Coronavirus in Deutschland: Verschwörungstheorien zum Coronavirus machen im Netz die Runde
by Südwest Presse Online-Dienste GmbHDie Sache ist doch glasklar: Der Coronavirus bedroht die gesamte Menschheit. Der aggressive Erreger-Mutant, der in Wahrheit im „Wuhan National Biosafety Laboratory“, einem chinesischen Biostoff-Labor, durch missglückte Forschungen am SARS-Virus entstanden ist, breitet sich mit rasender Geschwindigkeit über den Globus aus. Die Medien verschweigen, dass der Virus außer Kontrolle geraten ist, um eine Massenpanik zu verhindern. Doch gibt es genügend Beweise, die die Realität zeigen. Beispielsweise Videos, wie infizierte Menschen im Reich der Mitte auf offener Straße bewusstlos oder gar tot zusammenbrechen. Und irgendwie hat doch Bill Gates bei der ganzen Sache auch noch seine Finger mit im Spiel.
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Aber keine Sorge, das eben genannte Szenario ist nichts weiter als eine der zahlreichen Verschwörungstheorien, die sich aktuell zum Coronavirus im Netz tummeln. Das Schema ist immer das gleiche: Kommt ein brisantes Thema auf, das in seinem Ursprung komplexer und vor allem allgegenwärtig ist, haben Falschmeldungen und Spekulationen Hochkonjunktur. „Es war zu erwarten, dass rund um den Virus zahlreiche Verschwörungstheorien auftauchen werden. Im Fahrwasser der Nachrichten kommen dann vermehrt Falschmeldungen ans Tageslicht, die die Berichterstattung verwässern und diskreditieren“, erklärt Andre Wolf, Kommunikationsexperte der Organisation „Mimikama“ – eine internationale Anlaufstelle und ein Verein zur Aufklärung über Internetbetrug. Sogar Gesundheitsminister Jens Spahn warnte bereits: „Das einzige, was mich beim Coronavirus wirklich beunruhigt, sind Verschwörungstheorien und Falschmeldungen aller Art.“
Misstrauen durch falsche Informationspolitik
Doch was genau bewegt Menschen dazu, mysteriöse Gerüchte, Halbwahrheiten und falsche „Beweise“ zu verbreiten? Ist das Kernproblem womöglich das Misstrauen gegenüber der chinesischen Informationspolitik? Offen und transparent wirkt diese auf den ersten Blick tatsächlich nicht. Schließlich geht man bislang davon aus, dass der Erreger sich von einem Wildtiermarkt in Wuhan aus verbreitet hat. Allerdings gibt es für diese Theorie keinerlei Nachweis. Und genau hier setzen viele Verschwörungstheorien an. Zur Verunsicherung tragen auch Falschmeldungen staatlicher chinesischer Medien bei. So veröffentlichte zuletzt eine Zeitung ein Foto, das angeblich ein neu gebautes Spezialkrankenhaus in Wuhan zeigen soll. Allerdings wurde schnell klar: Das Foto ist eine Fälschung, es wurde aus einem Katalog kopiert.
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„Die Theorien zielen meist auf bestehende Strukturen. Politische Systeme werden als schwach dargestellt, teilweise sogar als Marionetten einer höheren Gewalt oder globalen Verschwörung“, sagt Wolf. Die Falschmeldungen schaffen es so mithilfe des natürlichen Schutzreflexes der Menschen, sich in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren. Auf einmal laufen dann viele Fäden zusammen: Der Vorwurf, Medien würden lügen oder Regierungen ihr Volk täuschen, da sie entweder gar keinen Überblick mehr über den Vorfall haben, oder – andersrum – eine geheime absolute Kontrolle ausüben wollen.
YouTube birgt Gefahren
Besonders auf YouTube machen häufig Videos mit Verschwörungstheorien die Runde. Der dort verwendete Algorithmus drängt den User durch polarisierende Videovorschläge zu immer extremeren Meinungen. So verbreiten sich diese Ansichten auch schnell in der Gesellschaft, denn laut einer Studie des „Pew Research Center“ nutzen rund ein Fünftel aller User das Videoportal als Nachrichtenquelle. Der Knackpunkt: Auf YouTube sind mittlerweile ganze Desinformationsnetzwerke entstanden, in denen sich Verschwörungstheoretiker gegenseitig ihre Thesen bestätigen und auf eine Skandalisierung pochen.
Vor allem zu Beginn größerer emotionaler Themen schwappt oftmals eine riesige Welle mit Verschwörungstheorien und Falschmeldungen durch das World Wide Web. Diese zieht sich meist ein paar Tage oder Wochen, flacht dann nach einem Höhepunkt aber auch wieder ab. Virologe Dr. Jonas Schmidt-Chanasit hat dafür eine Erklärung: „Der Coronavirus ist neu, selbst den Forschern noch teilweise unbekannt. Und alles was neu ist, ist für den Menschen erst einmal schwer greifbar.“ In Kombination mit Angst somit der perfekte Nährboden für unterschiedlichste Gerüchte.
Drei Fragen an Kommunikationsexperte Andre Wolf
Was fasziniert Menschen an Verschwörungstheorien?
Es ist nicht allein die Faszination, sondern häufig auch die Angst, dass die Falschmeldungen am Ende doch wahr sein könnten. Dann setzt ein Schutzreflex ein und Menschen teilen die Falschmeldungen aus der Angst heraus. Man will ja schließlich seine Freunde und Verwandten warnen und in Schutz wissen.
Gibt es Tipps, wie man Verschwörungstheorien überprüfen kann?
Definitiv das eigene Medienverhalten kritisch prüfen. Zudem schauen, ob der Absender seriös ist, oder anonym und ohne Impressum.
Mondlandung, Bielefeld oder der 11. September? Welche Theorie ist am weitesten verbreitet?
Es gibt so viele, teils auch sehr unterhaltsame, Verschwörungstheorien. Man muss aber aufpassen, dass man mit einem gesunden Verstand und etwas Distanz an die Sache herangeht. Denn man kann sich immer merken: Eine gute Verschwörungstheorie ist grundsätzlich in sich selbst schlüssig und besitzt von vornherein Abwehrmechanismen gegenüber widerlegenden Beweisen. max