Füchse starten in die Bundesliga
Von schlaflosen Nächten und offenen Rechnungen
by Marius DobersVelimir Petkovics Zeit als Füchse-Trainer neigt sich dem Ende zu. Doch er hat noch viel vor: In der Bundesliga befinden sich die Berliner in Schlagdistanz zur Tabellenspitze. Zudem findet das Final Four des EHF-Pokals dieses Jahr wieder in Berlin statt. Von Marius Dobers
Velimir Petkovic wirkt gut gelaunt bei der Presserunde am Dienstagvormittag. Ob er da schon etwas von der Verpflichtung des Spaniers Javier Munoz Cabezons am nächsten Tag wusste? Der 27-jährige Rechtsaußen kommt für ein halbes Jahr vom slowakischen Champions League-Teilnehmer Tatran Presov - er soll bis zum Sommer den Ausfall von Mattias Zachrisson kompensieren und Leistungsträger Hans Lindberg entlasten.
Stefan Kretzschmar, seit Beginn des Jahres neuer Füchse-Sportvorstand, beschreibt den Neuzugang als "körperlich starken Spieler, der uns mit vielen Wurfvarianten überzeugt hat". Neben Zachrisson fallen zudem Simon Ernst (Kreuzbandriss) und Nationalspieler Fabian Wiede (Schulter-OP) in den nächsten Monaten aus.
Die nächsten Spiele
Handball-Bundesliga
Füchse - Balingen-Weilstetten (Sonntag, 2. Februar, 16 Uhr)
Ludwigsburg - Füchse (Donnerstag, 6. Februar, 19 Uhr)
Füchse - Magdeburg (Sonntag, 16. Februar, 14:05 Uhr)
Erschwerte, aber bekannte Startbedingungen
Die Verletztensituation bereitet dem 63-jährigen Petkovic nach eigenen Angaben schlaflose Nächte. Die Abstellungen für die Europameisterschaft hingegen gehören zum Programm dazu: "Es ist ja bekannt, dass es im Januar in Berlin schwer ist mit den Jungs zu trainieren, wenn eine EM oder WM stattfindet. Du hast keine komplette Mannschaft, aber das ist für uns nichts Neues", gibt er zu verstehen.
Die Umstände sorgten dennoch für einen sogar noch kleineren Kader in der Vorbereitung. Es wurde daher vermehrt individuell und in Kleingruppen trainiert. Viele Kraft- und Ausdauerübungen fanden so ihren Weg ins Training. Vergangene Woche stand sogar eine gemeinsame Trainingseinheit mit der Mannschaft von Zaglebie Lubin aus Polen auf dem Programm, die vom langjährigen Fuchs Bartlomiej Jaszka (2007-2016) trainiert wird.
Füchse haben noch eine Rechnung offen
Seit Donnerstag sollten sich aber alle EM-Fahrer wieder im Training befinden. Auch Paul Drux, der die Europameisterschaft mit der deutschen Auswahl auf Platz 5 beendete. Die intensive Vorbereitungsphase für das erste Spiel nach der Pause wäre somit eingeläutet. Am Sonntag um 16 Uhr erwartet man dann mit der HSG Balingen-Weilstetten in der Max-Schmeling-Halle einen Gegner, mit dem man noch eine Rechnung zu begleichen hat. Das Hinspiel im Oktober verlor man mit 30:31. Petkovic warnt vor den Gästen: "Da ist viel Qualität in dieser Mannschaft. Ein kämpferisch sehr starkes Team, mit ein paar Individualisten, die bereits bei großen Vereinen gespielt haben. Sie haben auch ein paar Spieler, welche sicher auch in meiner Mannschaft in der ersten Sechs spielen könnten."
"Die Liga ist einfach stark geworden"
Torgarant Hans Lindberg möchte Revanche für das Hinspiel. "Sie haben schon große Spiele geliefert. Vor allem zuhause, da haben wir ja selbst verloren. Aber jetzt spielen wir zuhause und wollen zeigen, dass keiner einfach in die Max-Schmeling-Halle kommen und Punkte mitnehmen kann." Der 38-jährige Routinier mahnt dennoch an: "Die vermeintlich schwächeren Gegner, die gibt es so einfach nicht in der Bundesliga. Die Liga ist einfach so stark geworden." Volle Konzentration sei also von der Mannschaft gefordert, wenn man die Saison mit dem größtmöglichen Erfolg beenden möchte.
Tabelle lädt zum Träumen ein
Doch was wäre dieser größtmögliche Erfolg? Eine klar definierte Platzierung ist nach außen nicht kommuniziert worden. Derzeit steht man auf dem fünften Rang. Die unmittelbare Nähe zur Tabellenspitze lässt das eine oder andere Fan- und Spielerherz sicher höherschlagen. Hans Lindberg dazu: "Das ist zwar alles sehr eng oben, aber die Hinrunde hat bewiesen, dass wir uns immer auf das Spiel konzentrieren sollten, das wir direkt vor der Nase haben. Grundsätzlich haben wir gute Möglichkeiten ganz oben mitzuspielen."
Trainer Petkovic fasst die Vision für das kommende Halbjahr folgendermaßen zusammen: "Eine bestmögliche Platzierung in der Bundesliga und das Erreichen des EHF-Cup-Final Fours hier in Berlin. Das nächste Ziel wäre dann, das Final Four zu gewinnen." Bereits 2015 gelang den Füchsen ein solcher Heimtriumph. Damals gewann man mit 30:27 gegen den HSV Handball.
Petkovic zum Abschied: "Der kommt, wenn er kommt"
Es ist noch eine Menge möglich in den kommenden Monaten. Der Gewinn eines Titels wäre der krönende Abschluss von Petkovics dreieinhalbjähriger Amtszeit in Berlin. Im Dezember 2016 trat er die Nachfolge von Erlingur Richardsson an. Die Aussicht auf die potenziellen Erfolge dominierten derzeit die Gedankenwelt des Trainers: "Jeder weiß: Das sind große, schwer erreichbare Ziele. Aber wir werden alles geben und investieren, um sie zu erreichen. Deshalb habe ich auch überhaupt keine Zeit, an so was wie meinen Abschied hier zu denken. Der kommt, wenn er kommt."
Spätestens dann, wenn Trainertalent Jaro Siewert das Team im Sommer übernehmen wird. Der 26-Jährige könnte auf ein Team stoßen, das seinen bisherigen Coach mit einem Titel verabschiedet hat. Ein Szenario, mit dem alle Beteiligten sicher leben könnten.
Sendung: rbb UM6, 02.02.2020, 18 Uhr