Nach drei Stunden und 33 Minuten zittert der Arm
by Lisa SonnabendEs waren drei Stunden und 33 Minuten gespielt, als Alexander Zverev zu zittern begann. Drei Stunden und 33 Minuten hatte der 22-Jährige gekämpft, war im ersten Grand-Slam-Halbfinale seiner Karriere beeindruckend unbeeindruckt geblieben. Doch nun schlug der deutsche Spieler einen zweiten Aufschlag meterweit ins Aus. Nur wenige Ballwechsel später donnerte er auch noch einen Schmetterball weit neben die Linie. Es lief der Tie-Break im vierten Satz, es war dann doch zu viel für Zverev.
Kurz darauf verwandelte Dominic Thiem seinen zweiten Matchball. 6:3, 4:6, 6:7 (3:7) und 6:7 (4:7) endete die Partie aus Sicht des Deutschen. Zverev hatte eine starke Vorstellung gezeigt, aber das wichtigste Match seiner Karriere dann doch verloren. "Es war vielleicht ein bisschen die Erfahrung", sagte der 26-jährige Thiem nach der Partie: "Er ist ja erst 22, wir müssen nicht mehr lange warten, bis er in sein erstes Grand-Slam-Finale kommt."
Selbstbewusst und konzentriert, ja fast befreit war der Weltranglisten-Siebte Zverev in den vergangenen Tagen aufgetreten - und so begann der 22-Jährige auch gegen Thiem. Zverev gewann die ersten drei Punkte des Matches und schaffte sogleich ein Break. Zwar glich Thiem umgehend aus, doch Zverev war am Anfang der konstantere Spieler. Der Weltranglisten-Fünfte Thiem, der schon zweimal im Finale bei den French Open gestanden hatte, wirkte fahrig. Er haderte mit sich. Ein Doppelfehler des Österreichers bescherte Zverev beim Stand von 3:3 zwei Breakbälle, er nutzte gleich den ersten und nahm Thiem danach noch einmal den Aufschlag ab. Zverev ballte die Faust, blickte zu seiner Box. 6:3 - das war leichter als gedacht.
Thiem wird zielstrebiger
Doch danach wurde es knifflig. Thiem wurde zielstrebiger, die Schläge streute er platzierter. Er schaffte es immer besser, Zverev in lange Ballwechsel zu verstricken. Zverev unterliefen zwei Doppelfehler, Thiem ging in Führung. Der Deutsche kam noch einmal zum 3:3 ran, doch dann gelang Thiem erneut ein Break. Beim Stand von 5:4 servierte der Österreicher zum Satzgewinn. Zverev schmetterte einen Schmetterball von Thiem unerreichbar zurück, er bäumte sich auf, doch vergebens. Mit einem Ass glich Thiem nach Sätzen aus.
Thiem, der im Viertelfinale eindrucksvoll Nadal niedergerungen hatte, galt lange als reiner Sandplatzspezialist. Doch mit seinem Trainer Nicolas Massu arbeitete er an seinem Aufschlag, er spielt nun aggressiver und feierte bereits in den vergangenen Monaten auch auf Hartplatz Erfolge. Bei den ATP-Finals im Dezember bezwang er Novak Djokovic und Roger Federer, im Finale verlor er nur knapp gegen Stefanos Tsitsipas.
Auch im dritten Satz gegen Zverev breakte Thiem früh zum 2:1. Es entwickelte sich kein hochklassiges Match, aber ein enges. Immer wieder gab es Breakbälle. Zverev nutzte schließlich einen und glich zum 3:3 aus. Er brüllte nun wieder, er war zurück. Ging 5:4 in Führung, erkämpfte sich einen Satzball - Thiem wehrte ihn mit einer starken Rückhand longline ab. Noch ein Satzball - diesmal punktete Thiem mit einer unerreichbaren Vorhand und holte das Spiel. Es ging in den Tie-Break - und da erwies sich der Österreicher als schlauerer, geduldigerer Spieler. Nun hatte Thiem drei Satzbälle, er nutzte gleich den ersten. Zverev brachte im dritten Satz 90 Prozent seiner ersten Aufschläge ins Feld - und verlor ihn dennoch. Er ärgerte sich.