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Colourbox.de Versetzung gefährdet? Darum ist eine Fünf in Mathe auch eine Chance.

Ein Lehrer rät : Schlechte Noten? Einen Satz sollten Eltern nie zu ihrem Kind sagen

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In Bayern und Baden-Württemberg werden heute die Halbjahreszeugnisse verteilt, in anderen Bundesländern gab es sie schon. Für viele Schüler ein schlimmer Tag. Denn nicht jede Note fällt gut aus. Was Eltern dann besser bleiben lassen sollten.

Melanie wartet schon seit drei Stunden auf ihren Sohn. Die Pizza ist längst kalt. Dabei ist die Schule heute früher aus, weil die Kinder ihre Habjahreszeugnisse erhalten. Irgendwann kommt Benny nach Hause. „Wo bleibst du denn so lange? Meldest dich nicht mal über whatsapp zurück. Ich mache mir doch Sorgen“, hält die Mutter ihm vor. Der 14-Jährige stöhnt vor sich hin: „Mama, ich bin kein kleines Kind mehr. Außerdem war der Akku alle.“

Melanie schüttelt den Kopf und schaltet die Mikrowelle ein. „Ich mache dir schnell die Pizza warm.“ „Kein Hunger, außerdem gehe ich gleich noch mal mit Ole raus“, murmelt der Junge vor sich hin, schmeißt seinen Rucksack in die Ecke und läuft zu seinem Zimmer. „Und was ist mit dem Zeugnis?“ „Vergiss es!“ ruft er noch und knallt die Tür hinter sich zu. Melanie ahnt nichts Gutes, angelt aus dem Rucksack das Zeugnis und wird ganz blass.

„Benny!“ brüllt sie durch den Flur. Sie wartet keine Reaktion ab, stürmt in sein Zimmer und faucht ihn an: „Eine Fünf in Mathe? Das ist nicht dein Ernst!“ Benny antwortet nicht, sondern starrt auf sein Handy. „Du gehst heute nirgends mehr hin, sondern wirst mir das nachher erklären. Und das neue Fahrrad kannst du damit auch vergessen.“

Die Schüler leiden schon genug

Dicke Luft zu Hause. Und der Sohn hatte es befürchtet. Aber die Reaktion seiner Mutter verschlimmert alles noch. Sie schimpft und bestraft den Jungen gleich. Dabei ist eine Fünf in Mathe auf einem Halbjahreszeugnis keine Katastrophe, sondern ein Warnschuss – wenn auch ein deutlicher.

So formulieren wir es als Lehrer auch, wenn wir die Zeugnisse ausgeben. Die Halbjahresnoten spiegeln „nur“ den derzeitigen Leistungsstand wider. Die Versetzung ist vielleicht gefährdet, aber immer noch möglich. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer sich Lehrer damit tun, ihren Schülern eine Fünf für das Zeugnis zu erteilen.

Wenn sie es dennoch tun, dann hat es einen triftigen Grund. Und dann muss gehandelt werden. Aber nicht, indem die Eltern meckern, Druck ausüben, oder Sanktionen verhängen. Denn die Schüler leiden schon genug. Kein Kind bringt gern schlechte Noten nach Hause.

Vor allem ein Satz ist völlig kontraproduktiv

Wichtig ist zunächst, das Zeugnis differenziert zu betrachten. Womöglich ist das Kind nur in einem Fach abgerutscht oder hat sich in einem anderen sogar verbessert. Und ganz entscheidend: Eltern sollten mit ihrem Kind in Ruhe reden und vor allem nach den Ursachen fragen. Lag es an einer verhauenen Klassenarbeit, an mehrmals nicht gemachten Hausaufgaben oder an mangelnder Mitarbeit im Unterricht?

Häufig wissen Schüler sehr genau, warum sie eine Fünf bekommen haben. Denn die schlechte Note hat in der Regel einen langen Vorlauf. Gemeinsam muss dann überlegt werden, wie man sich verbessern kann. Dabei sollten die Kinder ermutigt werden.

Sprüche wie „So wird nie was aus dir!“ oder „Willst du dich damit dann später bewerben?“ sind völlig kontraproduktiv. Noch schlimmer sind Sätze wie „Du hast uns echt enttäuscht!“, weil sie dem Kind zusätzlich ein schlechtes Gewissen bescheren. 

Was Kindern jetzt wirklich hilft

Stattdessen sollten Eltern signalisieren, dass sie an ihr Kind glauben. Und zwischendurch mal an ihre eigene Schulzeit denken. Sie sollten dem Sohn oder der Tochter zur Seite stehen – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn kann Benny sich und seiner Mutter nicht erklären, warum er in Mathe eine Fünf hat, sollte Melanie das Gespräch mit der Mathelehrerin suchen.

Es bietet die Chance, nicht nur von der Pädagogin zu hören, woran es liegt, sondern auch Wege aufzuzeigen, wie Benny sich verbessern kann. In vielen Schulen werden auch Lern- oder Förderpläne erstellt.

Wenn Kinder das Gefühl bekommen, dass Eltern und Lehrer an einem Strang ziehen, verschafft ihnen das nicht ein Gefühl absoluter Kontrolle, sondern ein Gefühl von Sicherheit. Das motiviert Benny zudem, die Note verbessern zu wollen. Und dafür hat der Junge jetzt auch ein ganzes Halbjahr Zeit.

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Silvia von Eigen

Über den Experten

Robert Rauh ist seit 15 Jahren Lehrer und Seminarleiter für Geschichte, Politik und Deutsch in Berlin. 2013 erhielt er den "Deutschen Lehrerpreis" in der Kategorie "Schüler zeichnen Lehrer aus" und nutzte die mediale Öffentlichkeit für seine schulpolitischen Initiativen. Dabei nimmt er auch sich und seine Kollegen in die Pflicht: Denn die Spielräume für Veränderungen sind häufig größer als man denkt - oder bereit ist zuzugeben. Von Robert Rauh ist das Buch "SCHULE SETZEN SECHS. Von Lehrern und Eltern, die trotzdem nicht verzweifeln" im Kösel-Verlag erschienen. Es hat 224 Seiten und kostet 17,99 Euro.