Schweizer Aktienmarkt
Börsenwoche im Schnelldurchlauf: Flut hebt nicht länger alle Boote
Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Die Liquiditätsflut, Stadler Rail pokert zu hoch, Givaudan und Barry Callebaut im Kurshoch, Bewegung bei GAM und Zur Rose schnuppert Morgenluft.
by cash InsiderDer cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.
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Ursprünglich wollte die amerikanische Notenbank den heimischen Repo-Markt nur für kurze Zeit stützen. Seit Mittwoch steht nun allerdings fest, dass sie ihn noch bis in den April hinein mit frischgedruckten Dollars versorgen will. Zur Erinnerung: Alleine seit Oktober pumpten die Währungshüter auf diese Weise fast 500 Milliarden Dollar ins Bankensystem - und kauften so 70 Prozent der neu ausgegebenen amerikanischen Staatsanleihen auf.
Da kann Präsident Donald Trump ja eigentlich egal sein, dass die amerikanische Notenbank die Leitzinsen nicht noch weiter senkt - solange sie die im Zuge seiner Wirtschaftspolitik immer höheren Staatschulden mit der Notenpresse bedient. Was die Japaner und die Europäer können, können die Amerikaner sowieso. Und das selbstverständlich wie gewohnt in "XXL".
Wie lange die Finanzmärkte das unrühmliche Spiel der sogenannten Monetarisierung der Staatsschulden noch mitspielen, sei dahingestellt. Was allerdings auffällt: Die (Liquiditäts-)Flut hebt nicht länger alle Boote.
Nur den als konjunkturresistent geltenden Schwergewichten dürfte es zu verdanken sein, dass der Swiss Market Index (SMI) in den letzten Tagen im internationalen Vergleich mit einem blauen Auge davonkam.
Nachdem die beiden SMI-Schwergewichte Roche und Novartis ihre Jahresergebnisse vorlegen und vor allem mit ihren zukunftsgerichteten Aussagen glänzen konnten, ist hierzulande nun erst einmal Durchatmen angesagt. Mit Julius Bär, ABB und Swisscom warten zwar drei weitere grosse Unternehmen mit ihren Zahlenkränzen auf. Allerdings dürften diese den breiten Markt nicht gross bewegen. Vielmehr gilt das Interesse schon jetzt dem bei Nestlé anstehenden Jahresergebnis von Mitte Februar. Der Nahrungsmittelhersteller aus Vevey sieht sich über das vergangene Jahr hinaus hohen Erwartungen gegenübergestellt.
Apropos (zu) hohe Erwartungen: Stadler Rail hat im Vorfeld des Börsengangs vom letzten April hoch gepokert – und verloren. Provisorischen Erhebungen zufolge steigerte der Hersteller von Zugkompositionen den Umsatz im letzten Jahr zwar um ansehnliche 60 Prozent auf 3,2 Milliarden Franken. Nichtsdestotrotz verfehlte er das sich selbst gesteckte Ziel eines Jahresumsatzes von 3,5 Milliarden Franken klar. Das bleibt nicht ohne Folgen für die operative Marge, die mit rund 6 Prozent ebenfalls hinter den kürzlich noch in Aussicht gestellten 7 Prozent hinterher hinkt.
Die UBS als Hauptverantwortliche des Börsengangs hatte das Unheil kommen sehen. Erst vor wenigen Wochen wartete die Grossbank letztmals mit mahnenden Worten auf. Doch selbst UBS-Analyst Fabian Haecki muss seine Gewinnschätzungen auf Basis des vorliegenden Zahlenkranzes noch einmal mit dem dicken Rotstift überarbeiten.
Als erfolgreicher Unternehmer weiss Firmenpatron Peter Spuhler: Das wohl wertvollste Gut eines an der Börse kotierten Unternehmens ist die Glaubwürdigkeit. Und gleich noch etwas dürfte ihm bewusst geworden sein: Randvolle Auftragsbücher sind das eine, daraus Umsätze und Gewinne zu generieren etwas völlig anderes. Und gerade daran wird Stadler Rail zukünftig wohl gemessen werden.
Die Ergebnisenttäuschung setzt den Aktien von Stadler Rail sichtlich zu (Quelle: www.cash.ch)
Wie makellose Umsetzung des Tagesgeschäfts geht, lässt sich bei Givaudan abschauen. Obwohl das seit einer Woche bekannte Jahresergebnis den hohen Erwartungen nicht ganz gerecht wurde, liegen die Aktien weiterhin gut im Markt. Meine Londoner Quellen orten die Käuferschaft in Übersee, wo der ebenfalls als konjunkturresistent geltende Aromen- und Duftstoffhersteller angesichts wiedererwachter Konjunkturängste bestens ins Beuteschema dortiger Grossinvestoren passt.
Dasselbe gilt übrigens für die Papiere von Barry Callebaut. Allerdings trennten sich ein oder mehrere Verwaltungsräte des Schokoladenherstellers in den letzten Tagen von Titelbeständen mit einem Marktwert von mehr als 20 Millionen Franken. Zur Erinnerung: Mitte November veräusserte die Familie Jacobs einen Teil ihres Aktienpakets. Zu aktuellen Kursen würden die Ankeraktionäre fast 200 Franken mehr für jeden Titel lösen.
Der Himmel ist das Limit: Kursentwicklung der Givaudan-Aktien über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)
Meines Erachtens sind die Titelverkäufe aus dem Verwaltungsrat ein unmissverständliches Signal dafür, dass der Aktienkurs zuletzt wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen ist.
Und wenn wir schon bei Aktienplatzierungen sind: Zu einer solchen konnte sich nun endlich auch KWE Beteiligungen bei Zur Rose durchringen. Die Grossaktionärin zieht sich ganz zurück und platziert ihre 10,3 Prozent an der Versand-Apotheke zu Kursen von 115 Franken bei neuen Investoren.
Das hatte sich nach dem überraschenden Ausscheiden der beiden Aktionärsvertreter aus dem Verwaltungsrat bereits abgezeichnet und überrascht eigentlich nicht. Die Frage lautete deshalb nicht ob, sondern vielmehr wann sich KWE Beteiligungen vom Aktienpaket trennt.
Mit der Aktienplatzierung fällt bei Zur Rose ein wichtiger Unsicherheitsfaktor weg. Nun muss die Versand-Apotheke den Beweis antreten, das aggressive - teils über Firmenakquisitionen erkaufte - Wachstum in Gewinne ummünzen zu können. Erst wenn dieser Beweis erbracht ist, dürften die Aktien zu alten Höchstkursen zurückkehren.
Weiterhin auf der Intensivstation liegt GAM. Dort gibt es mit Krupa Global Investments seit wenigen Tagen einen Besucher, der dem mit hausgemachten Problemen kämpfenden Vermögensverwalter nicht mehr von der Seite weicht. Die Tschechen - eigenen Angaben zufolge halten sie über Aktien und Derivate knapp 3 Prozent der Stimmen – fordern mehr Mitsprachemöglichkeiten für die Aktionäre.
Als die Schweizer Börse SIX am gestrigen Donnerstag eine Strafe in Höhe von 500'000 Franken gegen GAM verhängte, gerieten die Aktien des Vermögensverwalters im frühen Handel unter starken Verkaufsdruck. Im weiteren Tagesverlauf wurden die Abgaben dann zusehends absorbiert. Daraus schliesse ich, dass sich Trittbrettfahrer einnisten. Vielleicht bringe ich diesbezüglich ja erste Namen in Erfahrung.
Ausserdem bin ich gespannt, ob Stadler Rail verziehen wird. Schliesslich verzeiht die Börse momentan fast alles. Mehr zu diesem Thema kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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