Kommentar: Tausch Can gegen Alcácer ist ein Fehler
Dass Borussia Dortmund kurz vor Transferschluss Paco Alcácer abgibt und im Gegenzug Emre Can verpflichtet, ist ein Fehler, die Erklärung von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nicht wirklich nachvollziehbar. Ein Kommentar.
Auf der Jahreshauptversammlung gab sich Hans-Joachim Watzke im November 2019 ungewohnt selbstkritisch: Der BVB hätte im Sommer "definitiv" einen zweiten Stürmer neben Paco Alcácer verpflichten müssen, sagte der Klub-Chef. "Es war ein Fehler von uns. Das haben wir mittlerweile erkannt."
Auf diese Erkenntnis reagierten Dortmunds Bosse mit der Verpflichtung von Jungstar Erling Haaland. Der 1,94 Meter lange, physisch bärenstarke und dennoch erstaunlich dynamische Sturmtank neben dem quirligen Strafraum-Wühler Alcácer - der BVB schien im Angriff für die Rückrunde bestens aufgestellt.
Seit Donnerstagabend ist diese Konstellation schon wieder Geschichte. Alcácer war offenbar nicht bereit, den Schmollwinkel, in den er sich seit einigen Spielen auf der Ersatzbank am Ende der Hinrunde zurückgezogen hatte, zu verlassen. Das Tischtuch zu Trainer Lucien Favre soll zerschnitten gewesen sein, Alcácer im Training häufig Lustlosigkeit zur Schau gestellt haben.
Paco Alcácer verlässt den BVB, Emre Can kommt im Gegenzug
Die fast schon logische Folge: Der BVB erteilte dem 26-jährigen Spanier die Freigabe für einen Wechsel. Spaniens Tabellenachter FC Villarreal schlug zu - für eine Sockelablöse von angeblich rund 23 Millionen Euro, also genau den Betrag, den Dortmund vor nicht allzu langer Zeit inklusive Leihgebühr und Ablöse für Alcácer an den FC Barcelona überwiesen hatte. So weit, so gut, oder zumindest nachvollziehbar.
Wie die schwarz-gelben Macher die Alcácer-Millionen reinvestieren, irritiert allerdings. Denn es wird kein weiterer Stürmer den Weg nach Dortmund finden.
Stattdessen kommt mit Emre Can ein gelernter Mittelfeldspieler, der beim BVB aber angeblich in erster Linie für die wacklige Abwehrzentrale eingeplant ist - und das für kolportierte 25 Millionen Euro Ablöse und ein Jahresgehalt von zehn Millionen Euro.
Kurz zusammengefasst: Die Verantwortlichen haben einen Fehler erkannt, diesen korrigiert - und binnen weniger Wochen den gleichen Fehler ein weiteres Mal gemacht.
Watzkes seltsame Erklärung des Hin und Her
Watzke versuchte, dieses seltsame Hin und Her zu rechtfertigen, indem er beim Branchenkongress SPOBIS darauf verwies, er habe ja lediglich einen "großen, durchschlagskräftigen und schnellen" Mittelstürmer gefordert - und nicht gemeint, der BVB brauche dringend zwei echte Neuner. Man habe ja "in den letzten Wochen vorne auch mit zwei Spitzen mit Sancho und Hazard gespielt".
Dass das vor Weihnachten nicht immer gut funktionierte und fünf der zehn Dortmunder Treffer in der Rückrunde auf das Konto Haalands gehen, verschwieg Watzke geflissentlich.
So ruhen nun die gesamten Sturm-Hoffnungen des BVB für den Titelkampf in Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League auf einem 19-Jährigen und zwei Außenspielern, die nachgewiesen haben, dass das Angriffszentrum nicht ihre Idealposition ist.
Ach ja, Mario Götze ist natürlich auch noch da. Der WM-Held von 2014, dessen Stern einst im offensiven Mittelfeld aufging, spielte unter Favre als Aushilfsstürmer in dieser Saison bislang ganze 579 Minuten.
Tobias Knoop