Nazi-Terror-Gruppe gegründet? Innenminister: "Schwerste Anschläge verhindert"

Karlsruhe: Bundesanwaltschaft verdächtigt mehrere Personen eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet zu haben

Karlsruhe - In sechs Bundesländern hat es Razzien gegen eine mutmaßliche rechtsterroristische Vereinigung gegeben.

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Reichsflaggen auf einer rechtsextremen Demonstration in Dortmund. (Archivbild)

Wie die Bundesanwaltschaft am Freitag mitteilte, besteht gegen mehrere Beschuldigte der Anfangsverdacht, eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet und sich an ihr mitgliedschaftlich beteiligt zu haben.

Die Ermittlungen richteten sich gegen fünf Personen sowie acht Unterstützer. Festnahmen habe es bislang nicht gegeben.

Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen sollen sich fünf Personen im September 2019 zu der mutmaßlichen rechtsterroristischen Vereinigung zusammengeschlossen haben.

Ziel der Gruppe soll es gewesen sein, die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden.

Zu diesem Zweck sollten durch - bislang noch nicht näher konkretisierte - Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Personen muslimischen Glaubens bürgerkriegsähnliche Zustände herbeigeführt werden, heißt es in der Mitteilung der Bundesanwaltschaft.

Die acht mutmaßlichen Unterstützer sollen ihrerseits zugesagt haben, die Vereinigung finanziell zu unterstützen, Waffen zu beschaffen oder an zukünftigen Anschlägen mitzuwirken.

Wie es weiter hieß, ließ der Generalbundesanwalt an 13 Orten in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie Sachsen-Anhalt die Wohnungen sowie sonstige Räumlichkeiten der Beschuldigten von Spezialkräften durchsuchen. Zudem wurde in Bayern die Wohnung einer nicht tatverdächtigen Person durchsucht.

Die Durchsuchungen hätten insbesondere dazu gedient, zu klären, ob die Beschuldigten bereits über Waffen oder sonstige Gegenstände zur Anschlagsbegehung verfügten.

Innenminister Thomas Strobl: "Schwerste Anschläge konnten verhindert werden"

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Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU).

Update 17.40 Uhr: Bei den Razzien haben die Behörden auch einen Mann aus Baden-Württemberg festgenommen.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nahmen die Einsatzkräfte am Freitag einen Mann aus dem Landkreis Esslingen fest. Dabei soll es sich um ein Mitglied der mutmaßlichen Terrorgruppe handeln. Die mutmaßlichen fünf Mitglieder kommen demnach aus Bayern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen.

Der Generalbundesanwalt ließ am Freitag insgesamt vier mutmaßliche Mitglieder und acht mutmaßliche Unterstützer festnehmen. Ein fünfter Mann, der ebenfalls zum Kern gehört haben soll, gilt zwar als Beschuldigter, blieb aber auf freiem Fuß.

Laut Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat die Bundesanwaltschaft das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit den kriminalpolizeilichen Ermittlungen beauftragt. Das LKA habe seit Mitte September 2019 wegen des Verdachts der Planung von terroristischen Anschlägen ermittelt.

"Das Ermittlungsverfahren wurde mit höchster Priorität geführt, bis zu 35 Ermittler des Landeskriminalamts waren – mit Unterstützung des Polizeipräsidiums Einsatz – in die Ermittlungen eingebunden. Dadurch konnten schwerste Anschläge verhindert werden", betonte Strobl.

Alle Festgenommenen sind Deutsche und Männer

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Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe teilte mit, dass alle Festgenommenen Deutsche und Männer seien.

Der Fall mache deutlich, dass die länderübergreifende Zusammenarbeit und der Informationsaustausch vorbildlich funktionierten. Zentrale Aufgabe sei nicht nur, Straftaten aufzuklären, sondern rechtsextremistische Gefahren im Keim zu ersticken.

Der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen im Stuttgarter Landtag, Alexander Maier, sagte: "Wenn in geheimen Zirkeln bewaffnete Mitglieder eine Verschwörung, womöglich gar einen gewalttätigen Aufstand, gegen unseren Staat planen, stellt dies eine ernstzunehmende Bedrohung für unsere Gesellschaft dar. Wir Grüne fordern daher eine schnelle und umfassende Aufklärung."

Es müsse geklärt werden: Wer sind die Verdächtigen? Welche Gruppen stecken dahinter? Wie haben sie sich vernetzt? Und welche Ziele stehen im Fokus? Die Ermittler müssten außerdem klären, ob Listen mit Personen als "Zielscheiben" angelegt und ausgetauscht worden seien.

Alle Festgenommenen sind Deutsche und Männer, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Sie sollen am Samstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) vorgeführt werden. Dieser entscheidet, ob die Verdächtigen in Untersuchungshaft kommen oder jemand möglicherweise wieder freigelassen werden muss.

Vorwürfe gegen mutmaßliche Rechtsterroristen erinnern an "Revolution Chemnitz"

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Herbert Reul (CDU), Innenminister in Nordrhein-Westfalen, gibt ein Statement im Landtag zu den Maßnahmen der Bundesanwaltschaft gegen Mitglieder einer möglichen rechtsterroristischen Vereinigung.

Ein Anfangsverdacht reicht nicht aus, um einen Haftbefehl zu beantragen. Die Ermittler konnten deshalb nur hoffen, bei den Durchsuchungen belastendes Material wie Waffen zu finden oder einen der aufgeschreckten Beschuldigten zum Reden zu bewegen.

Das ist offensichtlich geglückt: "Auf Grundlage der aktuellen Ermittlungsergebnisse haben sich die Verdachtsmomente gegen die Beschuldigten erhärtet", teilte die Bundesanwaltschaft am frühen Nachmittag mit, ohne Einzelheiten zu nennen. Nach dpa-Informationen wurden mehrere Waffen gefunden. Das berichtete auch der "Spiegel".

Auch das Alter der Männer wurde nicht mitgeteilt. Laut SWR und ARD-Hauptstadtstudio ist der Jüngste 20 und der Älteste 50 Jahre alt.

Werner S. stammt nach dpa-Informationen aus dem Kreis Augsburg. Die anderen drei Hauptverdächtigen kommen demnach aus Baden-Württemberg (Landkreis Esslingen), NRW (Kreis Minden-Lübbecke) und Niedersachsen (Landkreis Uelzen). Die Federführung für die Durchsuchungen hatte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg.

Die Vorwürfe gegen die mutmaßlichen Rechtsterroristen erinnern stark an diejenigen gegen die Gruppierung "Revolution Chemnitz". Auch sie organisierte sich in einer Chatgruppe, auch hier war von Anschlägen auf Ausländer und politisch Andersdenkende die Rede.

Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass diese Planungen in ein "symbolträchtiges Geschehen" am Tag der Deutschen Einheit 2018 in Berlin münden sollten. Derzeit stehen die acht Männer aus der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene in Dresden vor Gericht.

Ein dutzend Personen festgenommen

Update 14.25 Uhr: Nach den Razzien gegen eine mutmaßliche rechte Terrorzelle hat der Generalbundesanwalt 12 der 13 Beschuldigten festnehmen lassen. Die aktuellen Ermittlungen hätten den Verdacht erhärtet, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Freitag mit.

Alle Festgenommenen sind Deutsche und Männer. Sie sollten noch am Freitag oder am Samstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) vorgeführt werden. Dieser entscheidet, ob alle Verdächtigen in Untersuchungshaft kommen oder jemand möglicherweise wieder freigelassen werden muss.

Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass fünf mutmaßliche Rechtsextremisten die Terrorgruppe gegründet und Anschläge auf Politiker, Asylbewerber und Muslime ins Auge gefasst haben. Diese Anschläge hätten bürgerkriegsähnliche Zustände auslösen sollen - mit dem Ziel, "die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden".

Festgenommen wurden allerdings nur vier der mutmaßlichen fünf Mitglieder.

Die Beschuldigten hätten sich in unterschiedlichen Besetzungen mehrfach persönlich getroffen, hieß es weiter. Einer von ihnen, Werner S., habe diese Treffen anberaumt und koordiniert. Außerdem hätten sich die Männer in Chatgruppen und am Telefon ausgetauscht.

Die acht anderen Festgenommenen werden verdächtigt, die Terrorgruppe unterstützt zu haben. Sie hätten zugesagt, mit Geld zu helfen, Waffen zu beschaffen und an künftigen Anschlägen mitzuwirken, hieß es.