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Von der Leyen vor Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zur Berateraffäre | Bildquelle: HAYOUNG JEON/EPA-EFE/REX

Enttäuschung über die "Teflon-Zeugin"

Von der Leyen im U-Ausschuss

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Seit einem Jahr untersucht ein Ausschuss die Berateraffäre von Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen. Gestern sagte sie selbst als Zeugin aus - sorgte aber eher für Enttäuschung. Wie ist die Bilanz?

Mangelnden Fleiß kann man dem Ausschuss zur Berateraffäre von Ursula von der Leyen gewiss nicht vorwerfen: Ein ganzes Jahr lang haben die Parlamentarier mehr als 40 Zeugen befragt, mehr als 4000 Aktenordner durchforstet. Heute sei man schlauer als vorher, sagt der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner: "Wir haben in den letzten zwölf Monaten eine ganze Menge gelernt: Wie man eine Menge Steuergeld verpulvern kann. Indem man Beratungsunternehmen wie die Zauberlehrlinge daran setzt und hofft, es wird alles besser."

Befragung von der Leyens im Untersuchungsausschuss
tagesthemen 22:15 Uhr, 13.02.2020, Christian Feld, ARD Berlin

Genau das war der Vorwurf an Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen: Scharenweise hochbezahlte, externe Berater ins Ministerium geholt zu haben. Doch da habe man nun ein deutliches Warnschild an alle Beraterfirmen aufgestellt, ist man sich im Ausschuss sicher. Firmen würden sich bereits beklagen, heute nicht mehr so freigiebig mit Aufträgen der Bundesregierung bedacht zu werden wie vorher, heißt es in Berlin.

"Durchregiert - an Regeln vorbei"

Und was das Verteidigungsministerium selbst betrifft, so habe man das doch ordentlich durchleuchtet, findet der Sprecher der Linken im Ausschuss, Matthias Höhn: "Wie aus der Hausspitze nach unten durchregiert worden ist - an Regeln vorbei. Welche 'Kennverhältnisse' es gab. Das haben wir alles aufklären können. Insofern hat sich der Ausschuss gelohnt."

Und was die neue Ministerin, Annegret Kramp-Karrenbauer, angeht, so hat die sich ja bereits deutlich von ihrer Vorgängerin von der Leyen abgegrenzt: Man setze künftig mehr auf Kräfte im eigenen Haus, hole sich weniger Beratung von außen, verkündete sie erst vor wenigen Tagen.

Der AfD-Verteidigungsexperte Rüdiger Lucassen sagt: "Frau von der Leyen galt immer als diejenige, die kühl und abweisend war. Und wenn man als Vorgesetzte kühl und abweisend ist, kriegt man auch nicht mit, was im nachgeordneten Bereich passiert."

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Bei ihrer Aussage vor dem Ausschuss räumte von der Leyen Fehler und Vergabeverstöße ein. Insbesondere die Digitalisierung der Bundeswehr sei aber "ohne Hilfe von außen nicht zu schaffen" gewesen. | Bildquelle: HAYOUNG JEON/EPA-EFE/REX

"An ihr prallt alles ab"

Ganz vorne auf ihrer Stuhlkante sitzend hatte die Ex-Ministerin gestern in ihrer fast fünfstündigen Vernehmung routiniert die Fragen der Abgeordneten abgearbeitet. Ja, es habe Fehler gegeben - so der Tenor von der Leyens zu dem Vorwurf, es seien in ihrer Amtszeit regelwidrig Millionenaufträge an externe Berater vergeben worden.

Das allerdings hatte die heutige EU-Kommissionschefin auch schon im Jahr 2018 zugegeben. Bei sich persönlich will sie die Schuld eher nicht verortet sehen. "Frau von der Leyen hat ihre Teflon-Beschichtung ausgepackt. An ihr prallte alles ab", bilanzierte der frustriert wirkende SPD-Abgeordnete Dennis Rohde.

Nun war von der Leyen zwar die letzte und bei weitem prominenteste Zeugin, aber gewiss nicht die einzige, die im U-Ausschuss für Enttäuschung sorgte. "Ich habe es noch nie erlebt, dass bei 41 Zeugen ungefähr 38 schweren Gedächtnisschwund haben", sagt die FDP-Obfrau im Ausschuss, Marie-Agnes Strack-Zimmermann - und fügt an: "Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man sagen: Das muss ein Virus sein, der hier durch den Bundestag geht."

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FDP-Obfrau Strack-Zimmermann wundert sich über den "Gedächtnisschwund". | Bildquelle: dpa

Kein makelloses Bild für die Geschichtsbücher?

Strafrechtlich - da sind sich Beobachter weitgehend einig - wird von der Leyen kaum etwas zu befürchten haben. Es sei denn, eine Staatsanwaltschaft liest den Bericht, den der Ausschuss nun anfertigen wird, aufmerksam und findet doch noch etwas.

Der Eintrag in die Geschichtsbücher fällt für von der Leyen aber möglicherweise nicht gar so makellos aus, wie sie sich das wünschen würde. Weil der Vorwurf erhalten bleibt, sie habe zeitweise die Kontrolle über die Vorgänge in ihrem Ministerium verloren. Ob die das stört, ist eine andere Frage: Von der Leyen ist schon längst EU-Kommissionschefin in Brüssel. Und sie dürfte versuchen, den kurzen Ausflug in ihre Vergangenheit so schnell wie möglich wieder zu vergessen  

Ein Jahr Berater-Affären-Ausschuss: Was hat's gebracht
Kai Küstner, ARD Berlin
14.02.2020 09:27 Uhr