Produktivität wächst kaum: Deutschlands Wirtschaft lahmt: Eine wichtige Kennzahl gefährdet unsere Rente
by FOCUS OnlineDeutschland erlebt aktuell einen demographischen Wandel: Immer weniger junge Beschäftigte müssen für immer mehr Rentner die Beiträge aufbringen. Das funktioniert, solange die Produktivität stark zulegt. Doch das ist nicht mehr der Fall – mit möglichen Auswirkungen auf die Rente.
Deutschlands Wirtschaft tritt auf der Stelle. 2019 lag das Wachstum laut dem Statistischen Bundesamt bei lediglich 0,6 Prozent.
Langfristig noch negativer ist, dass die Produktivität kaum mehr zulegt, wie die „Welt“ berichtet. Die Kennzahl der Produktivität drückt aus, wie viele Waren und Dienstleistungen (output) bei einem bestimmten Einsatz von Arbeit und Kapital (input) erzeugt werden. Wenn sich bei gleichem Input der Output erhöht, liegt die Produktivität höher.
Geringes Produktivitätswachstum bedroht Sozialstaat
Vereinfacht gesagt: Bei steigender Produktivität kann der Staat mehr Geld verteilen. Das ist wichtig für das Funktionieren des Sozialstaats – besonders dann, wenn die Zahl der Beschäftigten tendenziell sinkt. Aber in Deutschland steigt die Produktivität kaum mehr.
Im November 2019 kam der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“) in einem Gutachten zu dem Ergebnis: „In vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften hat sich das Produktivitätswachstum verlangsamt. Deutschland ist dabei keine Ausnahme. Aktuell stagniert die gesamtwirtschaftliche Produktivität hierzulande sogar.“
Eine weitere zentrale Aussage der Wirtschaftsweisen lautete: „Die Produktivität ist langfristig der entscheidende Faktor für materiellen Wohlstand.“
Daraus lässt sich ableiten: Stagniert die Produktivität bei steigenden Zahlen an Ruheständlern, gibt es weniger Geld zum Verteilen. Das gefährdet die Stabilität der deutschen Rentenversicherung.
Steuerzahler halten deutsches Rentensystem am Leben
Bereits jetzt sind die steuerfinanzierten Zuschüsse hoch, um das System zu stützen. Im Jahr 2018 nahm die deutsche Rentenversicherung insgesamt 312,28 Milliarden Euro ein. Davon stammten 236,4 Milliarden von Beiträgen der Versicherten ein. Knapp 75 Milliarden Euro mussten die Steuerzahler zuschustern. Das bedeutet: Zu einen Euro Beitragseinnahme kamen fast 32 Cent Steuerzuschuss. Damit finanziert der Steuerzahler das deutsche Rentensystem schon derzeit zu einem Viertel.
Auch deshalb scheidet die vermeintlich einfache „Lösung“ aus, die gesetzliche Rente mit immer mehr Steuermilliarden zu stützen. Außerdem verbietet die Schuldenbremse dem Staat, seine Aufgaben mit hohen Krediten zu finanzieren.
Rente unter Druck
Über die Gründe der schwachen Produktivitätsentwicklung rätseln die Ökonomen noch. Eine mögliche Erklärung: Die seit Jahren von der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgegebene Niedrigzins-Politik könnte ein wichtiger Faktor sein. Dank extrem günstiger Finanzierung bleiben auch Firmen am Markt, die eigentlich zu schwach für den Wettbewerb wären.
Was auch immer das Produktivitätswachstum dämpft – die negative Entwicklung schlägt direkt auf den deutschen Sozialstaat und das Rentensystem durch.
Setzt sich der Trend fort, dann sind Rentensteigerungen von gut drei Prozent wie in den Jahren 2019 und geplant für 2020 Vergangenheit. Es sei denn, die Politik reagiert und optimiert die öffentliche Rentenversicherung.
Mit privater Vorsorge die Rente steigern
Aber die Bürger sind nicht dazu verurteilt, auf Entscheidungen der Politik zu warten. Sie können auch selbst handeln - Eigenvorsorge lautet das Stichwort.
Bei der Altersvorsorge gibt es dazu zahlreiche Möglichkeiten. Neben der staatlich geförderten Riester-Rente hilft auch eine betriebliche Altersvorsorge, die Ruhestandsbezüge zu erhöhen.
Außerdem empfehlen Anlageexperten Investitionen in renditestarke Anlagen. Wer direkte Anlage in Aktien scheut, sollte zu sogenannten ETFs greifen. Diese "Exchange Traded Fundes" streuen ihr Geld über eine Vielzahl von Einzelfirmen. Das hilft, Kursrisiken zu reduzieren. Weiterer Vorteil der ETFs: Sie kosten nur geringe Gebühren und lassen sich bei Bedarf einfach zu Geld machen.
ETFs mit weltweiter Anlage sind beispielsweise iShares (internationale Wertpapierkennnummer ISIN IE00B4L5Y983) und Lyxor (internationale Wertpapierkennnummer ISIN FR0010315770)
Anleger können bei der Anlage in ETFs auch Sparpläne nutzen. Sie erlauben, mit monatlichen Anlagen ab 50 Euro im Laufe der Zeit Vermögenswerte ansparen.
Ich habe nur sehr wenig Geld: Wie sorge ich am besten fürs Alter vor?
„Gesetzliche Rente“ abonnieren