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Tierische Schwergewichte: Die Nashörner aus einem Safari-Park agieren als Orakel vor dem Super Bowl zwischen den San Francisco 49ers und Kansas City Chiefs.© dpa/Allen Eyestone/Palm Beach Post v
USA

Super Bowl wird zur Schlacht zwischen Trump und Bloomberg

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Das Mega-Football-Event ist nur ein Beispiel für die massive Politisierung des Sports. Mit dessen Unabhängigkeit, die der US-Präsident lange beschwor, ist es vorbei.

Es ist noch nicht lange her, dass Donald Trump sich um die Unabhängigkeit des Sports sorgte. Insbesondere der Football solle unpolitisch bleiben, war vor zwei Jahren aus dem Weißen Haus zu hören, als Sportler wie der Quarterback Colin Kaepernick die Spiele zu politischen Meinungsäußerungen nutzten und Zeichen gegen Rassismus setzten.

US-Präsident Trump hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: Leute wie Kaepernick gehörten gefeuert, ließ er per Twitter wissen.

Mittlerweile scheint Trump jedoch seine Meinung geändert zu haben, was die Politikfreiheit des Sports angeht. Er selbst besucht wieder öfters Spiele – zuletzt die College Meisterschaft im American Football, bei der er, anders als beim Baseball, stehenden Applaus von der Menge erhielt.

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Bloomberg wirbt für strenge Waffengesetze.© YouTube

Bei Super Bowl am Wochenende in Miami geht Trump sogar noch weiter. Der Präsident begnügt sich nicht damit, das traditionelle TV-Interview des Regierungschefs vor dem Anpfiff zu geben, das er noch vor zwei Jahren verweigert hatte. Trump hat dieses Mal zudem noch tief in seine Wahlkampfkasse gegriffen und für zehn Millionen Dollar einen TV Spot für das Spiel gekauft.

Dass ein amtierender Präsident auf der größten Werbebühne der Welt für seine Wiederwahl die Trommel rührt, ist neu. Barack Obama schaltete zwar 2008 auch einen 30 Sekunden Spot, aber nur in 24 lokalen Sendegebieten. 2016 kauften drei republikanische Kandidaten Werbeminuten, aber ebenfalls nur für bestimmte Staaten.

Wer allerdings glaubt, der Schachzug sei Teil einer ausgeklügelten Wahlkampfstrategie des Präsidenten, der liegt falsch. Donald Trump scheint vielmehr einem Impuls zu folgen, provoziert durch seinen politischen Widersacher Michael Bloomberg.

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Trump wirbt mit sich selbst.© YouTube

Der ehemalige New Yorker Bürgermeister und Medienunternehmer hat im vergangenen November seine eigene Präsidentschaftskandidatur erklärt. Seitdem fährt er eine Kampagne, die nur ein einziges Ziel hat: Trump zu attackieren. Mit seinen demokratischen Mitbewerbern hält er sich erst gar nicht auf und steigt persönlich auch erst spät in den Wahlkampf ein. Sollte er nicht von seiner Partei nominiert werden, das hat er bereits angekündigt, werde er mit aller Kraft den gewählten Kandidaten unterstützen. Bloomberg hat nur ein einziges Ziel - Trump aus dem Amt zu jagen.

Dabei scheut Bloomberg keine Kosten, 200 Millionen hat der Multimilliardär in zwei Monaten bereits ausgegeben. Dabei haben noch nicht einmal die Vorwahlen angefangen.

Trumps Wahlkampfmanager empfehlen, nicht auf die Angriffe von Bloomberg zu reagieren. Doch Trump kann sich nicht zügeln. Nachdem Bloomberg jüngst in einem Clip Trumps abfälligen Umgang mit dem Militär kritisierte, ließ Trump eine lange abfällige Twitter-Tirade gegen Bloomberg los.

So konnte Trump es auch nicht auf sich sitzen lassen, dass Bloomberg für mehr als zehn Millionen Dollar eine Werbeminute während des Super Bowl gekauft hat. Trump fühlte sich bemüßigt, gleich zu ziehen. Von einem anderen New Yorker Unternehmer, der weitaus reicher und erfolgreicher ist als er selbst, ausgestochen zu werden, war für ihn schier unerträglich. Die Milliardärsliste Forbes sieht Bloomberg auf Platz acht mit einem Vermögen von 61,5 Milliarden US-Dollar, Trump dagegen auf Platz 275 mit 3,1 Milliarden US-Dollar.

Superbowl

Der Super Bowlist das Endspiel der National Football League (NFL) in der Sportart American Football. Die 54. Auflage steigt in der Nacht von Sonntag auf Montag zwischen den Kansas City Chiefs und den San Francisco 49ers in Miami. Es ist weltweit das größte TV-Einzel-Sportereignis mit den meisten Zuschauern. 2019 sahen 98 Millionen Menschen das Spiel.

In Deutschlandüberträgt der Sender Pro 7 ab 22.45 Uhr das Spektakel, zu dem auch immer sehr viel Show drumherum gehört. In der Halbzeitpause treten dieses Jahr Shakira und Jennifer Lopez gemeinsam auf.

Nach Markus Koch(1988 und 1992) und Sebastian Vollmer (2015 und 2017) will Mark Nzeocha von den 49ers als dritter Deutscher den Super Bowl gewinnen. (tim)

Nun werden die Werbeminuten während des Superspiels zum politischen Schlachtfeld. Auf dem Spielfeld bleiben derweil politische Meinungsbekundungen verboten – abgesehen vom hyperpatriotischen Zeremoniell zum Anpfiff, inklusive Militärparade und dem Vorbeiflug von Kampfjets. Es ist eine traditionell an die Super-Bowl geknüpfte Demonstration militärischer Macht, die in Zeiten der Eskalation im Nahen Osten jedoch eine beängstigende Dimension erhält.

In dem TV-Duell der Milliardäre hat Trump derweil sicher den Vorteil des Interviews, geführt vom Fox News Moderator Sean Hannity. Hannity gilt als enger Vertrauter Trumps, die beiden telefonieren beinahe täglich. Man sagt, Trumps außenpolitische Entscheidung richtet sich in erster Linie nach Hannitys Kommentaren.

Dennoch wird Bloombergs Botschaft nicht ungehört bleiben. Im vergangenen Jahr schalteten 98 Millionen Zuschauer die Super Bowl an. In einer fragmentierten Medienlandschaft bleibt die Super-Bowl das vielleicht letzte Medienevent, dass die gesamte US-Bevölkerung zusammenbringt.

„Bloomberg fährt eine rein nationale Kampagne und der effizienteste Weg, ein nationales Publikum zu erreichen, ist es immer noch, in einer Sendung mit hoher Quote Werbung zu schalten“, sagt Ken Goldstein, Politologe von der University of San Francisco. Von den übrigen Super Bowl Spots ist nicht zu erwarten, dass sie besonders politisch ausfallen. Nachdem die Werbeindustrie vor drei Jahren, kurz nach dem Amtsantritt von Trump, einen Ausflug ins Politische versucht hatte, ist das Pendel wieder zurückgeschlagen.

Damals stellten sich Coca-Cola, AirBnB und der Bierhersteller Anheuser Bush gegen die Fremdenfeindlichkeit der Trump-Regierung. Doch das Publikum reagierte eher negativ. „Die Leute wollen nicht, dass die Werbung predigt“, sagt Dan Granger, CEO der Werbeagentur Oxford Road.

Hängen bleiben meistens witzige Spots. Und so konzentrieren sich viele Agenturen in diesem Jahr wieder aufs Unterhalten.

Da ist etwa der Porsche Spot, bei dem der Diebstahl eines Porsches aus dem Porsche Museum in Stuttgart zu einer wilden Verfolgungsjagd der Museumsstücke ausartet. Oder der Re-Mix des Grammy-prämierten Hip Hop Stücks „Old Town Road“ von Lil Nas X für Doritos-Mais-Chips, inszeniert als Mini-Westernfilm.

Der einzige explizit politische Spot ist jener der Football Liga NFL selbst. Nach der Auseinandersetzung über Antirassismusbezeugungen während der Nationalhymne hat sich die Liga mit Spielervertretern geeinigt, sich ihrer Anliegen anzunehmen. So ist diesmal ein Video zu sehen, in dem Polizeigewalt gegen Schwarze angeprangert und gleichzeitig gezeigt wird, was die NFL dagegen tut.

Vollkommen unpolitisch wird es indes trotz des Verbots politischer Proteste auch auf dem Spielfeld nicht zugehen. Die San Francisco 49ers gelten als das Team der kalifornischen Parlamentssprecherin Nancy Pelosi. Pelosi ist die Politikerin, die beim Impeachment-Verfahren gegen Trump eine tragende Rolle spielt. Entsprechend werden tendenziell die Sympathien der Fans verteilt sein.

Ganz sauber ist die Trennung zwischen rechts und links auf dem Feld freilich nicht. Der 49ers Verteidiger Nick Bosa hat sich auf Twitter als Trump Verehrer geoutet. Coach Kyle Shanahan hat ihn trotzdem aufgestellt, er wird gebraucht.