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Die Brücke wird abtransportiert.Foto: Baumbach
Passagierschifffahrt in Wittenberg

Anleger der MS „Lutherstadt Wittenberg“ ist weg

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   •  Nach der MS „Lutherstadt Wittenberg“ wird nun auch der Anleger verabschiedet.
   •   „Junker Jörg“ tourt ab 2021 nur noch auf der Ostsee.
   •  Warum Jan Harnisch diesen Schritt getan hat.

Wittenberg - Nach den Schiffen verschwindet nun auch der Anleger. Das Kapitel Passagierschifffahrt auf der Elbe bei Wittenberg dürfte sich damit für die nächsten Jahre erledigt haben (wohl gemerkt nicht gemeint sind die Flusskreuzfahrtschiffe großer Reedereien, die auch weiterhin hier festmachen werden).

Am Donnerstagvormittag rollte ein Kranwagen am Hafen an und hievte den schweren Handlauf - die Brücke - auf einen bereit stehenden Laster, der ihn zur Werft nach Roßlau bringen wird. Dorthin soll, wenn es der Wasserstand denn zulässt, auch der zurzeit noch im Hafen liegende Ponton transportiert werden - auf dem Fluss.

Problem Niedrigwasser: Auf der Elbe Fahrten nicht mehr planbar

Jan Harnisch, der inzwischen in Berlin lebt, ist noch einmal nach Wittenberg gekommen, um den endgültigen Abschied von einem seiner großen Projekte zu erleben. Er hatte 2004 den Anleger installieren lassen, um wieder zu beleben, was es schon einmal gab: Passagierschifffahrt von Wittenberg aus. Das hat viele Jahre gut funktioniert, das Motorschiff „Lutherstadt Wittenberg“, das Harnisch erwarb und mit dem größere und kleinere Touren auf der Elbe angeboten wurden, erfreute sich großer Beliebtheit.

„In guten Zeiten hatten wir zwischen 16.000 und 18.000 Passagiere pro Jahr“, erinnert sich der Wittenberger, der später auch ein Kapitänspatent erwarb, um seine Schiffe selber steuern zu können.

Zunehmend größer wurden allerdings die Probleme mit dem Niedrigwasser, manchmal war es auch das Hochwasser. Wochen- und monatelang musste die „Lutherstadt Wittenberg“ pausieren, gut gebuchte Touren fielen aus, Einnahmen fehlten. Zudem hatte Harnisch sich mit dem weit größeren Kabinenschiff „Junker Jörg“ bekanntlich einem weiteren Projekt verschrieben.

Nach einer desaströsen Saison fiel schließlich die Entscheidung, das Motorschiff „Lutherstadt Wittenberg“ nach Polen zu verkaufen - es fährt jetzt bei Stettin auf Oder und Haff und Harnisch sieht es des öfteren dort, wenn er mit „Junker Jörg“ auf Tour ist. „Dem Schiff geht es gut“, kann er konstatieren.

Was hier noch übrig war, ist der Anleger, den Harnisch wie berichtet der Stadt zum Kauf angeboten hatte - für 25.000 Euro. Ein guter Preis, wie er findet. „Ein neuer würde über 100.000 Euro kosten.“ Dass die Stadt das Angebot ausschlug, versteht er nicht.

Der Anleger wäre die Basis gewesen für künftige Initiativen in Sachen Passagierschifffahrt. Zudem hätte die Wassersportgemeinschaft ihn gerne genutzt - nur konnte sie ihn aus finanziellen Gründen nicht kaufen.

Ein bisschen traurig: Junker Jörg demnächst nur noch auf der Ostsee

Das ist vorbei. Für den größeren der beiden Anleger, Harnisch hatte für „Junker Jörg“ einen zweiten erstanden, gibt es bereits einen Interessenten aus Frankfurt am Main, der kleinere sei noch zu haben. Dass er ein bisschen traurig ist über das Ende seines Engagements in Wittenberg, räumt der 55-Jährige ein. Er sagt auch: „Was weg ist, ist weg.“

Also konzentriert sich der Ex-Wittenberger auf „Junker Jörg“. Das Schiff liegt zurzeit in Tangermünde im Winterquartier und wird auf die Saison vorbereitet. Die beginnt in wenigen Wochen, nämlich bereits Mitte März.

Von Tangermünde geht es dann nach Hamburg, im Frühjahr wird die 28 Leute zählende Mannschaft noch auf der Elbe schippern, zum letzten Mal, wie Harnisch erklärt: „Ab 2021 fahren wir nur noch auf der Ostsee.“ Der ständige Trödel mit dem Wasserstand lässt ihn diese Entscheidung treffen.

Dafür funktioniere das Ostsee-Angebot: „Für das Jahr 2021 haben wir schon jetzt 45 Touren im Programm. Das boomt, das ist die Zukunft“, freut sich der Kapitän. Die „Junker Jörg“ ist in einer siebentägigen Tour von Stralsund nach Stralsund unterwegs: über Greifswald, Lauterbach, Peenemünde, Wolgast, Stettin und Swinemünde. Zur Mannschaft des Schiffs gehört im Übrigen auch Lasse, der Sohn von Jan Harnisch, der zeitweise die Touren von MS „Lutherstadt Wittenberg“ übernommen hatte. „Er ist unser Steuermann.“ (mz)