Alter Skandal flammt neu auf

Österreichs letzter Kaiser dankt ab

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Servus und herzlich willkommen zur neuen Ausgabe von "Jetzt ist schon wieder was passiert", dem Österreich-Newsletter bei ntv.de!

Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht. So sprach Angela Merkel 2013, als die NSA es auf ihr Handy abgesehen hatte.

Aber früher ging das: In der spektakulären Geheimdienst-Operation "Rubikon" wollten CIA und BND auch Österreich anzapfen. Offenbar durchschauten die Österreicher den Trick aber und entsorgten die manipulierten Chiffrier-Geräte. Nehmt das, Piefke-Schlapphüte!

Die Episode aus dem Kalten Krieg erregte in dieser Woche den Boulevard, in diesem Newsletter richten wir den Blick lieber auf das aktuelle Geschehen: Der größte Korruptionsskandal der Nachkriegsgeschichte um die Eurofighter flackert neu auf - und der letzte Kaiser dankt ab.

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k. u. k.: kaiserlich und königlich (Synonym für Österreich und Ungarn)

Wer überzeugte Monarchisten sucht in Österreich, muss in die sehenswerte Grabkammer der Habsburger nahe dem Wiener Stephansdom hinabsteigen. Dort legen die letzten treuen Anhänger der Rudolfskrone Kränze ab für Sissi und Co. - aber mehr als ein Schwelgen in der Vergangenheit ist das nicht. Zurück in die Habsburger-Monarchie will so gut wie niemand ernsthaft in Österreich, warum auch?

Die Überreste dienen nun der Republik als Aushängeschilder - die Museen, die Schlösser, die Theater. Wer durch den 1. Bezirk in Wien wandert, wähnt sich in einem Freiluftmuseum für das Fin de Siècle: Fiaker (Kutschen) fahren die Touristen zu Sissis Schlafgemächern in der Hofburg, in den Kaffeehäusern trinken Einheimische ihre Melange.

Der Schauspieler Robert Palfrader bastelte 2006 eine TV-Show aus dem ewigen Habsburger-Kult: In "Wir sind Kaiser" gewährte er als Robert Heinrich I. in 87 Sendungen prominenten Gästen eine Audienz, stilecht mit Epauletten und "Pluralis Majestatis". Seit 2011 in der ORF-Primetime ausgestrahlt, brachte es das launige Talk-Format zum Quotengaranten. Und fabrizierte einige legendäre Momente: Als der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache 2010 vom Obersthofmeister Seyffenstein vorgelassen wird, empfängt der Kaiser ihn mit einem angewiderten "A geh ...". Und sagt: "Wir müssten lügen, wenn wir sagen, wir freuen uns." Danach zerfetzt er Straches Mitbringsel, ein Plakat, mit einem Messer, übergibt es dem Mistkübel und klärt Strache auf: "Das Wiener Schnitzel ist aus Mailand, das Gulasch aus Ungarn, der Kaffee und die Kipferl aus der Türkei, was ist schlecht daran?" Zum Ende dann wie bei jedem Gast der Standard-Abschiedsgruß, den Strache sich besser zu Herzen genommen hätte: "Er muss auch mal a bisserl brav sein."

Am heutigen Freitag strahlt das ORF die letzte reguläre Audienz von "Wir sind Kaiser" aus, die Option auf Spezialfolgen lässt man sich noch offen. Mit dabei neben Nora Tschirner, Heino Ferch und Felix Neureuther auch wieder der Running Gag der Sendung: Richard "Mörtel" Lugner, der immer wieder um eine Audienz bettelte, von Seyffenstein aber stets abgewimmelt wurde.

Der Baumeister hat eh Besseres zu tun: Noch immer ist unklar, wer sein traditioneller Ehrengast für den Wiener Opernball wird. Lindsey Vonn hatte er ja vergrault und auch der Ersatz ließ Lugner erst einmal sitzen. Ein Opernball ohne Begleitung für Lugner? Das wäre wie ein Kaiser ohne Krone.

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"Airbus wird mich noch kennenlernen" - Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP)

Es ist die größte Korruptionsaffäre der Republik: 2002 bestellte die ÖVP-FPÖ-Regierung 18 Kampfflugzeuge, Typ "Eurofighter". Rund um den 1,7-Milliarden-Euro-Deal spannte sich ein Netzwerk aus Beratern und Lobbyisten, das trotz dreier U-Ausschüsse nie vollständig aufgeklärt wurde.

Nun hat Hersteller Airbus in den USA zugegeben, 55 Millionen Euro an 14 Personen und Organisationen in Österreich gezahlt zu haben - "politische Zuwendungen, Honorare oder Provisionen". Österreichs Verteidigungsministerin droht nun gar mit einer Rückabwicklung des Kaufvertrags. Zufrieden teilte Klaudia Tanner vor versammelter Presse mit, Airbus habe sie schon um einen Termin ersucht.

Nur: Wer kassierte das ganze Geld? Erst 2 von 14 Empfängern sind bekannt. In München wurde ein Verfahren gegen Airbus (ehemals EADS) wegen der Vorgänge mittlerweile eingestellt, der Konzern zahlte 81 Millionen Euro Bußgeld. In Wien wird noch immer wegen Betrugs, Geldwäsche, Bestechung und Untreue ermittelt - aber schon seit fast zehn Jahren ohne Prozess. Nur ein Staatsanwalt sitzt an dem Riesenfall.

Schon seit Jahren wuchern Gerüchte, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bewusst schlecht ausgestattet wurde, damit nichts herauskommt - schließlich könnten die Ermittlungen bis in damalige Regierungskreise führen. Nun ist Sebastian Kurz gefragt: Der Kanzler hatte vergangene Woche in ungewöhnlicher Schärfe die WKStA angegriffen, unter anderem, weil Verfahren zu lange dauerten. Meint er es ernst, müsste bald mehr Geld für Stellen in der Justiz fließen - damit es endlich zu einem Prozess in der Causa Eurofighter kommen kann.

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++ Österreich wächst: Laut Statistik Austria ist die Zahl der Einwohner im Jahr 2019 auf 8.902.600 gestiegen, das sind 43.825 mehr als im Vorjahr. ++ Die neue Osram-Mutter AMS hat 2019 einen Gewinn von 300 Millionen Euro erzielt, dreimal mehr als im Vorjahr. Der Umsatz des steirischen Konzerns stieg auf 1,9 Milliarden Euro. Derweil prüft AMS den Verkauf von nicht profitablen Osram-Sparten. ++ Weil es auf Gott vertraute, brachte ein deutsches Ehepaar mit Wohnsitz in Niederösterreich seine 13-jährige Tochter nicht ins Krankenhaus. Das Mädchen starb im September 2017 an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Das Urteil: Je fünf Jahre Haft wegen grober Vernachlässigung. ++ Benko goes bigger: Die Signa Retail des österreichischen Investors René Benko darf SportScheck übernehmen. Das deutsche Bundeskartellamt erklärte die Fusion des Ex-Otto-Group-Unternehmens mit der Karstadt-Kaufhof-Mutter für unbedenklich. ++ Ein Schlagerstar für Entenhausen: In der Wiener-Mundart-Ausgabe des "Lustigen Taschenbuchs" taucht der gebürtige Wiener Andy Borg als "Andy Dorg" beim Opernball auf - und wagt ein Tänzchen mit Daisy. ++

Ich wünsche ein leiwandes Wochenende - mit einem tierischen Tipp für all jene, die in den nächsten Tagen in Wien vorbeischauen: Im Zoo Schönbrunn tapert seit heute das jüngste Eisbärenbaby im Freigehege herum, im November wurde es geboren, mittlerweile hat es 14 Kilo drauf, aber noch immer keinen Namen - der Zoo weiß nämlich noch nicht, ob's a Maderl is' oder a Bua.

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Servus und Baba, bis nächsten Freitag

Ihr Christian Bartlau