Daisys Tearoom & Garden

Warum man sich beim „High Tea" in Zündorf fühlt wie in England

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Köln - Die Gäste reden oft automatisch Englisch mit mir“, sagt Angelika Fenna (50). „Dann bringe ich es gar nicht übers Herz zu sagen, dass ich Deutsche bin.“ In der Tat fühlt man sich in dem geduckten Fachwerkhaus, das in den Gässchen von Zündorf noch winziger erscheint als die ohnehin kleinen Fischerhäuschen, sofort in ein Cottage in einem britischen Dörfchen versetzt. Niedrige Türpfosten, Balken unter der Decke und jede Menge Großmutter-Geschirr. Nur 22 Plätze hat der Tearoom, ein paar vor dem Haus kommen dazu.

„Wir haben Stammgäste, die kommen jeden Tag aus Bergisch Gladbach“, sagt Paul Fenna (49), der in Manchester und Liverpool aufgewachsen ist. Was die Leute anzieht? „Wir denken, es ist das Altmodische, das Gemütliche, das Ruhige“, sagt er. Die meisten Besucher erzählen begeistert von ihren England-Urlauben und freuen sich, hier etwas wiederzuerkennen. Im April 2018 hat Ehepaar das Daisys eröffnet, seitdem stehen die Leute Schlange.

Game of Scones

Vielleicht auch, weil der berühmte High Tea, den es in Großbritannien erst ab 17 Uhr gibt, hier den ganzen Tag serviert wird. Er besteht natürlich aus einer Kanne Tee und einer prächtig gefüllten Etagere – wie auf unserem Bild zu sehen – mit dreierlei hauchdünner Sandwiches mit Lachs, Salatgurke und gekochtem Schinken, frisch gebackenen Scones, Erdbeermarmelade, Clotted Cream und kleinen Küchlein – dazu gibt es Champagner.

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Foto: Martina Goyert

Die Scones backt Angelika Fenna selbst. „Das ist mein Geheimrezept.“ Gefachsimpelt wird mit den Gästen dann gerne, ob zunächst die Clotted Cream oder die Marmelade auf das aufgeschnittene Gebäck gegeben wird. Das ist eine Art Glaubenskrieg, auch „Game of Scones“ genannt. Die Wurst für die Sandwiches kommt von der Metzgerei Hennes aus Zündorf und Marmelade von der Marmeladenmanufaktur Leeser in Langel. „Wir wollen damit dazu beitragen, unser Dorf zu erhalten und lokale Zulieferer fördern“, sagt Angelika Fenna. Auch die Clotted Cream ist kölsch.

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Vielen Gästen hier gefällt das Altmodische und Gemütliche.Foto: Martina Goyert

Der dicke Rahm wird ursprünglich in einem aufwendigen Verfahren aus roher Kuhmilch hergestellt. Dabei wird die Milch in flachen Pfannen erhitzt und für mehrere Stunden stehen gelassen. In dieser Zeit sammelt sich der Rahm an der Oberfläche und bildet Klümpchen. „Das macht natürlich heutzutage keiner mehr.“ In der Regel wird der Rahm fertig in Gläsern verkauft. „Mit der Lieferung könnte es allerdings nach dem Brexit Schwierigkeiten geben.“ Angelika Fenna stellt ihre Clotted Cream aber ohnehin lieber selber her. Es ist eine Mischung aus Mascarpone und Sahne. Die Tische sind nach Blumen benannt – entsprechende Teller sind aufgestellt. „Ich finde es einfach schöner, wenn es heißt: Tulip oder Rose wollen bezahlen, als wenn wir Nummern durch den Raum rufen“, sagt Angelika Fenna.

Clotted-Cream-Lieferung könnte schwierig werden

In Großbritannien wird eigentlich nur schwarzer Tee getrunken. „A cup of tea solves everything – mit einer Tasse Tee ist die Welt in Ordnung“, heißt es. Für die deutschen Gäste bieten die Fennas aber auch jede Menge aromatisierte Tees an. Alle natürlich lose und nicht im Beutel.

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Die Fennas unterstützen auch lokale Geschäfte.Foto: Martina Goyert

Deutschland und Großbritannien – ein bisschen verschiedene Welten sind es schon. Vor allem wegen des Brexits. Für Paul Fenna hatte das ganz konkrete Auswirkungen. Seit November letzten Jahres hat er nun auch die deutsche Staatsbürgerschaft. „Ich glaube nicht, dass man mich rausschmeißen würde, aber da war doch eine gewisse Unsicherheit“, sagt er. Jede Menge Unterlagen musste er einreichen und hat dann in den Räumen der Kölner Volkshochschule am Neumarkt die Prüfung abgelegt. Dazu gehörte auch eine Konversation auf Deutsch. „Ich hatte eine Chinesin als Partnerin und habe kein Wort verstanden“, lacht er. Ob die Chinesin bestanden hat, weiß er nicht. Aber bei ihm war es kein Problem. Ausschlaggebend, glaubt das Ehepaar, war aber wohl auch, dass die Fennas selbstständig sind und jede Menge Steuern bezahlen – und damit dem deutschen Staat nicht auf der Tasche liegen.

Gäste fragen nach Brexit

Denn hauptberuflich führt das Paar eine Firma für Bodenbeläge und ist spezialisiert auf die Ausstattung von gehobenen Hotels. Er ist auf Baustellen unterwegs, sie macht Vertragsabschlüsse und Buchhaltung. Nur an den Wochenenden sind sie dann selbst im Daisys, in der Woche übernehmen Angestellte – auch aus Zündorf. Dass sie selbst eigentlich nie frei haben, stört sie nicht. Zu sehr liegt ihnen der Tearoom am Herzen. „Daisys“ haben sie ihn übrigens genannt, weil das weiblich ist und leicht auszusprechen.

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„A cup of tea solves everything – mit einer Tasse Tee ist die Welt in Ordnung“, heißt es.Foto: Martina Goyert

Natürlich fragen die Gäste auch oft nach dem Brexit. Glücklich ist das Ehepaar über den Bruch mit Europa nicht. Ihre Analyse: „Je ärmer die Leute, desto eher haben sie für den Brexit gestimmt.“ Und: „Viele wollen einfach, dass es wieder so ist wie vor dem Krieg. »Wir wollen wieder wir sein«, sagen sie.“ Aber die Fennas rufen zur Gelassenheit auf. „Wir sollten jetzt nicht alle gegen England sein, sondern erwachsen mit dem Thema umgehen“, sagt Angelika Fenna. „Man braucht sich ja gegenseitig.“

Drei oder Sieben Minuten Ziehzeit?

Die Norddeutsche und der Brite habe sich 1995 in einem Kölner Pub kennengelernt. 2013 kauften sie das etwa 250 Jahre alte Haus an der Groov, in dem einmal die erste Apotheke Zündorfs untergebracht war. Wenn Paul Fenna mal das Heimweh packt, dann reisen die beiden nach London. „Die sind von den Trends her immer zwei Jahre voraus“, sagt Angelika Fenna. So setzte das Paar vor einiger Zeit den Drink Espresso Martini auf die Karte. Doch das Getränk kam nicht an. Dafür gibt es jetzt Gin aus Köln-Niehl, der zufällig auch Daisy heißt.

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Liebevoll ausgewählt ist das Geschirr und all der andere Nippes hier.Foto: Martina Goyert

Und so werden die beiden weiterhin viel für die britisch-deutsche Freundschaft tun. Zum Englisch Breakfast Tea bekommt der Gast eine Sanduhr gestellt, damit er weiß, wann der Tee durchgezogen ist. „Ich persönlich finde, er sollte drei Minuten ziehen. Die Engländer trinken ihn aber in der Regel sieben Minuten ziehen und trinken ihn dann mit Milch.“ Kleine Unterschiede bleiben eben. Für den Rest heißt es: Abwarten und Tee trinken.

Daisys Tearoom & Garden, Gütergasse 21, 51143 Köln
Di-Fr 9 bis 18 Uhr, Sa u. So 9.30 bis 18 Uhr, Reservierung empfohlen unter 02203-806 783 4 oder per Mail an genuss@daisys-cafe.de.

www.daisys-cafe.de

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