https://bilder.bild.de/fotos-skaliert/immer-oefter-fliegen-an-schulen-die-faeuste--auch-gegen-lehrer-wie-frau-bachmayer-beobachtet-200122798-68779772/2,w=1280,c=0.bild.jpg
Immer öfter fliegen an Schulen die Fäuste – auch gegen Lehrer, wie Frau Bachmayer beobachtetFoto: Herrndorff - Fotolia
Lehrerblog

Gewalttaten gegen Lehrer sind keine Einzelfälle mehr

Frau Bachmayer ist Mitte 30 und Lehrerin. Sie liebt ihren Job – aber natürlich gehen ihr ihre Schüler und Kollegen manchmal richtig auf den Keks. Bei BILD plaudert sie jeden Freitag aus dem Nähkästchen.

Da sie dennoch gern ihren Job behalten möchte, bloggt sie anonym als Frau Bachmayer. Ihre Geschichten aber sind echte Geschichten einer garantiert echten Lehrerin – die oft zwischen allen Stühlen sitzt.

„Was ist denn mit Stefan Müller los?“, fragt mich meine Kollegin Steffi morgens auf dem Flur. „Ich habe gehört, er kommt nicht mehr wieder.“ Stefan Müller ist einer unserer jüngeren Kollegen, der erst seit drei Jahren bei uns an der Schule ist. Menke, der Steffis Frage mit angehört hat, sagt: „Der steht kurz vor dem Burn-out. Wenn er nicht schon einen hat!“ Steffi und ich schauen Menke erschrocken an. Stefan ist doch erst seit drei Jahren Lehrer, wie kann er jetzt schon mit den Nerven am Ende sein? „Habt ihr denn gar nicht mitbekommen, was da passiert ist?“, fragt Menke erstaunt. Steffi und ich schütteln die Köpfe, wir haben nicht den blassesten Schimmer. Und scheinbar wurde das Geschehene von unserer Schulleitung unter den Teppich gekehrt. Und das aus gutem Grund, wie wir von Menke erfahren.

Ein Schüler schlägt zu

Es war allen schon eine Weile bekannt, dass es mit einem Schüler aus Stefans Klasse schon länger Probleme gab. Ben verstand sich mit Stefan überhaupt nicht, stänkerte immer bei seinen Anweisungen herum und wenn Stefan mit ihm das Gespräch suchte, fühlte er sich stets von seinem Klassenlehrer ungerecht behandelt. Daraus resultierend hat sich die Wut bei Ben so aufgestaut, dass er bei einer heftigen Auseinandersetzung vor ein paar Wochen völlig ausflippte und dem Lehrer mit der Faust ins Gesicht schlug. Das war so doll, dass Stefans Nase gebrochen war und er stark blutete. Doch damit nicht genug. Ben hielt die Faust erneut unter Stefans Nase, ließ etwas Blut darauf tropfen und schmierte es ihm quer über das Gesicht. „Damit Sie nie vergessen“, sagte er drohend, „Legen Sie sich nie wieder mit mir an, Herr Müller. Sie haben Familie, einen Sohn, passen Sie gut auf ihn nachmittags nach der Schule auf.“

„Ich werde die Schule nie mehr betreten!“

Stefan war wohl so geschockt, dass er zitternd zu unserem Schulleiter ging, den Vorfall meldete und ankündigte, diese Schule nie mehr betreten zu wollen. „Ich habe Angst um mein Leben“, sagte er zu Franky, dem Schulleiter. „Und noch viel mehr Angst habe ich um meine Familie.“ Seitdem war Stefan nicht mehr in der Schule und ist krankgeschrieben. Steffi und ich müssen schlucken. „Was passiert mit Ben?“ „Der ist sofort suspendiert worden und wird wohl von der Schule fliegen“, erzählt Menke. „Aber trotzdem kann er Stefan ja auch außerhalb der Schule auflauern.“

Der Schock sitzt zu tief

Da ich mit Stefan ab und zu zusammen gearbeitet habe, rufe ich ihn nach der Schule an. „Ich habe gehört, was passiert ist. Wie geht es dir?“, frage ich ihn. „Nicht gut“, sagt er und erzählt mir, dass er seit dem Vorfall kaum noch schläft und panische Angst um seinen Sohn habe. Er hatte erst überlegt sich an eine andere Schule versetzen zu lassen, aber sei nun zu dem Entschluss zu kommen, der Schule ganz den Rücken zu kehren. „Ich möchte kein Lehrer mehr sein!“, sagt er bestimmt. „Wir Lehrer genießen viele Privilegien und verdienen gut, aber was ist das alles wert, wenn man sich schlagen und bedrohen lassen muss? Für mich ist hier Schluss und zwar endgültig!“