eine Reform der Führungsstrukturen

Es sei an der Zeit für eine "tiefgreifende Reform der Führungsstrukturen", forderten etliche Filmschaffende Anfang der Woche in einem offenen Brief in der Zeitung "Le Monde". Unter den prominenten Unterzeichnern zum Beispiel: Schauspielerin Ludivine Sagnier ("8 Frauen"), die Schauspieler Omar Sy ("Ziemlich beste Freunde") und Mathieu Amalric ("James Bond - Ein Quantum Trost"), die Regisseure Jacques Audiard ("Der Geschmack von Rost und Knochen"), Laurent Cantet ("Die Klasse") und Arnaud Desplechin ("Ein Weihnachtsmärchen"), die Regisseurinnen Céline Sciamma ("Porträt einer jungen Frau in Flammen") und Regisseurin Claire Denis ("Der Fremdenlegionär"). Sie prangerten verkrustete Strukturen, fehlende Parität und einen Mangel an Mitspracherecht der Akademie mit ihren insgesamt 4700 Mitgliedern an.

Den Fall Polanski erwähnten sie in ihrem Wutbrief zwar nicht - mussten sie aber auch nicht. Denn die Debatte ist bekannt: Die Fotografin und Schauspielerin Valentine Monnier hatte Polanski beschuldigt, sie 1975 vergewaltigt zu haben. Polanskis Anwalt wies das zurück. Mitte November war es bei einer Premiere des Polanski-Films in Paris zu Protesten gekommen. Vor zahlreichen Kinos wurde demonstriert, einige Vorführungen des Historiendramas über die Dreyfus-Affäre wurden abgesagt. Nicht erst seit "J'accuse" mit zwölf Nominierungen als Favorit bei den Césars ins Rennen gegangen ist steht also die Frage im Raum: Lassen sich Werk und Autor trennen?

Für Frankreichs Gleichstellungsministerin Marlène Schiappa waren die Normierungen von Polanskis Film schockierend. "Für mich ist es unmöglich, dass ein Theater aufsteht und dem Film eines Mannes applaudiert, der wiederholt der Vergewaltigung beschuldigt wird", sagte sie damals. Sie frage sich, welche Botschaft man Opfern sexueller Gewalt damit sende. Zahlreiche Frauenrechtsorganisationen pflichteten ihr bei. César-Präsident Terzian betonte hingegen: "Wir sind keine moralische Instanz." Auch Kulturminister Franck Riester schaltete sich in die Debatte ein: Er erklärte, dass die César-Akademie in ihren Entscheidungen frei sei.

Neue #MeToo-Debatte in Frankreich

Das musste Riester in den vergangenen Wochen öfter betonen - denn in Frankreich hat die #MeToo-Debatte unlängst erst an Fahrt gewonnen. Neben Polanski sorgen noch zwei weitere Fälle für Aufsehen: Das sind zum einen die Anschuldigungen der César-Preisträgerin Adèle Haenel gegen einen Regisseur, der sie als Teenagerin sexuell belästigt haben soll. Zum anderen erhob die Verlegerin und Autorin Vanessa Springora in einem Buch schwere Vorwürfe gegen den Schriftsteller Gabriel Matzneff. Gegen ihn wird nun wegen Pädophilie ermittelt.

Was heißt das für den César? Die Entscheidung des Direktoriums, zurücktreten zu wollen, zeige, dass "unsere Gesellschaft in der Lage ist, Institutionen zu Reformen zu zwingen, wenn sie nicht auf die Wünsche der Gesellschaft reagieren", sagte Marc du Pontavice, französischer Filmproduzent und Unterzeichner des offenen Briefs in "Le Monde". Bleiben will die César-Führung allerdings bis nach der Preisverleihung am 28. Februar. Dann soll eine Hauptversammlung abgehalten werden, auf der ein neuer Vorstand gewählt wird.

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evh/dpa