Der Chart des Tages
Eine offensive Verteidigung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank – diese Strategie schlägt Isabel Schnabel ein. Die deutsche Wirtschaftsprofessorin ist seit Anfang Jahr Mitglied des EZB-Direktoriums. Am Dienstag hat sie einen Vortrag in Karlsruhe gehalten. Das Thema: «Narrative über die Geldpolitik der EZB – Wirklichkeit oder Fiktion».
Sie erklärte: «In den vergangenen Jahren erlebte Deutschland einen der längsten Wirtschaftsaufschwünge der Nachkriegszeit» – trotzdem habe sich die Kritik an der Geldpolitik besonders in Deutschland verschärft. Im Vortrag geht sie auf oft genannte Vorwürfe ein. Solche Vorwürfe sind etwa die Enteignung der Sparer, die Geldschwemme durch unkonventionelle geldpolitische Instrumente, das Aufblähen der Vermögenspreise und die Ausbreitung von sogenannten Zombie-Unternehmen (unprofitablen Gesellschaften, die ohne billiges Geld nicht überleben könnten).
Die obige Grafik aus ihrem Vortrag zeigt den realen Ertrag von kurzfristigen Bankeinlagen in Deutschland. Real bedeutet hier, dass vom nominalen Zins die Konsumentenpreisinflation abgezogen wird. Das Fazit: Schon vor der Einführung des Euros notierte die reale Verzinsung der Ersparnisse in Deutschland unter 0%. Vor der Einführung des Euros lag der durchschnittliche Realzins bei –0,08%, danach bei –0,15%.
Isabel Schnabel erklärt: «Was am Ende für den Sparer wirklich zählt, sind die Realzinsen, also die Zinserträge abzüglich der Inflation. Ein hoher nominaler Zins bringt dem Sparer wenig, wenn die Kaufkraft des Geldes im gleichen Zeitraum in ähnlicher Weise oder stärker gefallen ist.» Das sei etwa in den Siebzigerjahren der Fall gewesen.
Die Öffentlichkeit solle die EZB-Geldpolitik kritisch begleiten, sagt Schnabel. Aber: «Bitte auf Basis von Fakten, nicht von Narrativen, die einer sachlichen Grundlage entbehren.»
(Quelle der Grafik: Isabel Schnabel, EZB)
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