Kommentar

Zuckerbergs Steuer-Vorstoß ist ein Ablenkungsmanöver

Zur Münchner Sicherheitskonferenz kündigt der Facebook-Chef an, freiwillig mehr Steuern zahlen zu wollen. Das ist lobenswert, aber längst überfällig.

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Mark Zuckerberg

Der Facebook-Chef überrascht mit der Ankündigung, mehr Steuern zahlen zu wollen.(Foto: Reuters)

München. Dass jemand freiwillig bereit ist, mehr Steuer zu zahlen, kommt nicht so häufig vor. Mit dieser Überraschung reist Facebook-Chef Mark Zuckerberg zur Sicherheitskonferenz nach München.

Jahrelang haben Facebook und andere große US-Technologiekonzerne es ausgenutzt, dass es in einer global immer stärker vernetzten Welt keine internationale Übereinkunft gibt, wo die Tech-Giganten wie viel Steuern zahlen müssen.

So konnten Facebook, Google & Co. ihren virtuellen Firmensitz und ihre Milliardengewinne in Steueroasen wie Irland oder Luxemburg verlegen, obwohl sie ihr Geschäft rund um den Globus machen.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung drängt schon seit Langem auf internationale Regeln für Digitalsteuern.

Zusätzlichen Druck machen einzelne Länder wie Frankreich, Großbritannien und Österreich mit Vorschlägen für nationale Alleingänge. Die US-Regierung hat im präventiven Gegenzug mit Strafzöllen gedroht, sollten die Europäer die Steuerschraube für amerikanische Konzerne anziehen.

Zugleich läuft aber auch in den USA ein Verfahren, weil Facebook dort angeblich einer Steuerschuld in Milliardenhöhe ausgewichen ist.

Es gibt also ein gemeinsames Interesse, diesen Missstand zügig zu beseitigen. Je mehr sich die wirtschaftlichen Aktivitäten in die oft virtuelle digitale Welt verlagern, desto stärker ist der Staat darauf angewiesen, seine Einnahmen auch dort zu sichern.

Vom Staat bezahlte öffentliche Leistungen kommen auch den Tech-Unternehmen zugute. Tatsächlich sind viele technologische Errungenschaften wie zum Beispiel das Internet staatlicher Grundlagenforschung zu verdanken.

Zuckerbergs Vorstoß verdient also Lob, auch wenn er überfällig war.

Zugleich dürfte er mit dieser Überraschung versuchen, von den vielen anderen Fronten abzulenken, an denen Facebook unter Druck steht: der ungenügende Schutz der Privatsphäre, die Nutzung der Internetplattform für politische Wahlmanipulationen oder die vielen Hassbotschaften, die sich immer noch in vielen sozialen Medien wie Facebook finden.

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