Aargauer Kultur
«Mit mehr Geld könnte sich der Aargau besser positionieren»
Er hat die Kultur im Aargau fast 20 Jahre lang geprägt, Thomas Pauli-Gabi (53). Nun wechselt er von der Verwaltung des Kantons Aargau zur Stiftung Bernisches Historisches Museum. Im März räumt er sein Büro in Aarau.
Thomas Pauli
Leiter Abteilung Kultur Kanton Aargau
Thomas Pauli wurde 1966 geboren und lebt in Wildegg. Nach der Matura an der Kantonsschule Solothurn absolvierte er an den Universitäten Bern und Lausanne ein Studium in Geschichte und Archäologie und schloss mit dem Doktorat ab. Ab 2000 leitete er die Grabungen in Vindonissa. Dann baute er den Legionärspfad auf und wurde Leiter des Museums Aargau. Die letzten sechs Jahre verbrachte er im Chefsessel der Abteilung Kultur des Kantons Aargau. Ab Mai 2020 leitet er das Bernisch Historische Museum in Bern.
SRF: Thomas Pauli, ist es Ihnen langweilig geworden im Aargau?
Thomas Pauli: Nein, ich hatte einen sehr interessanten Job im Aargau. Aber ich möchte wieder zu meiner eigentlichen Leidenschaft zurück, zur Archäologie, zur Geschichte und zur Vermittlung. Das Bernisch Historische Museum ist in einer Aufbruchphase, das ist besonders interessant.
Als im Dezember bekannt wurde, dass Sie gehen, sagten Sie, wichtige Vorhaben seien gut aufgegleist. Welche meinen Sie?
Das neue Kulturkonzept macht vieles möglich. Wir haben zum Beispiel das neue Stapferhaus finanziert und die Alte Reithalle in Aarau. Auch andere Projekte sind in der Pipeline. Zum Beispiel ein Projekt zusammen mit den Kantonen Bern, Basel-Land und Solothurn, um die Objekte der kleinen Museen über ein Online-Portal zugänglich zu machen. Und wir wollen die kulturellen Leuchttürme im Aargau besser bekannt machen.
Gibt es denn auch etwas, das Sie im Bereich Kultur nicht erreicht haben?
Wir sind bei der Kulturfinanzierung an 22. Stelle bei den Ausgaben pro Kopf. Das ist eine verpasste Chance. Mit mehr Investitionen könnte sich der Aargau besser im Wettbewerb der Kantone positionieren. Die Schweiz und auch der Aargau werden immer urbaner. Und Urbanität lebt von spannenden Kulturakteuren. Da ist der Aargau gut beraten, in eine lebendige Kultur zu investieren. Wir haben grosse Vorhaben zu finanzieren, zum Beispiel das neue KiFF in Aarau und das Museum Langmatt in Baden. Wir sprechen aber auch vom Projekt «Doppeltür» im Surbtal. Wenn man hier nicht investiert, bleibt der Aargau stehen. Das kann es nicht sein.
Aber die klassische Kultur, zum Beispiel Oper oder Theater, hat immer mehr Konkurrenz. Man kann sich jederzeit einen Film anschauen über Netflix. Das ist häufig spannender als in ein Theaterstück zu gehen, das man nicht versteht. Wie kommt die Kultur besser zu den Leuten?
Kultur muss verständlich sein. Sie muss Themen aufgreifen, die auch den Netflix-Konsumenten interessieren. Und da hat die Kultur in den letzten Jahren eine grosse Entwicklung gemacht punkto Öffnung. Publikumsorientierung wird heute gelebt. Denken Sie an «Blumen für die Kunst» im Kunsthaus Aargau. Dieses Format bringt Menschen ins Kunsthaus, die sonst zu Hause Netflix schauen.
Sie wohnen in Wildegg, arbeiten aber bald in Bern. Bleiben Sie dem Aargau als normaler Kulturkonsument erhalten?
Der Nutz- und Lustgarten von Schloss Wildegg ist einer meiner Lieblingsorte. Einen Sonnenuntergang dort oben mit Sicht auf das Aaretal ist etwas vom Schönsten, das der Aargau zu bieten hat. Dort werde ich sicher noch ab und zu anzutreffen sein. Aber mein neuer Job macht es erforderlich, dass ich über kurz oder lang meinen Lebensmittelpunkt nach Bern verschiebe.
Das Gespräch führte Stefan Ulrich.