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Wenn das Kind Lernschwierigkeiten hat, sollte hinterfragt werden, woran das liegen kannFoto: picture alliance / Bildagentur-o
Lehrerblog

Hilfe, mein Kind hat Lernschwierigkeiten!

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Frau Bachmayer ist Mitte 30 und Lehrerin. Sie liebt ihren Job – aber natürlich gehen ihr ihre Schüler und Kollegen manchmal richtig auf den Keks. Bei BILD plaudert sie jeden Freitag aus dem Nähkästchen. Da sie dennoch gern ihren Job behalten möchte, bloggt sie anonym als Frau Bachmayer. Ihre Geschichten aber sind echte Geschichten einer garantiert echten Lehrerin – die oft zwischen allen Stühlen sitzt.

Meine noch junge Kollegin Sylvia ist am Boden zerstört. „Die Klassenlehrerin meines Sohnes hat mich gerade angerufen. Sie haben in der Zeugniskonferenz beschlossen, dass mein Sohn einen individuellen Lernplan benötigt, weil er so langsam arbeitet. Wir sollen zum Elterngespräch kommen. Und das schon in der ERSTEN KLASSE!“

Steffi und ich versuchen zu beruhigen. „Ist doch gut, wenn die Lehrerin rechtzeitig deinen Sohn fördert“, versucht es Steffi, aber ich werfe ihr einen bitterbösen Blick zu. Denn noch im ersten Halbjahr der ersten Klasse von rechtzeitig zu sprechen, klingt nicht gerade tröstend.

Wo liegen die Schwierigkeiten in der ersten Klasse?

Vor allem Steffi kann ein Lied davon singen, wie schwierig für viele Kinder der Übergang vom behüteten Kindergarten zur Schule ist. Ihr Sohn Matthi ist zum Glück nun gut in der zweiten Klasse angekommen, aber was hatte sie im ersten halben Jahr über die Probleme mit Hausaufgaben und Matthis Schulunlust gejammert.

Zudem wird von den Kindern in der Grundschule plötzlich einiges erwartet: fachliches Lernen, Konzentration, Leistungsbereitschaft, das Erlernen von Arbeitstechniken, Selbstständigkeit und vieles mehr. Da ist jedes Kind anders entwickelt und einige Kinder, vor allem viele Jungs, brauchen halt etwas länger.

Liegt bei Lernproblemen gleich ein Förderbedarf vor?

Wir versuchen Sylvia weiter zu trösten: „Dein Sohn ist erst sechs, vielleicht braucht er einfach etwas länger Zeit!“ Aber Sylvia schiebt Panik. „Er ist sprachlich und motorisch nicht so weit wie die anderen Kinder. Außerdem ist er immer noch so verträumt, kann sich nicht lange auf etwas konzentrieren und brauche ewig, um seine Stifte herauszuholen, sagt die Klassenlehrerin.“ Sie liest sich den Erlass zum Lernplan durch. „Seht ihr“, sagt sie und zeigt auf den Erlass, „so ein Plan wird nur für begabte oder für Kinder mit Lernproblemen bei einer drohenden Nichtversetzung gemacht. Mein Sohn muss die erste Klasse wiederholen und danach wird er ein Förderkind.“ Sie fängt an zu weinen.

Manche Kinder brauchen einfach mehr Zeit

Ich kann ihre Bedenken sehr gut verstehen. Überall um sich herum hört man: „Mein Kind kann so gut rechnen und mein Kind kann schon vor der Schule lesen!“ Der Leistungsdruck und die Erwartungshaltung sind immens hoch. Aber Kinder sind eben unterschiedlich, vor allem, was ihr Arbeitstempo betrifft und da gibt es durchaus die Möglichkeit, dass Sylvias Sohn Tamme einfach noch nicht in der Schule angekommen ist und mehr Zeit braucht.

Was können Eltern tun?

Eltern wie meine Kollegin Sylvia sollten erst mal abwarten und Bereitschaft zeigen, mit den Lehrern zusammenzuarbeiten. Bei einem Gespräch können Zielvereinbarungen für das Kind vorgenommen werden. Vor allem geht es darum, wie das Kind in der Schule gefördert werden kann. Aber auch, wie Eltern zu Hause unterstützen können.

Der Medienkonsum sollte drastisch eingeschränkt werden. Stattdessen könnten Eltern mit ihrem Kind gemeinsam lesen oder sich vorlesen lassen. Es gibt auch gute Lernspiele, bei denen die Kinder lesen, rechnen oder etwas über Sachunterricht lernen können. Aber hier die Kinder nicht alleine lassen, sondern begleiten. So wie Kinder immer begleitet werden sollten, liebevoll und nicht drohend, auch wenn es in der Schule gerade mal schwierig ist.