Umwelt- und Unfallschutz
Kommt bald Tempo 30 in allen Städten?
by Sabine FranzAuf der Stockholmer WHO-Konferenz zur Straßensicherheit kommen im Februar Vertreter von Verkehrsministerien aus 80 Ländern zusammen. Auf der Agenda: Tempo 30 in allen Städten weltweit. Auch hierzulande wollen Kommunen offenbar eine großflächige Geschwindigkeitsbeschränkung testen, 50 km/h auf Hauptverkehrsadern müssten dann extra angeordnet werden. Ziel: weniger Schadstoffbelastung, Lärm sowie Unfälle und Verletzte.
Die Stadt Köln reagierte jüngst auf die Beantragung einer strittigen Tempo-30-Zone plötzlich positiv: „Die Verwaltung hat Kenntnis davon erhalten, dass im Bundesverkehrsministerium derzeit eine Novelle der Straßenverkehrsordnung erarbeitet wird.“
Gegenstand sei auch die massive Ausweitung von Tempo 30 in Städten. Das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage von AUTO BILD: „Wir werden prüfen, ob die Aufnahme weiterer Fallgruppen in den Katalog des § 45 Absatz 9 Satz 4 StVO mit der damit verbundenen erleichterten Möglichkeit der Anordnung von Tempo-30-Geschwindigkeitsbeschränkungen möglich ist.“
Die Kommunen sollen mehr Spielraum bekommen, die Regeln so zu gestalten, wie sie den Bedürfnissen entsprechen.
Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister
Zudem soll das frisch gegründete „Bündnis für moderne Mobilität“ als Schnittstelle zwischen Kommunen, Ländern und Bund Temporeduzierung vorantreiben. Ein Blick nach Nordrhein-Westfalen zeigt, dass jetzt schon immer mehr Städte das Tempo auf Hauptstraßen herunterfahren.
Dortmund etwa erhofft sich 20 Prozent weniger Verkehr, Bonn will so Fahrverbote umgehen, Moers setzt vor allem auf Tempo 30 zwischen 22 und 6 Uhr. Und Kölns Verkehrsdezernentin Andrea Blome will prüfen lassen, ob der ganze linksrheinische Stadtkern Tempo-30-Zone werden kann. Umgesetzt wurde das schon für die verkehrsreichen Ringe sowie die rund acht Kilometer lange Bergisch Gladbacher Straße, eine rechtsrheinische Hauptverkehrsader.
Kritiker, darunter der ADAC, warnen vor längeren Fahrzeiten, Verkehrsverlagerung auf Schleichwege und Fahren in niedrigen Gängen und mit hoher Drehzahl, was lauter sei. Das Umweltbundesamt kommt hingegen zu überwiegend positiven Ergebnissen: ADAC-Testfahrten hätten eine längere Fahrtzeit von nur zwei Minuten ergeben. Lärmmessungen bewiesen zudem, dass der Geräuschpegel um zwei bis drei Dezibel sank. Und eine Schweizer Studie kam zu dem Schluss, dass Reifen und Motortyp einen weit größeren Einfluss auf Lärm haben als die Drehzahl.
Hierzulande ist Berlin Tempo-30-Vorreiter. Studien belegen: Die Unfallzahlen sanken um rund zehn Prozent, dank konstanterem Fahren mit geringerem Schadstoffausstoß gingen die NO2-Werte um bis zu 29 Prozent zurück.