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In Kolwezi in der Demokratischen Republik Kongo wird in der Kasulo-Mine Kobalt abgebaut. Es wird für wiederaufladbare Batterien gebraucht. © Sebastian Mayer/Getty

Versteckte Schätze

Ohne Bodenschätze und das Wissen um ihre Verarbeitung und Verwendung gäbe es keine Industrie. Doch die Vorkommen sind begrenzt und sie wachsen auch nicht nach – und die Förderung von Erz, Seltenen Erden oder Erdöl hat massive Auswirkungen auf die Umwelt.

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Als die Menschen entdeckten, um wie viel angenehmer Feuer ihr Leben machte und sie gelernt hatten, es zu entfachen und zu kontrollieren, war das ein riesiger Schritt in der Entwicklung der Menschheit. Ein weiterer Meilenstein war die Bearbeitung von Metall: Die Menschen stellten daraus Schmuck, Waffen, Werkzeuge und andere Utensilien her – und sie erwiesen sich in allen Kategorien als äußerst kunstfertig und kreativ.
Über die Jahrhunderte entdeckten sie weitere Schätze im Boden – Edelsteine, Seltene Erden, Erdöl oder Erdgas – und sie wussten sie alle zu nutzen. Unsere heutigen technischen und elektronischen Errungenschaften würden ohne Bodenschätze und das Wissen um ihre Verarbeitung nicht existieren, doch all das hat einen Preis – einen sehr hohen sogar…

Ohne Bodenschätze geht’s nicht
Es gibt kaum einen Bereich im menschlichen Leben, der nicht in irgendeiner Form von Bodenschätzen jeglicher Art geprägt ist. Ihre Förderung aus den Lagerstätten erfolgt entweder im Tagbau (etwa Steinbruch, Kies- oder Sandgrube oder durch Schürfen), im Tief- oder Untertagbau (Bergwerk) oder im Bohrlochbergbau (Tiefbohrungen an Land und im Meer etwa für die Erdölförderung, oder im Salzbergbau). Jede dieser drei Förderarten hat deutliche Auswirkungen auf die Umwelt, im Tagbau allein schon dadurch, dass durch das Abtragen großer Erd- und Gesteinsmengen ganze Landschaften zerstört oder nachhaltig verändert werden. So bildete sich bereits im Mittelalter durch die Verhüttung im Umfeld der Bergwerke Galmeivegetation, also Pflanzen, die mit den im Boden befindlichen Schwermetallen zurechtkamen, während andere Arten verschwanden.

Die für den Betrieb eines Bergwerks notwendige Infrastruktur wie Straßen oder Eisenbahnlinien, Stromleitungen und Unterkünfte für die Arbeiter parzelliert und zerstört Habitate, was massive Auswirkungen auf Fauna und Flora hat. Dazu kommen Emissionen giftiger Stoffe in Luft und Wasser: So findet man etwa im Umkreis von Goldminen stets große Mengen von Quecksilber, bei der Gewinnung metallischer Erze gelangen Phosphor- und Schwefelverbindungen in die Umwelt, bei der Uran-, aber auch der Kohlegewinnung und Erdölförderung fallen radioaktive Stoffe an. Kein Wunder, dass Bergbaubetriebe am häufigsten für die am stärksten verseuchte Orte der Welt verantwortlich sind – sie liegen auf der Liste, die das amerikanische Blacksmith Institute seit 2006 erstellt, auf Platz zwei hinter den Batterie-Recyclingbetrieben (http://www.worstpolluted.org/docs/WorldsWorst2016.pdf).

Die Nachfrage steigt
Die wachsende Weltbevölkerung und der steigende Bedarf nach Autos oder elektronischen Geräten erhöht natürlich die Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen und Seltenen Erden immer weiter. Doch die leicht erreichbaren und dadurch billig zu fördernden Lagerstätten sind nahezu ausgebeutet, die Methoden, neue zu finden und abzubauen, werden aufwendiger und damit teurer. Da die größten Vorkommen metallischer Rohstoffe allerdings meist in den ärmsten Ländern der Erde liegen, dort die Gesetzgebung in Sachen Bergbau sehr flexibel ist und Korruption vielen großen Bergbaufirmen den Abbau erleichtert, leiden Umwelt und Menschen in den betroffenen Ländern besonders stark.

So werden etwa in Indonesien oder der Demokratischen Republik Kongo riesige Waldflächen für die Gewinnung von Zinn respektive Kobalt gerodet, aber auch zum Beispiel in Brasilien vernichtet die Förderung von Bauxit, das zu Aluminium veredelt wird, jährlich große Mengen an Regenwald. Diese Entwaldung verringert die Biodiversität, die Landwirtschaft, die auf den empfindlichen Waldböden betrieben wird, zerstört diese. Auch der Wasserhaushalt ist in Bergbauregionen stark beeinträchtigt: Durch den massiven Verbrauch sinken die Grundwasserspiegel und ganze Flüsse trocknen aus. Dazu kommt die Verunreinigung der Gewässer durch Schwermetalle und Schadstoffe, die beim Abbau freigesetzt beziehungsweise für den Abbau eingesetzt werden. Der kontaminierte Schlamm wird in Absetzbecken und Halden gelagert, wodurch hochgiftiges Grubenwasser, "Acid Mine Drainage" (AMD), entsteht. Sind die Becken undicht und das Grubenwasser sickert in die Erde, ist diese für Jahrhunderte vergiftet. Bricht ein solches Becken, ergießt sich die ätzende Schlammlawine über große Strecken und vernichtet alles, was auf ihrem Weg liegt: In Ungarn etwa brach im Oktober 2010 ein Becken mit Rotschlamm, ein Abfallprodukt, das bei der Gewinnung von Aluminiumoxid aus aluminiumhaltigen Erzen, besonders Bauxit, anfällt, und das hochgiftig ist; in Brasilien brach 2015 der Damm eines Rückhaltebeckens für Rotschlamm, die Schlammlawine begrub mehrere Ortschaften und verseuchte den Fluss Rio Doce derart, dass er bis heute kein Leben mehr enthält.

Problemstoffe Kobalt und Lithium
Neben Fauna und Flora sind natürlich auch die Menschen von den Auswirkungen des Bergbaus betroffen. Während die Standards bei den großen industriellen Bergbaubetrieben mit schweren Geräten, also beim "Large Scale Mining", für die Mitarbeiter meist relativ hoch sind, sind sie beim Kleinbergbau, dem "Artisanal and Small-Scale Mining", jedoch minimal bis nicht vorhanden. Geschätzte 40 Millionen Menschen arbeiten weltweit im Kleinbergbau und ihr Job ist lebensgefährlich: Laut Experten passieren rund acht Prozent aller tödlichen Arbeitsunfälle in diesem Bereich, denn die Arbeiter tragen weder Sicherheitskleidung noch sind sie im Untertagbau beim Abstieg gesichert, und sie sind ständig hochgiftigen Chemikalien ohne Schutz ausgesetzt. Doch da der Kleinbergbau in abgelegenen Gebieten oft die einzige Einnahmequelle ist, gibt es kaum Widerstand gegen die Arbeitsbedingungen.

Das gilt unter anderem für die bereits erwähnten Kobalt-Vorkommen in der Demokratischen Republik Kongo. Zwei Drittel des globalen Bedarfs, das entspricht rund 84.500 Tonnen, stammen von dort. Doch die Nachfrage steigt rasant, denn dank etwa der Forcierung der Elektroautos müssen immer mehr Batterien produziert werden – und die kommen nicht ohne Kobalt und Lithium aus. Die Einheimischen bauen das Kobalt illegal ab, in die tiefen, händisch gegrabenen Stollen passen oft nur Kinder. An den Gewinnen des Kobalt-Geschäfts sind die Menschen nicht beteiligt, sie müssen sogar aus dem Erlös, den sie aus dem Verkauf des Kobalterzes an lokale Zwischenhändler erzielen, Polizei und Minenaufsicht bezahlen, damit sie nicht angezeigt werden.

Mit Lithium ist es nicht besser: Eines der größten Lithium-Vorkommen befindet sich im Norden Chiles, in der Atacama-Wüste. Um Lithium zu erzeugen, muss mineralhaltiges Grundwasser in künstlich angelegte Becken gepumpt werden, in denen die Salzlake zum Verdunsten gebracht wird. Am Ende bildet sich ein Lithium-Konzentrat heraus, das zu Lithium-Karbonat weiterverarbeitet werden kann. Diese Art der Gewinnung wirkt sich allerdings direkt auf die Wasserreserven der gesamten Region aus, denn die Förderung der Salzlake aus dem Grundwasser führt dazu, dass der Grundwasserspiegel dramatisch absinkt. Dadurch trocknen die Flussläufe aus, Wiesen verdorren, die ansässige Fauna ist vom Aussterben bedroht – ein gesamtes Ökosystem bricht zusammen.

Doch nicht nur die Arbeiter sind betroffen, die ganze Bevölkerung leidet. So landet etwa das im Goldabbau verwendete Quecksilber ungefiltert im Boden, im Wasser und in der Luft und vergiftet Pflanzen, Fische und andere Tiere – und damit auch diejenigen, die sich davon ernähren. Die Folgen sind irreversible Schäden des Nervensystems sowie der inneren Organe, sogar schon bei Ungeborenen.

Oft werden auch ganze Dorfgemeinschaften, vor allem der indigenen Bevölkerung im Amazonasgebiet, vertrieben und ihr Lebensraum zerstört. Der Rohstoffabbau ist vielerorts für bewaffnete Konflikte verantwortlich, mitunter wird sogar Krieg wegen einer Gold- oder Diamantenmine geführt. Die bekanntesten Beispiele dafür finden sich vor allem in Zentralafrika. Mit den Erlösen aus dem Verkauf der Edelsteine oder Metalle wird wiederum die Weiterführung des Krieges finanziert. Der Name "Blutdiamanten" kommt schließlich nicht von ungefähr…

Aus den angeführten Beispielen geht deutlich hervor, dass Rohstoffreichtum nicht bedeutet, dass die Bevölkerung gut davon leben kann. Denn der Gewinn, also die Wertschöpfung, aus dem Verkauf der Rohstoffe bleibt in den Ländern, in denen die großen Bergbaugesellschaften sitzen, wo die Rohstoffe verwertet werden und wo die Menschen das Geld haben, um sich die daraus hergestellten Produkte kaufen zu können.

Tiefseebergbau
Durch die steigende Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen und der immer geringer werdenden Verfügbarkeit an Land gewinnen Lagerstätten in der Tiefsee zunehmend an Bedeutung. Besonders Manganknollen mit einem hohen Gehalt an Kupfer, Nickel und Kobalt, Massivsulfide wie Buntmetalle (Kupfer, Zink und Blei) sowie Edelmetalle wie Gold und Silber und Spurenmetalle wie Indium, Tellur, Wismut oder Selen sind begehrt.

Doch der Tiefseebergbau hat ebenso wie der Bergbau an Land erhebliche Auswirkungen auf die Lebensräume der Tiefsee: Die Abbaugeräte entfernen neben den Knollen auch die davon abhängigen Lebensgemeinschaften, die nicht mehr angesiedelt werden können; Trübungswolken und die darin wirbelnden Sedimente können bodenlebende Organismen verschütten beziehungsweise werden in den Wolken vorhandene Schadstoffe großflächig verteilt und reichern sich in der Nahrungskette an. Besonders sensible ozeanische Ökosysteme wie etwa in der Arktis sind massiv von Ölbohrungen bedroht – Unfälle hätten unberechenbare Auswirkungen auf einen ohnehin durch den Klimawandel schon massiv beeinträchtigten Lebensraum.

Zuständig für die Vergabe von Explorations- und Abbaulizenzen in der Tiefsee ist die Internationale Meeresboden Behörde (IMB) in Kingston, Jamaica. Sie hat Richtlinien für die Prospektion von Manganknollen, Massivsulfiden und Erzkrusten erarbeitet, die auch Umweltanforderungen enthalten, deren Einhaltung wiederum von der IMB überwacht werden (sollten).

Angesichts schwindender Rohstofflagerstätten und steigender Umweltbelastungen durch den Abbau muss also endlich ein massives Umdenken stattfinden: Die volle Ausnutzung eines Produktlebenszyklus, sozial- und umweltverträgliches Recycling und ein bewusster Umgang mit den Produkten sollten heute schon für jeden selbstverständlich sein.