Klima verhagelt Bauern die Ernte

Weniger Apfelsaft gab es zuletzt 1991

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Trockenheit und Hagelschäden haben letztes Jahr den Apfelbestand dezimiert.(Foto: picture alliance / Frank Rumpenh)

Die Wetterextreme der letzten Jahre lassen die deutschen Apfelsaftquellen versiegen. Hersteller keltern nur noch die Hälfte dessen, was in den letzten Jahren üblich war. Damit erreicht die Produktion den tiefsten Stand seit knapp 30 Jahren. Die Existenz vieler Obstbauern ist bedroht.

In Deutschland ist im vergangenen Jahr so wenig Apfelsaft produziert worden wie seit knapp 30 Jahren nicht mehr. Schuld daran sind Wetterextreme, die die Obstbäume zunehmend unter Stress setzen, wie der Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie mitteilte. Mit 262 Millionen Litern kelterten die Hersteller nur halb so viel Saft wie viele Jahre lang zuvor im Durchschnitt. Nur 1991 lag die Menge mit 216 Millionen Litern noch tiefer.

Schon im April 2017 hatten Fröste zu großen Ernteausfällen geführt. Die Folgen der Minderernte spiegelten sich über die gesamte Saison hinweg nicht nur in den niedrigen Lagerbeständen, sondern auch im hohen Preisniveau wider. "Der jährliche Wechsel zwischen sehr großen Ernten und sehr schwachen Ernten stellt die Fruchtsaftbetriebe vor Herausforderungen", sagte Geschäftsführer Klaus Heitlinger. Bereits im Herbst befürchteten die Obstbauern wegen Hagelschäden und Dürre eine unterdurchschnittliche Ernte, hofften zugleich aber auf mehr oder weniger auskömmliche Einkünfte. Das war wichtig, weil im Vorjahr ein Überangebot die Preise stark gedrückt hatte.

Wegen der Hagelschläge seien 30.000 bis 40.000 Tonnen Tafeläpfel verloren gegangen, so Helwig Schwartau von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Hamburg. Für einzelne Betriebe sei die Situation existenzbedrohend. Nicht alle würden von den steigenden Erzeugerpreisen profitieren. An der knappen Apfelernte seien nicht nur Trockenheit und Hagelschäden schuld, erklärte Schwartau. Auch die so genannte Alternanz spiele eine Rolle: Nachdem die Bäume im vergangenen Jahr sehr reichlich trugen, bräuchten sie in diesem Jahr gewissermaßen eine Ruhepause - mit einem entsprechend geringeren Ertrag.

Brandenburgs Obstbauern kämpfen mit riesigen Ausfällen

Niedersachsen gehörte letztes Jahr zu den Bundesländern, die zumindest örtlich erneut unter großer Trockenheit litten. Für die Apfelerzeuger an der Elbe sei das aber kein Thema, sagte Matthias Görgens von der Obstbauversuchsanstalt Jork der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. "Wir haben hier mehr oder weniger ausreichend Wasser zur Verfügung." Allerdings führe die extreme Sonnenbestrahlung zu Sonnenbrand bei den Äpfeln, die nicht vom Laub verdeckt sind. "Das sind normalerweise die Schönsten." Der Sonnenbrand bei Äpfeln zeige sich in hässlichen Stellen, Verbräunungen und Einsenkungen.

Auch die Apfelernte in Brandenburg war von einer Spätfrostnacht Anfang Mai zu einem großen Teil zunichte gemacht worden. "Dafür gibt es nur ein Wort: Katastrophe", sagte Klaus Henschel, Präsident des Gartenbauverbandes Berlin-Brandenburg. Blüten und Fruchtansätze zersprangen im Frühjahr wie Glas. Schon ausgebildete Früchte fielen wegen Trockenheit dann im Juni von den Bäumen. "Es tut uns weh. Wir wissen noch nicht, wie viele Betriebe das überstehen werden", sagte er. Viele befürchten einen Ausfall von 90 bis 100 Prozent. Die Verluste können noch nicht genau beziffert werden.

Rund 30 Prozent der Ernte gehen durchschnittlich in den Verarbeitungsbereich und werden etwa zur Saftherstellung verwendet. In der Regel werden dafür nicht als Tafeläpfel vermarktbare Früchte genutzt, sagte Schwartau. Die Produktionskosten für Mostäpfel liegen zwischen 35 und 45 Cent pro Kilogramm. Nur mit dem Verkauf der Tafelware könnten die Bauern somit Geld verdienen. Die schlechte Ernte führt dennoch dazu, dass Kunden rund 20 bis 25 Prozent mehr für ihren Saft bezahlen müssen - insbesondere im Bio-Segment.