Flugzeugbauer

Weltumspannendes Netz der Bestechung: Airbus zahlt Milliardenbuße

Der Flugzeughersteller zahlt rund 3,6 Milliarden Euro wegen jahrelanger Bestechung. Die Staatsanwälte in Paris legen dar, wie und wo Airbus sich so Aufträge sicherte.

by
https://www.handelsblatt.com/images/airbus-a320/25497540/2-format2020.jpg
Airbus A320

In manchen Fällen sei indirekt Geld an die Kunden geflossen, die man gewinnen wollte.(Foto: Reuters)

Paris. Das Pariser Gericht (Tribunal Judiciaire) hat am Freitagnachmittag die Einigung über die Zahlung einer Geldbuße bestätigt, die Airbus mit der französischen Finanz-Staatsanwaltschaft (PNF) erreicht hat. Der Flugzeughersteller zahlt 2,083 Milliarden Euro an den französischen Staat, 983 Millionen an den britischen und 525 Millionen Euro an die USA.

Das Unternehmen verpflichtet sich, während der nächsten drei Jahre die Korrektheit seiner Compliance (Einhaltung des geltenden Rechts) durch die französische Antikorruptionsbehörde (AFA) kontrollieren zu lassen. Derzeit seien die internen Prozeduren zufriedenstellend.

Im Gegenzug wird die seit dem 20. Juli 2016 laufende französisch-britische Untersuchung wegen Bestechung und Korruption eingestellt. Die US-Behörden hatten sich später angeschlossen. Die Einigung ist hinfällig, falls die AFA feststellen sollte, dass Airbus gegen die Auflagen verstößt.

Wie das Unternehmen dem Handelsblatt und anderen Zeitungen erläuterte, wird die gesamte Geldbuße zulasten des Ergebnisses in 2019 gebucht. Ob dennoch ein schmaler Gewinn ausgewiesen werden kann und was die Konsequenzen für die Dividende sind, das sei noch offen. Die Buße muss innerhalb der nächsten zehn Tage bezahlt werden und verringert den Cashflow des laufenden Jahres. Wie Airbus seinen Cash-Bedarf finanzieren wird, sei ebenfalls noch nicht entschieden.

Das Gericht teilte mit, dass Airbus in zahlreichen Fällen im untersuchten Zeitraum zwischen 2004 und 2016 staatliche und private Entscheidungsträger bestochen habe, um an Aufträge für Zivilflugzeuge und Satelliten zu gelangen. Dafür seien Millionen von Euro ausgegeben worden.

Die vom Beginn der Untersuchungen bis heute von Airbus gepflegte Sprachregelung, das Unternehmen selbst habe 2016 das britische Institut für Exportkredite (UKEF) über falsche Angaben im Zusammengang mit Verkaufsagenten informiert, entpuppte sich am Freitag als Unwahrheit. Das Gericht stellt fest, dass UKEF 2016 den französischen Kreditversicherer Coface und anschließend die britische Betrugsbekämpfungsbehörde (SFO) auf zahlreiche Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Verkaufsagenten und die Höhe von deren Bezahlung hingewiesen habe. Erst anschließend sei Airbus selbst tätig geworden.

Verfahren von vor 2016 laufen weiter

Auf Anfrage des Handelsblatts klärte Airbus diesen Widerspruch nicht auf. Es hieß lediglich, man habe die französischen Behörden nicht informieren können – was nicht Gegenstand der verbreiteten Unwahrheit ist – und habe außerdem auf beispielhafte Weise mit den Verfahrensführern kooperiert.

Das Gericht erkennt an, dass das Unternehmen die US-Behörden auf mögliche Verstöße gegen die Vorschriften für den Export von Rüstungsgütern (ITAR) aufmerksam gemacht habe.

Am Rande des Gerichtstermins sagten die Staatsanwälte, Airbus habe Mitarbeiter staatlicher Stellen ebenso wie die von privaten Fluggesellschaften bestochen, um an Aufträge zu kommen. Es ging also um wesentlich mehr als nur falsche Angaben über Verkaufsagenten.

Gilles August, Anwalt von Airbus, sagte, diese Praktiken seien nun vollkommen beendet. Die Staatsanwälte hoben hervor, dass Korruptionsfälle in den Vereinigten Arabischen Emiraten, China, Südkorea, Nepal, Indien, Taiwan, Russland, Saudi-Arabien, Vietnam, Japan, der Türkei, Mexiko, Brasilien, Thailand, Kuweit und Kolumbien untersucht wurden. Das Netz der Bestechung war also weltumspannend.

Wie das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen erfuhr, war eine mittlerweile aufgelöste Einheit namens SMO dafür zuständig, „sich etwas einfallen zu lassen“, wenn die eigene Verkaufsabteilung nicht mehr weiterkam. SMO habe dann beispielsweise Firmen in den Ländern gegründet, in denen man verkaufen wollte.

In manchen Fällen sei indirekt Geld an die Kunden geflossen, die man gewinnen wollte, etwa über Wartungsarbeiten zu deren Gunsten. In anderen Fällen wurden Personen als Teilhaber hineingenommen, die mit den Kunden verbunden waren. Nach einigen Jahren wurden die Firmen wieder geschlossen, mit hohem Verlust für Airbus, während die bestochenen Teilhaber sich gesundgestoßen hatten.

Airbus weigert sich, darüber zu informieren, wer auf welchem Wege bestochen wurde. Das Unternehmen legt aber Wert auf die Feststellung, dass die Compliance heute vorbildlich sei. Man werde nicht versuchen, die für Korruption Verantwortlichen zwecks Schadensersatz heranzuziehen.

Airbus drohen Zivilprozesse

Nach Zahlung der Geldbuße ist Airbus noch nicht aus dem Schneider. Alle Verfahren wegen möglicher Korruption, die bereits vor 2016 anhängig waren, laufen weiter. Das betrifft unter anderem einen großen Auftrag von Saudi-Arabien aus dem Rüstungsbereich. Die Airbus-Tochter GPT soll Millionen an Schmiergeldern bezahlt haben. Das Mutterhaus hat das Unternehmen Mitte 2019 abgewickelt, mit der Folge, dass die Untersuchung sich jetzt direkt gegen Airbus richtet.

Auch von einer anderen Flanke her drohen Airbus weitere Scherereien. Privatpersonen, die sich wegen der korrupten Praktiken geschädigt fühlen, können nun auf zivilrechtlichem Wege gegen Airbus vorgehen.

Noch schlechter sieht es für die Airbus-Manager aus, die für Bestechung und Korruption verantwortlich waren. Eine Gerichtssprecherin sagte dem Handelsblatt, gegen diese laufe weiterhin eine separate Untersuchung. Wie viele Personen das betrifft und ob einige davon noch im Konzern arbeiten, wollte sie nicht mitteilen.

Auch die US-Behörden bestätigten laut Reuters, dass die Verfahren gegen Airbus-Verantwortliche fortgeführt würden. Die Einstellung der Verfahren in Frankreich, Großbritannien und den USA betrifft lediglich Airbus als Unternehmen.

Mehr: Warum Airbus dem Rivalen Boeing davonfliegt