Staatsanwaltschaft erhebt Anklage: Bushido und Clan-Boss sollen gegen Fler aussagen: Die Hintergründe im Rapper-Streit
by FOCUS OnlineDas nächste Kapitel in der Rapper-Fehde: Die Berliner Staatsanwaltschaft will Bushidos Lieblingsfeind Fler vor Gericht stellen. Der 37-Jährige soll Bushidos Familie schwer beleidigt haben. Kommt es wirklich zum Prozess, sollen auch Bushido und seine Ehefrau aussagen – sowie Clan-Boss Arafat Abou-Chaker. Doch worum geht es in dem Streit überhaupt?
Bushido und Fler haben schon viel übereinander gesprochen – aber noch nie im Gerichtssaal. Das könnte sich jetzt ändern: Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Anklage gegen Fler erhoben. Nun muss das Amtsgericht Berlin-Tiergarten entscheiden, ob es zum Prozess kommt. Die Anklage bestätigte eine Gerichtssprecherin gegenüber FOCUS Online, eine Entscheidung über deren Zulassung sei aber noch nicht gefallen. Der „Tagesspiegel“ hatte zuerst berichtet.
Der Zeitung zufolge will die Staatsanwaltschaft unter anderem Bushido und dessen Frau sowie den berüchtigten Clan-Boss Arafat Abou-Chaker als Zeugen vorladen. Bushido hatte sich im März 2018 von seinem damaligen Geschäftspartner Abou-Chaker getrennt, Drohungen und Polizeischutz waren die Konsequenz.
Wüste Beleidigungen gegen Bushidos Frau
Fler werden Beleidigung, Verletzung der „Vertraulichkeit des Wortes“ sowie verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen zur Last gelegt, berichtet der „Tagesspiegel“. Konkret: Fler hatte im September für seine 443.000 Fans auf Instagram ein Bild gepostet, das eine Frau zeigt, die Ähnlichkeiten mit Bushidos Ehefrau Anna-Maria Ferchichi aufweist. Außerdem waren ein verpixelter Penis zu sehen sowie der Satz (sic): „Wenn sie ihr Maul im Internet aufmacht vs, wenn sie ihr Maul im echten Leben aufmacht.“ Zwei Tage später teilte Fler ein weiteres Bild, in dem er Bushidos Ehefrau als „Hurentochter“ beschimpft.
Ferchichi war in dem ersten Post auch markiert worden, genau wie der Instagram-Account der Bundesliga-Mannschaft Werder Bremen. Ferchichi, die Schwester von Popstar Sarah Connor, war vor Bushido mit den ehemaligen Werder-Spielern Pekka Lagerblom und Mesut Özil liiert. Bereits im Dezember hatte Fler einen Prozess gegen Bushido und seine Ehefrau verloren: In dem Lied „No-Name“ behauptete Fler, Bushido sei nicht der Vater der vier gemeinsamen Kinder, stattdessen komme „der ganze Kader“ von Werder Bremen als Vater in Frage. Fler musste die Passage aus dem Song entfernen und eine neue Version auf Youtube und die Streaming-Dienste laden.
Mitschnitte und Anwaltsschreiben
Die Staatsanwaltschaft will Fler nun wegen Beleidigung anklagen. Wichtig dabei: Beim Tatbestand der Beleidigung wird die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus tätig, strafrechtlich ist sie ein sogenanntes „Antragsdelikt“. Offenbar war bei der Staatsanwaltschaft also eine Anzeige eingegangen und die Behörde betrachtet den Vorwurf als bedeutend genug für eine Anklage.
Der zweite Anklagepunkt gegen Fler hat ebenfalls mit Bushido zu tun – und mit Arafat Abou-Chaker. Im Jahr 2019 war der Mitschnitt eines Telefongesprächs zwischen Bushido und seinem ehemaligen Geschäftspartner im Internet aufgetaucht, in dem sich die beiden offenbar um Geld streiten. Arafat pflegte wichtige Gespräche mit dem Handy aufzuzeichnen. Fler soll dann am 19. September einen Link zu dem Mitschnitt auf Instagram gepostet haben. Das ist allerdings verboten: „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ nennt das Strafgesetzbuch diesen Tatbestand.
Ohnehin scheint es Fler mit der Vertraulichkeit privater Korrespondenzen nicht so genau zu nehmen. Davon zeugt auch der dritte Anklagepunkt: Fler hatte am 9. November ein Anschreiben der Staatsanwaltschaft zu den Beleidigungsvorwürfen auf Instagram gepostet. Auch das ist verboten, solange es noch nicht zu einem Prozess gekommen ist.
Beef mit dem „Flerräter“
Die Fehde zwischen Bushido und Fler dauert mittlerweile schon mehr als ein Jahrzehnt an. Mitte der Nullerjahre gelang den rappenden Jugendfreunden aus dem Berliner HipHop-Label Aggro Berlin der Durchbruch. Während Bushido daraufhin zum erfolgreichsten deutschen Rapper seiner Generation aufstieg, hatte Fler immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen.
Seinen Ursprung hatte der Streit im Jahr 2004. Bushido verließ Aggro Berlin im Unmut und wechselte zur großen Plattenfirma Universal, wo er sein eigenes Label Ersguterjunge aufzubauen begann. Zu Fler, der noch mehrere Jahre lang bei Aggro Berlin unter Vertrag stehen sollte, habe Bushido den Kontakt abgebrochen, hieß es damals in verschiedenen Medienberichten. Es kam zu öffentlichen Beleidigungen und mehreren Diss-Tracks mit Titeln wie „Flerräter“ und „Du Opfer“.
„Wir lachten und fielen uns sofort in die Arme“
Im Jahr 2009 dann die Überraschung: Fler verließ Aggro Berlin und versöhnte sich mit seinem Jugendfreund. Bushido soll Fler angerufen und ein Treffen an einer Shell-Tankstelle in Berlin-Lichterfelde vorgeschlagen haben, erzählte Fler Jahre später in seiner Autobiographie. „Als er ausstieg und auf mich zuging, stockte mir fast der Atem: Wir hatten uns seit Jahren nicht mehr persönlich gesehen (...)“, hieß es in dem Buch. „Als wir uns so live gegenüberstanden, war das ein überwältigendes Gefühl. Wir lachten und fielen uns sofort in die Arme. Das war wirklich schön.“
Zusammen nahmen die beiden zwei gemeinsame Alben auf, „Carlo Cokxxx Nutten 2“ sowie „Berlin's Most Wanted“ mit Kay One. Ende 2010 trennten sich die Wege der beiden aber wieder, die Gründe wurden nie bekannt. Fler machte sich daraufhin mit seinem eigenen Label „Maskulin“ selbstständig. Eine weitere Versöhnung 2016 hielt ebenfalls nicht lange an – Bushido soll Produzenten von Flers Label abgeworben haben.
Und so sind der 37 Jahre alte Fler und der 41 Jahre alte Bushido wieder in inniger Feindschaft vereint. Erst auf seinem letzten Album „CCN IV“ aus dem Dezember 2019 rappt Bushido wieder: „Bundesweit bekannt als ein Mogul in diesem Rapgeschäft / Fler dafür bekannt, dass 'ne Karotte in seinem Rektum steckt.“ Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht.
„Musik“ abonnieren