Kein Android mehr auf Huawei-Smartphones
Huaweis Zukunft: Abschied von Android
Keine Besserung in Sicht: Zwischen Huawei und Google kriselt es weiter heftig. So wie es derzeit aussieht, gibt es kein Happy End und Huawei und Android gehen getrennte Wege. Doch was passiert dann?
by Michael HuchDie Folgen für einen der größten Smartphone-Hersteller weltweit waren kaum absehbar, als US-Präsident Donald Trump am 15. Mai 2019 per Dekret den nationalen Notstand ausrief, um die heimische Telekommunikation vor vermeintlichen Bedrohungen aus dem Ausland zu schützen. Seine Begründung: Huawei stand und steht im Verdacht, der Volksrepublik China bei Spionage zu helfen. Das Dekret untersagte bestimmte geschäftliche Beziehungen zwischen amerikanischen und chinesischen Firmen. Eine der mächtigsten Verbindungen, die dadurch gekappt wurde, ist die Geschäftsbeziehung zwischen Google und Huawei, schließlich lieferten die Amerikaner bis dato mit Android das Betriebssystem für Huawei-Handys.
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Falschmeldungen über Android-Ausstieg bei Huawei?
Laut Medienberichten soll Huawei erklärt haben, dass es kein Zurück mehr zu Android gibt. Huawei Deutschland betont aber, dass es so eine Aussage nicht gibt. Folglich möchte man das auch nicht bestätigen. Vielmehr handelt es sich um ein Missverständnis eines Redakteurs, der die Äußerungen so interpretiert hat. Als Reaktion auf die Berichte gab es von Huawei eine Stellungnahme:
Offizielle Stellungnahme von Huawei
„Ein offenes Android-System sowie Ökosystem ist nach wie vor die erste Wahl von HUAWEI. Wird uns die Nutzung davon allerdings verwehrt, sind wir in der Lage ein eigenes Betriebs- und Ökosystem zu entwickeln.”
Eine offizielle Erklärung seitens Huawei, dass man sich von Android trennt, gibt es also nicht und wird es wohl auch nicht geben, obwohl die Umstände das Android-Ausstiegs-Szenario nahelegen. Nur mit einem eigenen Ökosystem mit Betriebssystem und Apps kommt Huawei aus der Google-Abhängigkeit. Gleichzeitig lässt man sich ein Hintertürchen offen, um kurz- und mittelfristig noch Geräte ohne Einschränkung vertreiben zu können. Strategisch dürfte Android aber nur eine Übergangslösung für die Zeit nach Android sein, die mit dem Mate 30 Pro ja schon begonnen hat.
Problem für US-Firmen – Verschärfung vom Tisch
Unter dem Embargo leidet aber nicht nur Huawei, sondern auch dessen amerikanische Geschäftspartner. Auf Antrag vergab die US-Regierung zwar Lizenzen an Firmen, aber Google wurde offenbar als sicherheitsrelevant eingestuft und ging demzufolge leer aus. Und das war einigen Regierungsvertretern noch nicht genug: Vor wenigen Wochen sprach US-Handelsminister Wilbur Ross noch davon, den Handel weiter einzuschränken. Wie The Verge berichtet, widersprach das Pentagon, weil US-Firmen dadurch weitere Umsatzeinbußen drohten. Huawei gibt sich unterdessen kämpferisch und erklärte, dass die Lagerbestände von US-Bauteilen noch für ein Jahr reichen.
Smartphone-Neuheiten von A bis Z
Bestandsschutz für Huawei-Handys
Seit Trumps Dekret gelten für Huawei zwei Zeitrechnungen. Geräte, die vorher durch Google lizensiert wurden, genießen im Prinzip Bestandsschutz und werden gemäß Huaweis Zukunftsversprechen auch künftig mit Updates versorgt. Apps verschwinden also nicht einfach. Vermeintlich neue Huawei-Handys, die mit allen Google-Apps auf den Markt kommen, sind in Wahrheit Modellvarianten, die es so ähnlich schon gab. Dazu gehören das Huawei P30 Lite New Edition und das Nova 5T. Problematisch wird es bei ganz neuen Modellen.
Neue Huawei-Handys ohne Google-Apps
Das prominenteste Opfer war bisher Huaweis Topmodell Huawei Mate 30 Pro. Es basiert auf dem Open-Source-Teil von Android 10 und wurde durch Apps von Huawei ergänzt. Anstatt Googles Play Store ist beispielsweise Huaweis App Gallery an Bord. Hierzulande ist ein Android-Handy ohne Play Store, Maps, YouTube-App oder Google Pay aber „schwer vermittelbar”. Das Nachrüsten von Google-Apps durch ominöse Backups ist zwar möglich, aber aus Sicherheits- und Kompatibilitätsgründen nicht zu empfehlen. Die kürzlich angekündigte Zusammenarbeit mit Navigationsexperte TomTom könnte kurzfristig immerhin für eine Navigationslösung sorgen. Vielleicht kommt schon das Huawei P40 Pro mit TomTom-Navigation? Längst nicht die einzige Baustelle für Huawei.
Doch kein Zurück zu Android?
Da die US-Regierung das Ultimatum mehrmals verschoben und bisweilen auch gelockert hatte, gab es stets die Hoffnung, dass es sich letztlich doch nur um eine drastische Drohgebärde seitens Trump handelt und dass die Geschäftsbeziehungen zu Google irgendwann wieder aufgenommen werden. Huawei betonte in der Vergangenheit stets, dass man gern an Android festhalten würde. Gleichzeitig bereitete man sich auf eine Zeit nach Android vor. Schon auf der <HDC.2019> (Huawei Developer Conference) stellte Huawei im August 2019 Harmony OS vor. Das Betriebssystem soll alle vernetzten Geräte verbinden und man führte aus, dass es schneller, integrierter und schlanker als Android sei. Konsequenterweise wurde Huaweis Handy-Oberfläche EMUI 10 parallel für Android 10 und Harmony OS entwickelt und angepasst. Dann wurde es stiller um Harmony OS. So schnell, wie Huawei es vermittelte, konnte das Betriebssystem zumindest für Smartphones dann doch nicht fertiggestellt werden.
Huaweis EMUI 10
Kommende Huawei-Handys ohne Android
Die Abkehr von Google wird durch Huaweis jüngste Ankündigung bekräftigt. Mit HMS Core 4.0 und HiAI 3.0 bietet Huawei ein Tool und eine erweiterte Plattform, um Entwicklern die Erstellung von Apps für Huaweis Betriebssystem zu erleichtern. Längst ist klar, dass ein Handy-Ökosystem nur so gut ist, wie seine Apps. Hier hat Huawei trotz 1,3 Millionen registrierter Entwickler noch ein gewaltiges Nachholpotenzial. Huawei investiert Milliarden, um hier weiter Fahrt aufzunehmen.
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Fazit: Mammutaufgabe für Huawei
Während Huawei den Verlust von Google-Apps auf dem heimischen Markt kompensieren kann, muss der Rest der Welt erst an eine Android-Alternative herangeführt werden. Trotz voller „Kriegskasse” stehen die Chinesen damit vor einer Mammutaufgabe, denn schon Kaliber wie Microsoft oder Amazon sind daran gescheitert, ein eigenes Smartphone-Betriebssystem zu etablieren. Und dass es mehr sein muss als eine gute Fotoqualität, haben Microsofts Lumias bereits gezeigt. Huaweis Hoffnung liegt wohl auch etwas auf seiner Open-Source-Strategie, der sich weitere Hersteller anschließen sollen. Mittelfristig wird entscheidend sein, wie sich die USA nach Ablauf der Frist positioniert. Wahrscheinlich bleibt es vorerst beim derzeitigen Status.