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Die Experten in Goslar haben unter anderem über die Verkehrssicherheit von E-Scootern beraten. (Themenbild)

E-Scooter: Verkehrsgerichtstag will Führerschein

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In Goslar ist am Freitag der 58. Deutsche Verkehrsgerichtstag mit Empfehlungen für den Gesetzgeber zu Ende gegangen. Die Experten haben auf der dreitägigen Veranstaltung unter anderem darüber beraten, wie das Fahren mit E-Scootern sicherer werden kann. Sie plädieren dafür, dass E-Scooter-Fahrer eine Art kleinen Führerschein benötigen - ähnlich wie für das Mofafahren. Bislang dürfen E-Scooter ab einem Alter von 14 Jahren genutzt werden, ohne dass die Fahrer nachweisen müssen, geltende Verkehrsregeln zu kennen. Des Weiteren fordern die Experten eine verbindliche Ausrüstung für die Fahrer sowie Blinker für die Roller.

E-Scooter: "Leichter Zugang soll bleiben"
Ein Führerschein für E-Scooter sei "ein bisschen hoch gegriffen", sagt Christine Rettig vom ADAC. Experten beim Verkehrsgerichtstag haben für eine Prüfbescheinigung plädiert.
Informationen zur SendungNiedersachsen 18.00 - 31.01.2020 18:00 Uhr

Regeln für Abstellplätze für E-Roller

Um Verkehrsverstöße ahnden zu können, empfehlen die Experten, dass die Verleihfirmen die Daten der Nutzer erfassen und im Falle von Verstößen an die Polizei weitergeben. Darüber hinaus halten die Teilnehmer der E-Roller-Arbeitsgruppe die derzeitige Abstellpraxis der Scooter für nicht akzeptabel. Sie fordern eine bundesweit einheitliche verbindliche Vorgabe für Abstellplätze sowie den Ausbau von Radwegen, auf denen neben Radfahrern jetzt auch E-Scooter-Fahrer unterwegs sind. Die Experten stellten auch fest, dass die Regeln für die Nutzung von E-Scootern zu wenig bekannt sind. Insbesondere werde die geltende Promillegrenze oft nicht beachtet. Sie liegt ebenso wie bei Autofahrern bei 0,5 Promille. Die Experten plädieren dafür, dass die Verleihfirmen über die Regeln informieren und aufklären. Sie sprechen sich außerdem gegen eine Legalisierung weiterer Elektro-Kleinstfahrzeuge aus, insbesondere solcher ohne Lenkstange.

Punkte für Aggressivität im Straßenverkehr

Eine weitere Arbeitsgruppe hat sich auf dem Verkehrsgerichtstag mit dem Thema Aggressivität im Straßenverkehr beschäftigt. Die Teilnehmer kamen zu dem Ergebnis, dass aggressive Verhaltensweisen die Verkehrssicherheit gefährden. Die Experten fordern deshalb, einen neuen Bußgeldtatbestand für "aggressives Posen" einzuführen, der auch Punkte in Flensburg nach sich zieht. Außerdem müsse der Verkehrserziehung in Schulen mehr Gewicht beigemessen werden. "Wir glauben, je frühzeitiger wir anfangen, umso besser wird es", sagte der Unfallforscher Siegfried Brockmann. Darüber hinaus müssten die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten bei aggressivem Verhalten im Straßenverkehr konsequent ausgeschöpft werden, so die Fachleute.

Längere Probezeit für Fahranfänger gefordert

Eine weitere Empfehlung des Verkehrsgerichtstags an die Politik ist, die Probezeit für Fahranfänger von zwei auf drei Jahre zu verlängern. In dieser Zeit gilt für die jungen Verkehrsteilnehmer ein absolutes Alkoholverbot. Wer allerdings freiwillig an Schulungsmaßnahmen teilnimmt oder auch nach dem 18.Geburtstag beim Fahren von einem Erwachsenen begleitet wird, könne die Probezeit verkürzen, schlagen die Verkehrsexperten vor. Derzeit falle gut ein Drittel der Fahrschüler durch die Führerscheinprüfung - das dürfe aber kein Grund sein, die Anforderungen herabzusetzen.

Empfehlung: Bußgeldverfahren vereinfachen

Auch das Thema Bußgeldverfahren wurde von den Experten beraten. Sie empfehlen, diese einfacher und flexibler zu gestalten. Zudem soll es die Möglichkeit geben, dass Verkehrssünder, die an "verkehrstherapeutischen" Schulungen teilnehmen, nicht ihren Führerschein abgeben müssen. Die Experten fordern außerdem, dass Verfahren gegen Auflagen eingestellt werden können - ähnlich wie im Strafrecht. Beim Thema fiktiver Schadenersatz nach Verkehrsunfällen schlugen die Experten vor, diesen auch künftig zu erhalten. Verkehrsteilnehmer können sich aufgrund eines fiktiven Kostenvoranschlags oder eines Gutachtens den Schaden ersetzen lassen. Es solle den Geschädigten überlassen bleiben, ob sie den Schaden am Ende reparieren lassen oder das Geld behalten, meinten die Fachleute in Goslar.

Gesetzgeber entschiedet über Umsetzung

Alle Empfehlungen sind auf der offiziellen Internetseite des Verkehrsgerichtstags nachzulesen. Insgesamt nahmen rund 1.800 Verkehrsfachleute aus Justiz, Wissenschaft, Verbänden, Industrie, Ministerien und Behörden an der Veranstaltung teil. Ob die Empfehlungen umgesetzt werden, entscheidet der Gesetzgeber. Dieser hat in der Vergangenheit bereits etliche Empfehlungen der Verkehrsexperten übernommen - etwa das Handyverbot am Steuer, den Führerschein ab 17 Jahren und eine Verschärfung des Bußgeldkatalogs.

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