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Artwork von Elderborn(Bild: Hyperstrange)

Dunkle Seelen im Heavy-Metal-Rausch

Das rockt! In Elderborn kämpfen Dark-Souls-gestählte Spieler in einer düsteren Fantasywelt. Dazu kommen wunderschöne Spaziergänge in The Pedestrian sowie Licht und Schatten in Lightmatter: Golem stellt die aktuellen Indiegames vor.

Das Jahr fängt stark an für Indiegames: Das von Pokémon inspirierte Temtem bricht Verkaufsrekorde, Through the Darkest of Times liefert als Serious Game eine bedrückend-intensive Geschichtsstunde und mit Wolcen wird der Traum vom starken Diablo-Konkurrenten Wirklichkeit.

Alle wurden bereits von Golem.de vorgestellt, weshalb umso mehr Platz für die anderen unabhängig produzierten Perlen ist, die in den letzten Wochen veröffentlicht wurden. Diesmal ist bestimmt für jeden Geschmack etwas dabei: von knifflig bis brachial.

Elderborn: Rockiger Nahkampf

Als Barbar oder Barbarin kämpft man sich in Elderborn durch düstere Fantasyumgebungen, die an die klassische Sword-and-Sorcery-Welt des Conan-Universums erinnert. Das Besondere, neben dem Heavy-Metal-Soundtrack: Diesmal sind wir aus der Ich-Perspektive unterwegs in dunklen Kerkern und exotischen Tempelstädten.

Anstelle von Schusswaffen gibt es allerdings nur Nahkampfgerätschaften wie Schwerter, Kriegshämmer und Stabwaffen. Das Bestehen im Kampf ist dabei überraschend taktisch geraten, dumpfes Drauflosprügeln endet schon gegen Standardgegner tödlich. Nur richtig abgestimmtes Blocken, schnelle Ausweichmanöver und vor allem gute Positionierung und die Wahl der jeweils besten Waffe führen zum Sieg.

Elderborn hat sich wie viele neuere Spiele spürbar von Dark Souls & Co. inspirieren lassen. Das gilt nicht nur in Sachen Schwierigkeitsgrad. Auch die offenen, schlau verschachtelten Umgebungen und das Speichersystem erinnern an die japanischen Kultspiele.

Die Komplexität von deren Kampfsystem erreicht Elderborn zwar nicht. Dennoch erweist sich der First-Person-Nahkampf im Verlauf des Spiels gerade wegen seiner anfangs irritierenden Beschränkungen als ebenso herausfordernd wie komplex; gemein ist etwa, dass Block- und Angriffsanimationen nicht unterbrochen werden können.

Fans von Dark Souls und Bloodborne sollten sich nicht vom relativ hohen Trashfaktor des Trailers abschrecken lassen: Das von dem kleinen polnischen Entwicklerstudio Hyperstrange mit spürbar viel Liebe produzierte Elderborn ist ein lohnendes taktisches Nahkampfepos mit spannender Atmosphäre.

Erhältlich für Windows-PC; rund 12,50 Euro.

Stoneshard: Pixel-Rollenspiel für Hardcore-Nostalgiker

Vorweg: Das umwerfend hübsche Pixel-Rollenspiel Stoneshard von dem russischen Entwicklerteam Ink Stains Games befindet sich noch im sehr frühen Early Access. Trotzdem lässt das, was bisher da ist, schon Freude aufkommen.

Die Mischung aus traditionellem Rogue-like und Open-World-Sandbox beginnt mit einem starken Tutorial, das im Gegensatz zum Rest des Spiels schon fertig ist - und überdies als kostenloser Download gespielt werden kann. Die Flucht aus einem finsteren Vampirkeller samt Oberboss macht Lust auf das Spiel, das Stoneshard irgendwann einmal sein wird.

Momentan ist davon im noch unfertigen Rest des Spiels weniger zu sehen. In Stoneshard beschäftigt man sich eher mit dem sorgsamen Aufpäppeln seines (nicht selbst erstellbaren) Charakters, ärgert sich über das unkomfortable Speichersystem und muss bei Updates mit inkompatiblen Spielständen rechnen.

Trotzdem: Das Potenzial dieses Spiels ist riesengroß. Eine ausreichend hartgesottene kleine Zielgruppe wird sich schon jetzt großartig mit diesem düsteren Rohdiamanten unterhalten können.

Windows-PC; rund 15 Euro (Early Access). Prolog als kostenloser Download erhältlich.

The Pedestrian und Lightmatter

The Pedestrian: Rätseln im Schilderwald

The Pedestrian ist ein abstrakter 2D-Rätselplattformer, der in einer aufwendig in 3D gestalteten und sehr glaubwürdigen Welt spielt.

Klingt kompliziert, ist aber genial: Hauptfigur des kniffligen Rätselspiels ist das abstrakte Männchen, das zum Beispiel auf Notausgangschildern den Fluchtweg weist. Spielfeld sind die vielen Hinweisschilder, die in der glaubwürdig dargestellten Welt von The Pedestrian an Straßenecken, Zäunen und Containern hängen.

Der Weg führt von Schild zu Schild. Das funktioniert aber nur, wenn wir diese sinnvoll miteinander verknüpfen und genretypische, immer komplexer werdende Rätsel lösen.

Das Zusammenspiel von "echter" Welt und abgedrehten 2D-Puzzles bleibt als zentraler Clou von The Pedestrian charmant und die Herausforderung wird durch stetig neu eingeführte Spielmechaniken gesteigert.

Das Entwicklerstudio Skookum Arts hat mit The Pedestrian einen nicht besonders langen, aber rundum gelungenen Rätselspaß mit so einigen Aha-Effekten programmiert - der übrigens sehr sehenswerte Grafik bietet. Auch hier gibt es eine kostenlose Demo.

Erhältlich für Windows-PC, MacOS und Linux; rund 17 Euro. Spielbare Demo erhältlich.

Lightmatter: Portal lässt grüßen

Eine Forschungseinrichtung, aus der wir uns durch das Lösen von cleveren physikbasierten Rätseln befreien müssen. Dazu eine sarkastische Stimme, die unsere Aktionen aus dem Off kommentiert - das klingt vertraut. Lightmatter wandert wie viele andere First-Person-Puzzler auf den Spuren des großen Portal.

Das Programm von Tunnel Vision Games besticht aber durch einen eigenständigen Grafikstil, eine originelle Spielmechanik und Humor. Die Grundidee: Schatten sind tödlich, also müssen wir durch Lichtspielereien mit Scheinwerfern und anderem für sichere Wege aus dem Labyrinth sorgen, während wir Schritt für Schritt die wahren Hintergründe eines Laborunfalls unter einem größenwahnsinnigen Chef aufklären.

Die lichtbasierten Rätsel können es zwar nicht mit der Genialität der Portal-Gun aufnehmen. Aber wer das verwandte The Talos Principle und seine Spielereien mit Lasern mochte, darf sich auf ähnliche Herausforderungen freuen.

Auch Lightmatter wartet dankenswerterweise mit einer umfangreichen kostenlosen Demoversion auf, die einen tollen Einblick ins Spiel erlaubt - es gibt also keinen Grund, sich nicht selbst ein Bild zu machen.

Erhältlich für Windows-PC; rund 17 Euro. Spielbare Demo erhältlich.

Scourgebringer, 7th Sector und The Coma 2

Scourgebringer: Action-Rogue-like mit Suchtgefahr

Mit Spelunky, The Binding of Isaac und Dead Cells ist die Nische moderner Rogue-likes für ein Millionenpublikum interessant geworden. Nun schickt sich Scourgebringer an, ebenfalls in die kleine Gruppe der essenziellen Pixellieblinge aufzusteigen.

Hier kämpft man sich durch einen zufallsgenerierten Raum nach dem anderen, und zwar als rabiate akrobatische Kriegerin mit Schwert und Schusswaffe. Dabei zerdeppert und schnetzelt man Roboter und Aliens, sammelt Upgrades sowie bleibende Charakterverbesserungen und stürzt sich wieder und wieder in den Kampf.

Was Scourgebringer Eigenständigkeit verleiht, sind sein temporeiches Gameplay und die schicke Retrografik, die Klassiker wie Metroid souverän zitiert und viel Charme versprüht.

Scourgebringer befindet sich noch im Early Access. Doch wie Dead Cells und Hades bewiesen haben, eignen sich Rogue-lites geradezu ideal für diese Publikationsform.

Das von dem aus zwei Entwicklern bestehenden Studio Flying Oak Games produzierte Scourgebringer ist schon jetzt ein spielerischer Genuss und lässt sich nur schwer wieder weglegen.

Windows-PC, MacOS und Linux; rund 15 Euro (Early Access).

Und sonst?

7th Sector: Auf Windows-PCs darf man sich schon seit fast einem Jahr über dieses außergewöhnliche Cyberpunk-Puzzlespiel freuen. Nun sind auch Konsolenbesitzer am Zug: Als eine Art elektrischer Geist innerhalb einer Vielzahl von Maschinen gilt es, originelle Rätsel zu lösen und auch so manchen Geschicklichkeitstest zu bestehen.

Neben dem höchst atmosphärisch in Szene gesetzten Setting überzeugt die Abwechslung einer Vielzahl origineller, so kaum zuvor gesehener Puzzles, die immer wieder ins Grübeln und Staunen bringen. Ein lineares, teils recht anspruchsvolles Spiel, das trotz großer Unterschiede auch an die Klassiker Limbo und Inside erinnert.

The Coma 2: Vicious Sisters: Ein Import aus Südkorea, gedacht für Freunde des klassischen Survivalhorrors. Im liebevoll gestalteten Sidescroller-Survival-Action-Adventure ist man als Schulmädchen auf der Flucht vor bizarren Albtraumgestalten und muss genretypisch Gegenstände suchen, Monstern ausweichen und ums eigene Leben bangen. Gelungener Comicstil, eine gruselige Atmosphäre und die spannende Handlung machen The Coma 2 zum gelungenen Vertreter der stetig wachsenden Nische asiatischer Horrorspiele.