Volleyballerin Krystal Rivers: Die Angreiferin
by Sebastian WinterStuttgart umweht gerade ein Geheimnis, jedenfalls die Untertürkheimer Kurve des Fußballstadions. Dort ist ja unter der Tribüne ein kleines Schmuckkästchen hineingebaut worden - die rund 2000 Zuschauer fassende Arena der ansässigen Volleyballerinnen. Diese wiederum gehören inzwischen, im Gegensatz zum VfB, zur Bundesliga-Elite. Im vergangenen Jahr wurden sie nach einer zermürbenden Finalserie - und zuvor vier zweiten Plätzen in Serie - erstmals deutscher Meister.
Krystal Rivers, deren Athletik und Sprungkraft wohl keine andere Spielerin in der Volleyball-Bundesliga erreicht, war damals die entscheidende Figur. Das wäre sie sicher auch an diesem Sonntag, wenn Stuttgart sich im DVV-Pokalfinale mit dem Dresdner SC misst. Doch die 25-Jährige ist verletzt. Seit dem Heimspiel gegen Münster zwickt der Rücken, spielen konnte sie erst am vergangenen Mittwoch wieder beim 3:0-Heimsieg gegen Straubing. Es war ein Testlauf über zwei Sätze, danach wurde sie wie geplant ausgewechselt. Was genau sie hat, darüber schweigen Spielerin und Klub. "Ich möchte nicht über meine Verletzung sprechen", sagt Rivers am Telefon. Stuttgarts Sportdirektorin Kim Renkema spricht von einer komplexen Geschichte, "eine genaue Diagnose gibt es nicht".
Die vage Kommunikation gehört natürlich zum Taktikrepertoire eines Profiklubs vor großen Spielen wie jenem gegen Dresden. Zumal das Stuttgarter Spiel auf Rivers, die Kapitänin, zugeschnitten ist. "Im Notfall gibt es Krystal", sagt Renkema, "sie ist eine unglaublich wichtige Spielerin, unsere große Punktesammlerin, die stärkste Angreiferin der Liga." Im Klub wissen sie zugleich, wie sensibel das Thema Verletzungen und Krankheiten bei Rivers ist.
Im Frühjahr 2019 erzählte die Frau aus Birmingham im US-Bundesstaat Alabama der Stuttgarter Zeitung, dass sie mit dem Tethered-Spinal-Cord-Syndrom zur Welt gekommen ist: Mit steifer, verkürzter Wirbelsäule, offener Bauchdecke, deformierten Knochen. Manche Organe funktionierten nicht richtig. Als Baby war sie mehrmals operiert worden, mit einem Jahr mussten ihr beide Hüftgelenke gebrochen werden. Mit 15 hatte Rivers 20 Operationen hinter sich, doch ihr Traum, irgendwann Sport zu machen, erfüllte sich. Auch weil sie sich viele Muskeln antrainiert hatte, die ihren fragilen Körper stützten.
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