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Kein britisches Understatement: Brexiteers feierten lautstark den Austritt aus der Europäischen Union.© apa/afp/Glyn Kirk

Triumphgeheul, leise Töne und Wehmut

Die einen feiern, die anderen trauern: Die Briten reagieren unterschiedlich auf den Brexit.

Brüssel/London. Sie konnten und wollten ihre Freude nicht verbergen: Die Brexiteers unter den britischen Abgeordneten zelebrierten ihren Auszug aus dem Europaparlament als großen Triumph: Eine Abordnung aus Abgeordneten der Brexit Party marschierte mit einer britischen Flagge und einem Dudelsackpfeifer an der Spitze am Freitag, dem Tag des Austritts, vor das Gebäude in Brüssel, um dann später einen Zug nach London zu besteigen.

Auf einem mitgeführten Schild stand in goldenen Lettern "Brexodus Express". Die scheidende Europaabgeordnete Ann Widdecombe hielt auf den Stufen des Parlaments eine kurze Ansprache. Um ihr Gehör zu verschaffen, riefen ihre Kollegen und Unterstützer "Order, Order" -wie es der frühere britische Unterhaussprecher John Bercow in den vergangenen Jahren oft tun musste, um wieder Ordnung in die tumultartigen Brexit-Debatten in London zu bringen. "Unsere Pflicht ist erfüllt!", rief die 72-Jährige, die erst seit der Wahl im Mai 2019 im EU-Parlament saß, unter "Yeah"-Rufen ihrer Mitstreiter.

Der Vorsitzende der erst vor einem Jahr gegründeten Brexit Party, Nigel Farage, nahm an der Prozession nicht mehr teil. Farage hatte Brüssel bereits verlassen. Er werde aber weiter dafür kämpfen, dass die EU "abgerissen wird", ließ er wissen.

Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass manche Teilnehmer dieses Triumphzuges im Schottenrock auftraten. Denn in Schottland, wo eine Mehrheit gegen den Brexit gestimmt hatte, feuert der EU-Austritt Unabhängigkeitsbestrebungen an. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon drängt auf ein weiteres Referendum. Die Trauer über den Brexit werde in Schottland "mit Wut gefärbt" sein. Ein unabhängiges Schottland hätte eine "andere, bessere" Zukunft vor sich, verkündete Sturgeon.

Europaflagge angezündet

Um die Gräben, die der Brexit aufgerissen hat, nicht noch mehr zu vertiefen, setzte die Regierung eher auf leise Töne. Offizielle Feiern waren mit Blick auf die zahlreichen Brexit-Gegner nicht angesetzt. In einer Botschaft zum Brexit richtete sich Premier Boris Johnson an beide Seiten. "Unsere Aufgabe als Regierung ist es, dieses Land zusammen- und uns voranzubringen", betonte der Brexit-Befürworter. Der EU-Austritt Großbritanniens sei "kein Ende, sondern ein Anfang".

Lautstark feierten hingegen Brexiteers in London: Sie zogen feiernd mit dem Union Jack durch die Straßen, hielten Palakte mit der Aufschrift "Bye, bye EU" in die Höhe und zündeten gar eine Europaflagge an.

Trauer und Wehmut herrschte hingegen bei EU-Befürwortern. Manche von ihnen hielten Mahnwachen ab. In Hafenstadt Dover haben sie ein riesiges Banner mit der Aufschrift "We still love EU" ("Wir lieben die EU noch immer") installiert. Der Organisator und scheidende EU-Parlamentarier Antony Hook veröffentlichte auf Twitter eine Drohnen-Aufnahme, auf der das knapp 150 Quadratmeter große Transparent oberhalb der berühmten Klippen von Dover zu sehen war. Das "love" war dabei durch eine britische Nationalflagge in Herzform stilisiert.

Gänzlich unaufgeregt verfolgte hingegen Königin Elizabeth II. den Brexit. Sie war auf ihrem Landsitz Sandringham. Die Monarchin mischt sich in der Regel generell nicht in politische Angelegenheiten ein.