Cro macht's ganz "Easy"

Die Entstehung eines reflektierten Rappers

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Cro präsentiert sich in seinen Texten neuerdings ehrlich, reflektiert und erwachsen.(Foto: imago images / Christian Grube)

Mit seiner Pandamaske und Gute-Laune-Hip-Hop-Pop-Musik katapultiert sich Cro im Jahr 2011 in die Herzen vieler Teenager. Seit seinem dritten Album präsentiert sich der Rapper in seinen Texten zwar reflektierter, sein "inneres Kind" hat er aber auch an seinem 30. Geburtstag noch nicht verloren.

Als Cro Ende 2011 auf der musikalischen Bildfläche erscheint, adelt Jan Delay ihn in einem Post bei Facebook mit den Worten: "... und hier ist die Zukunft von Deutsch-Rap!" Darunter ist ein Musikvideo zu sehen, das einen jungen Künstler mit einer Pandamaske beim Rappen zeigt. Es sollte der Start einer imposanten Karriere werden. Am heutigen Freitag, den 31. Januar 2020, feiert Carlo Waibel, wie Cro gebürtig heißt, seinen 30. Geburtstag.

Mit einer neuen Leichtigkeit öffnet Cro gleich zu Beginn der letzten Dekade die Türen für den heutigen State of the Art im deutschen Hip-Hop: melodiöse und tanzbare Beats sowie einfach zu konsumierende Zeilen für den Hörer.

Nach jahrelanger Dominanz durch Gangster- und Straßenrap ist deutschsprachiger Hip-Hop Ende der 2000er davon übersättigt. Die Hauptprotagonisten Bushido und Sido teilen den Kuchen bis dato fast im Alleingang unter sich auf. Der Szene fehlt ein Künstler, der Lockerheit und gute Laune in seinen Texten einbringt. Dieser Künstler sollte Cro sein. Ihm gelingt es sozusagen "Easy" - womit er nicht nur einen Megahit landet, sondern auch seine eigene Erfolgsgeschichte ins Rollen bringt.

Maske als Marketing-Tool?

Das wichtigste Puzzlestück dabei: seine Pandamaske. Oder vielmehr die Strategie, die dahintersteckt. Nachdem Cro die Mittlere Reife in der baden-württembergischen Kleinstadt Aalen absolviert hat, erweitert er sein Wissen über Markenaufbau während einer Ausbildung zum Mediengestalter. Dort ist nicht nur sein Können in grafischer Hinsicht gefragt. Cro bekommt auch einen Blick auf das Gesamtbild eines Künstlers in der Öffentlichkeit.

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Geheimnis gelüftet! So sieht Cro ohne Maske aus.(Foto: imago images / Christian Grube)

Musikalisches Talent bleibt in der Branche das A und O. Für Cro eine ziemlich sichere Bank, denn er beginnt bereits in seinem zehnten Lebensjahr damit, Musik aufzunehmen, lernt Gitarre und Klavier spielen. Aber auch das Image eines Künstlers wird immer wichtiger. Dass sich ein Rapper eine Maske aufsetzt und damit in aller Munde ist, nutzte bereits Sido Jahre zuvor als erfolgreiches Marketing-Tool. Cro zieht nach. Er setzt sich ebenfalls eine Maske auf und macht damit automatisch neugierig. Wer ist dieser Typ, der mit Pandamaske auf dem Kopf in Videoclips so locker und lässig daherkommt?

Wie Cro 2019 in einem Interview mit "The Red Bulletin" sagte, verfolgt er mit der Maske auch den "Wunsch, die Aufmerksamkeit auf die Kunst, statt auf die Person zu lenken". Die Kunst bewegt sich zu Beginn irgendwo zwischen Rap- und Popmusik. Cro nennt die bunte Mischung kurzerhand "Raop", womit auch sein Debütalbum einen Namen bekommt. Damit holt er Fünffach-Gold und bleibt insgesamt 85 Wochen in den Albumcharts. Viel wichtiger: Cro trifft einen Nerv bei den Frühgeborenen der Generation Z. In seinen Texten geht es oft um die Liebe, Feiern, Geld oder Reisen - alles Themen, die junge Leute interessieren. 2014 legt er mit "Melodie" eine nicht minder erfolgreiche Platte nach.

Til-Schweiger-Film floppt an den Kinokassen

In der Folge weitet Cro seine Popularität auch auf andere Felder aus. Er bringt mit "VioVio" sein eigenes Klamottenlabel voran, wird Werbestar, unter anderem bei Adidas und McDonald's, wo sogar kurzzeitig ein Burger nach ihm und zwei seiner Rapkollegen benannt ist. Musikalisch wird Cro 2015 die Ehre zuteil, ein MTV Unplugged Konzert spielen zu dürfen. Bis heute ist er neben der Band Die Fantastischen Vier, Sido, Max Herre und Samy Deluxe nur einer von fünf Rappern, denen das gelungen ist.

Weniger gut gelungen ist Cros erster Film, der 2016 in die deutschen Kinos kam. "Unsere Zeit ist jetzt" greift Cros Karriere bis dato auf, der Rapper spielt sich darin selbst. Für die Produktion zeichnete unter anderem Til Schweiger verantwortlich, doch der Film bleibt mit 40.000 Zuschauern weit hinter den Erwartungen zurück. Cro sagte in einem Interview mit dem Hip-Hop-Magazin "Juice" 2017 zum Film-Flop: "Der Film war geil, aber es waren zu viele Köche involviert. Deswegen stand ich auch nicht hundertprozentig dahinter. 'Unsere Zeit ist jetzt' zeigt gar nicht richtig unseren Lifestyle. Das ist schade. Er wurde ein bisschen 'verTilt'".

"Es gibt nichts Schlimmeres als Stillstand"

Bei weitem kein Grund für Cro, den Pandamaskenkopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil: 2017 kommt Carlo Waibel mit neuer Energie zurück - als Musiker, aber vor allem als Mensch. Auf seinem dritten Studioalbum "tru." streift er den jugendlichen Leichtsinn in Songs wie "Baum" oder "Unendlichkeit" ein gutes Stück ab und präsentiert sich in seinen Texten ehrlich, reflektiert und erwachsener.

Damit gewinnt er vielleicht nicht mehr die Teenies für sich, aber er wird für andere Zielgruppen entsprechend greifbarer. Dazu passt, dass er inzwischen die Maske gewechselt hat. Sie ist nur noch schlicht in Weiß gehalten, ohne die auffälligen Pandaaugen oder andere Ausschmückungen.

Im Zuge seines Albums fragte "Juice" Cro, ob er denn nun erwachsen sei. Seine Antwort beschreibt seine Pionierrolle in der deutschen Musiklandschaft ziemlich treffend: "Ich habe mein inneres Kind auf jeden Fall noch nicht verloren. Es gibt nichts Schlimmeres als Stillstand. Ich probiere die ganze Zeit etwas Neues und bin am Rumexperimentieren. Wenn die ganze Welt nach rechts schaut, dann komme ich von links." Bleibt nur noch die Frage, ob in Zukunft mit oder ohne Pandamaske ...