Schnitzlers "Zwischenspiel" in der Josefstadt: Freiheit macht Seelenqualen
Arthur Schnitzlers Komödie „Zwischenspiel“ im Theater in der Josefstadt.
Ist das Ehe-Konzept einer offene Zweierbeziehung im Namen von Freiheit und Ehrlichkeit tragfähig oder bloß Illusion?
Was an der Uraufführung im Burgtheater am 12. Oktober 1905 sehr einhellig kritisiert wurde, ist heute mehr denn je zutreffend: „Zwischenspiel“ ist ein schwaches Stück von Arthur Schnitzler über das Zerbrechen einer Künstlerehe, das nur gute Schauspieler retten können.
Eine Komödie, die der Novelle näher steht als dem Drama. Die trotz geistreich schillernder Wendungen in den Dialogen oft im Dunst der Langatmigkeit verharren.
Die Tiefgründigkeit suggeriert und zu sagen scheint: Alles ist wahr, aber immer auch das Gegenteil.
Ehe-Zwist
Das Pathos der drei Akte des Dichters an der Seelenorgel kann man komisch nehmen, die Heiterkeit als tragisch. Wie man will. Offen bleibt sowieso: Ist alles so gemeint, wie es gesagt ist? Oder ist es ironisch gemeint? Oder ist die Ironie ironisiert?
Schließlich geht es bei dem im Konversationston ausgetragenen Ehekonflikt um Beziehungen, Lebenslügen, falsche Gefühle und Scheinheiligkeiten.
Da haben sich zwei einst sehr geliebt, sich aber jetzt durch die erkaltete Libido nur noch gern. Der Kapellmeister und Komponist Amadeus und seine Frau Cäcilie, eine Opernsängerin, sind einander überdrüssig geworden und schenken einander die große Freiheit, wollen jedoch weiterhin als gute Freunde vereint durchs Leben gehen.
Er bekommt Junggesellen-Rezidive, gönnt sich angenehme Abwechslungen: eine kurze Liaison mit einer Gräfin – und genießt.Sie ersehnt und träumt und flirtet, hat ein bloß platonisches Verhältnis mit einem jungen Fürsten, der ernsthaft die Ehe anstrebt ...
In der Josefstadt setzen das Bühnenbild mit gläsernen Wänden und Spiegeln (Florian Parbs) und die Kostüme (Alexandra Pitz) das Zwischenspiel mit Gräfin und Durchlaucht in ein zeitloses Ambiente. Wobei Rollkoffer beim Reden über Duelle, die ausgetragen werden sollen, doch etwas deplatziert wirken.
Peter Wittenbergs Regie ist konzis und sensibel, setzt ganz und gar auf den Text. Der dreht sich allerdings wie alle Beziehungsdiskussionen, auch im Leben, irgendwann – wie die Drehbühne – im Kreis und hätte bei zweieinhalb Stunden Vorstellungsdauer Kürzungen vertragen.
Erfreulich das Wiederhören des alten Schnitzler-Tons. Bernhard Schir spielt den Amadeus als hypernervösen Künstler, den von Eifersucht Gequälten, der sich wunderbar in den Wirbel seiner Beziehungsnöte hineinredet und dabei schmunzeln macht.
Joseph Lorenz – in der Josefstadt besser aufgehoben als in Reichenau – räumt in der lustigen Figur des Literaten Albertus Rhon, von Schnitzler als zynischer Raisonneur eingesetzt, die Pointen ab.
Maria Köstlinger ist mehr brave Gattin als mondäne Primadonna. Betont kühl und – anders als ihr Ehemann – wählerisch wartet sie erst noch auf den „Richtigen“. Sie lässt sich am Ende auch von keinen Lügen mehr fangen, als sie Amadeus beschwichtigen will: „Wir haben uns nicht betrogen und nicht versöhnt – wir waren frei und haben uns wiedergefunden.“
Aber Amadeus hat Illusionen und nicht begriffen, wie schon Hermann Bahr angemerkt hat: „Man lebt mit einer Frau, hat sie gern und weiß doch eigentlich nichts von ihr, sie kann morgen eine andere sein, über Nacht.“
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