RH sieht "hohen Verbesserungsbedarf" bei Leseförderung
Der Rechnungshof (RH) sieht "hohen Verbesserungsbedarf bei der Leseförderung in den Schulen". Trotz des schlechten Abschneidens bei internationalen Studien seien Schulstunden gekürzt worden, moniert der RH in einem am Freitag veröffentlichten Bericht. Dazu komme, dass vielfach Schulbibliotheken fehlten bzw. zum Teil noch mit Büchern in der alten Rechtschreibung bestückt seien.
Für seinen Bericht prüfte der RH in den Schuljahren 2014/15 bis 2017/18 das Bildungsministerium sowie die Länder Salzburg und Niederösterreich. Dazu sah er sich unter anderem Lehrpläne, Erlässe und die diversen nationalen und internationalen Studien zum Thema Lesen an - je nach Altersstufe fielen dabei zwischen 15 und 25 Prozent in die Risikogruppe der schlechten Leser.
Den schlechten Leseleistungen stellt der Rechnungshof die von Ex-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) 2003/04 verordneten Kürzungen der Schulstunden gegenüber. Damals sank etwa an den Volksschulen die Zahl der Wochenstunden von 92 auf 90. Für die Prüfer waren die Auswirkungen der Kürzungen auf die Grundkompetenzen der Schüler "nicht nachvollziehbar": "Die Ergebnisse aus den internationalen Testungen ließen nach Ansicht des RH zumindest nicht den Schluss von verbesserten Schülerleistungen zu." Deshalb empfiehlt er eine Evaluierung der Streichungen.
Statt mit mehr Schulstunden versuchte die Politik, mit einem Österreichischen Rahmenleseplan und in der Schulentwicklung das Thema Lesen anzugehen. Der RH vermisste dabei aber "strukturierte gesamthafte Konzepte" und eine Bündelung der Aktivitäten der zahlreichen Vereine und Institutionen in diesem Bereich. Den Bildungsdirektionen wird nach dem Vorbild Salzburgs geraten, eine zentrale Ansprechperson für den Bereich Lesen zu ernennen.
Nicht zufrieden war der RH auch mit dem vom Bildungsministerium 2017 neu herausgegebenen Grundsatzerlass Lesen. Dieser war selbst offenbar nur schwer zu lesen: "Der RH kritisierte, dass die verknappte, abstrakte Ausrichtung in weiten Teilen des Erlasses die Verständlichkeit und damit die operationale Anwendbarkeit erschwerte. Eine praxisnahe Ausrichtung eines Leseerlasses wäre insofern zweckmäßig, als das Thema Leseerziehung alle Lehrpersonen, die Schulleitung sowie die Tagesbetreuung betrifft, die vielfach nicht auf Lesedidaktik spezialisiert sind. Der Leseerlass sollte so formuliert sein, dass eine breit gefächerte Zielgruppe damit operativ arbeiten kann."
Angesehen hat sich der Rechnungshof auch die Verfügbarkeit sowie die Ausstattung der Schulbibliotheken. So verfügten etwa 72 Prozent der Salzburger Volksschulen über eigene Schulbibliotheken, aber nur 46 Prozent der niederösterreichischen. In beiden Bundesländern fanden sich in diesen übrigens auch noch Bücher mit der alten Rechtschreibung. Der RH empfiehlt den Bildungsdirektionen daher, "die Schulerhalter über die pädagogische Notwendigkeit eines Bibliotheksbestands nach der neuen Rechtschreibung zu informieren".
Das Bildungsministerium will als Reaktion auf den Rechnungshofbericht zur Leseförderung den eigenen Grundsatzerlass zum Lesen "kritisch prüfen" und gegebenenfalls überarbeiten. So soll er besser verständlich werden, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Außerdem sollen Best-Practice-Modelle zur Leseförderung gesichtet und breiter eingesetzt werden.
Im Zuge der derzeitigen Überarbeitung der Lehrpläne sei die Förderung der Lesekompetenz ein wichtiger Eckpunkt, "sowohl im Fach Deutsch als auch als Querschnittskompetenz". Außerdem soll in Zusammenarbeit mit den Pädagogischen Hochschulen die Qualifikation der Lehrer in der Lesedidaktik und - diagnostik erhöht werden.
Die FPÖ macht SPÖ und ÖVP für die festgestellten Mängel verantwortlich, die NEOS fordern echte Bildungsreformen statt "völlig veralteter Konzepte".