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© Olivia Wimmer

Der erste Roman: Die Bäuerin will nicht mehr funktionieren

"Vom Land", geschrieben vom Oberösterreicher Dominik Barta, zeigt ein Dorf im Wandel.

„Vom Land“ erzählt Dominik Barta (Foto oben) in seinem ersten Roman. Der Oberösterreicher ist vom Land, er wird wissen, was es bedeutet.

Zitat:

„Sie lachten nie. Sie lebten wie Zombies in riesigen, leeren Häusern. Stumm mähten sie tagelang den Rasen oder schnitten mit hochrotem Kopf die Hecken. Näherte man sich ihren eingezäunten Grundstücken, fletschten sie knurrend die Zähne. Sie hielten sich nicht nur Hunde. Sie waren selbst wie Hunde.“

In einer anderen Geschichte, noch nicht veröffentlicht, staunt jemand, weil das Dorf an der Grenze seit gestern nicht mehr da ist.

Wo sind die Menschen? – Verschwunden. – Was heißt verschwunden? – Sie sind alle verschwunden, weil sie nicht mehr wollten.

Endlich Wärme

Bei Barta, Jahrgang 1982, ist Theresa das Symbol: Sie rollt sich auf dem Sofa ein, redet nichts, schläft tagelang. Sie mag nicht mehr. Sie hat 40 Jahre mit Arbeit im Stall und auf den Feldern zugedeckt, und nie hat sie Liebe gespürt. Das Sofa steht beim Kamin. Sie braucht endlich Wärme, dringend.

Die Bäuerin ist 60. Ihr Mann, der Bauer, ist ohne Hilfe völlig erledigt. Die erwachsenen Kinder sind längst über alle Berge.

Der alte Bauernhof steht fürs ganze Dorf, das im Wandel ist. Das Alte funktioniert nicht mehr, das Fremde kommt ins Dorf und wird beschimpft, verjagt:

Im Wirtshaus wurden Flüchtlinge einquartiert. Dorfbewohner, sich bisher über die „Verschwulung“ erregend, haben nun neue Opfer gefunden.

Menschen, die sich gerade noch aus dem Krieg in Libyen gerettet haben, werden nun als „Bestien“ bezeichnet, der Pfarrer, der sich für sie einsetzt, no der wird was erleben!

Eine politische Partei, genannt „die Bewegung“, redet mittlerweile ganz offen darüber, dass Hitler Fehler gemacht habe.

Aber bloß einige kleine.

Dominik Bartas Roman ist Bestandsaufnahme, Diagnose und Hoffnungsschimmer. Außerdem ist „Vom Land“ ein schöner Beweis für das Können des Autors:

Wie ruhig und (nur) scheinbar gelassen er registriert, dass alles vor die Hunde geht, wenn man sich nicht arrangiert.

Wie tief er in die Kälte in uns vordringt, ohne dabei selbst zu erkalten.

Dominik Barta: „Vom Land“
Zsolnay Verlag.
176 Seiten.
18,50 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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