Steinmeier warnt in München vor Zerwürfnissen in der Weltpolitik

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Zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz warnt der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor einer "zunehmend destruktiven Dynamik der Weltpolitik".
Keystone/DPA zb/ROBERT MICHAEL

«Vom Ziel internationaler Zusammenarbeit zur Schaffung einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr weiter», sagte Steinmeier laut Redemanuskript am Freitag bei der Eröffnung der Tagung. Scharfe Worte richtete er insbesondere an China, Russland und die USA.

Russland habe «ohne Rücksicht auf das Völkerrecht die Krim annektiert», sagte Steinmeier. Es habe «militärische Gewalt und die gewaltsame Verschiebung von Grenzen auf dem europäischen Kontinent wieder zum Mittel der Politik gemacht». Unsicherheit und Unberechenbarkeit und Verlust von Vertrauen seien die Folge.

China sei im Zuge seines Aufstiegs auch in den internationalen Institutionen ein wichtiger Akteur geworden. Zugleich beachte die Führung in Peking das Völkerrecht aber «nur selektiv, wo es den eigenen Interessen nicht zuwiderläuft». Steinmeier verwies dabei auf Chinas Vorgehen im Südchinesischen Meer und gegen Minderheiten. «Sein Vorgehen gegen Minderheiten im eigenen Land verstört uns alle», sagte er.

Mit deutlichen Worten kritisierte der Bundespräsident auch die Regierung von US-Präsident Donald Trump. Diese erteile «selbst der Idee einer internationalen Gemeinschaft eine Absage». Eine solche Politik gehe «auch auf Kosten der Nachbarn und Partner».

Warnung vor Wettrüsten

Steinmeier warnte vor diesem Hintergrund vor einem neuen Wettrüsten. «Wir fallen zurück in das klassische Sicherheitsdilemma. Mehr Misstrauen, mehr Rüstung, weniger Sicherheit sind die zwangsläufigen Folgen. Bis hin zu einem neuen nuklearen Rüstungswettlauf, der nicht nur mehr Waffen, sondern vor allem mehr nuklear bewaffnete Mächte hervorbringen wird, mit allen Risiken für die ohnehin immer prekäre nukleare Stabilität.»

Der Rückzug auf nationale Interessen schwäche die internationale Gemeinschaft auch bei der Suche nach Lösungen für globale Probleme wie den Klimawandel. Es müsse die Weltgemeinschaft daher «tief beunruhigen», dass internationale Institutionen «blockiert» und «geschwächt» würden.

Auch mit Blick auf die EU zeichnete Steinmeier ein Krisenszenario. In der EU seien «wirtschaftliche Divergenz statt Konvergenz» sowie «politische, zunehmend auch ideologische Gräben» zu beobachten. Dabei liege in der europäischen Partnerschaft «unser stärkstes, unser elementarstes nationales Interesse».

Schweiz durch Amherd vertreten

Steinmeier eröffnete die 56. Münchner Sicherheitskonferenz, die als wichtigstes Forum für internationale Sicherheitspolitik gilt. Etwa 40 Staats- und Regierungschefs nehmen an dem dreitägigen Treffen in der bayerischen Hauptstadt teil und debattieren über Wege zur Befriedung der grossen militärischen Konflikte und Krisenherde.

Für die Schweiz nimmt Verteidigungsministerin Viola Amherd an der Konferenz teil. Sie will sich gemäss einer Mitteilung ihres Departements vom Freitag unter anderem mit ihren Amtskolleginnen und Amtskollegen aus Österreich, Italien, Finnland, Estland und der Ukraine austauschen: Bei diesen Gesprächen stehe die bilaterale Zusammenarbeit im Vordergrund, wobei die Ministerinnen und Minister auch über die aktuelle Sicherheitslage diskutieren werden.

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