Was ist „unzumutbare Härte“?: BGH mahnt Gerichte: Eigenbedarfskündigungen genauer prüfen
by Südwest Presse Online-Dienste GmbHDer Bundesgerichtshof (BGH) mahnt die Gerichte zu einer gründlicheren Prüfung von Mieterkündigungen wegen Eigenbedarfs. Alle Umstände des Einzelfalls müssen genau angeschaut werden, wie aus einem am Freitag in Karlsruhe veröffentlichten Urteil hervorgeht.
Eine schematische Betrachtung verbiete sich. Denn auch bei ähnlichen Sachverhalten könnten mal die Interessen des Vermieters, mal die Interessen des Mieters überwiegen. (Az. VIII ZR 144/19)
Ein Streit aus dem Frankfurter Umland muss nun noch einmal verhandelt werden. Dort soll eine Familie mit fünf teils noch minderjährigen Kindern aus ihrer Mietwohnung ausziehen. Das Mehrfamilienhaus wurde 2016 verkauft. Die neuen Eigentümer wollen selbst in die Vier-Zimmer-Wohnung im ersten Stock ziehen und sie mit einer weiteren Wohnung im Dachgeschoss verbinden. Auch zu dieser Familie gehören drei Kinder. Außerdem soll die Großmutter mit ins Haus ziehen.
Das Frankfurter Landgericht hatte in der Kündigung eine unzumutbare Härte gesehen und entschieden, dass die Mieter auf unbestimmte Zeit bleiben dürfen. Die Mieter hatten vorgebracht, dass sie wegen der vielen Kinder und ihrer ausländischen Abstammung Probleme hätten, eine andere Wohnung zu finden. Das reicht dem BGH nicht.
Das Landgericht hätte sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der Familie genauer anschauen müssen, heißt es in dem Urteil. Außerdem hätten die Richter die neuen Eigentümer nicht auf Ferienwohnungen im Erdgeschoss verweisen dürfen. Die beabsichtigte Lebensplanung des Vermieters sei grundsätzlich zu respektieren.
Die obersten Zivilrichter des BGH fordern schon länger dazu auf, bei Eigenbedarfskündigungen genauer hinzusehen. Im Mai 2019 hatten sie klargestellt, dass ein hohes Alter des Mieters oder eine lange Wohndauer nicht automatisch ein Hindernisgrund sind.