Er schlug eine junge Mutter zusammen: Clan-Größe plötzlich ganz klein: Opfer-Anwältin rechnet mit „Feigling“ Miri ab
by FOCUS OnlineKurz vor der Urteilsverkündung im Prozess gegen den Berliner Clan-Boss Ahmad "Patron" Miri kommt es zu einer ergreifenden Szene: Eine Opfer-Anwältin wirft dem protzigen Schwerkriminellen vor, in Wahrheit ein Feigling zu sein, der in der Szene wohl kaum Rückhalt genießen dürfte. Zugleich warnte sie den 38-jährigen Schläger davor, sich noch einmal der von ihm verprügelten Frau zu nähern.
Es war ein bewegender Moment. Kurz vor der Urteilsverkündung im Prozess gegen Ahmad „Patron“ Miri erhob sich die Berliner Rechtsanwältin Änne Ollmann von ihrem Platz und gab eine Erklärung ab.
Dabei wandte sie sich direkt an den Angeklagten. Ihre Worte dürften niemanden im Gerichtssaal kaltgelassen haben. Sie nannte Miri, den stets großmäuligen Gesetzesbrecher, schlichtweg einen Feigling – und warnte ihn vor weiteren Straftaten.
Clan-Mann Miri: Junge Mutter in ihrer Wohnung überfallen
Änne Ollmann vertrat eine junge Frau, die von Miri überfallen und misshandelt worden war. Im November 2017 stürmte Miri gemeinsam mit drei Helfern die Wohnung der zweifachen Mutter Virginia E., trat die Tür ein und schlug das Opfer mit einem Holzknüppel nieder. Der kleine Sohn musste alles mit ansehen.
An diesem Dienstag verurteilte das Amtsgericht Tiergarten Miri für diese und eine weitere gefährliche Körperverletzung zu zwei Jahren und drei Monaten Haft – ohne Bewährung. (Lesen Sie hier die Gerichtsreportage von FOCUS Online). Hinzu kommt eine Geldstrafe in Höhe von 4500 Euro. Der Verurteilte muss zudem die Kosten des Verfahrens und die der Nebenklage tragen. Im Prozess hatte er die ihm vorgeworfenen Taten – gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung und illegaler Waffenbesitz – gestanden. Damit kam er einem noch härteren Urteil zuvor.
Dass der 38-jährige Schwerkriminelle endlich hinter Schloss und Riegel kommt, dürfte für viele seiner Opfer und große Teile der Öffentlichkeit eine Genugtuung darstellen.
Miris unfassbare Deutschland-Bilanz: Mehr als 20 Straftaten
Seit seiner Einreise nach Deutschland 1989 trat Miri, der angeblich aus Syrien stammt, als notorischer Gesetzesbrecher in Erscheinung. Bei Polizei und Justiz ist er mit 21 Straftaten aktenkundig, das aktuelle Urteil (neben gefährlicher Körperverletzung ging es auch um Sachbeschädigung und illegalen Waffenbesitz) noch gar nicht mit eingerechnet.
Opfer-Anwältin: Mandantin ist bis heute traumatisiert
In ihrer Erklärung erinnerte Anwältin Ollmann daran, wie schwer es ihrer Mandantin gefallen sei, überhaupt gegen eine Szene-Größe wie Miri auszusagen. Für die 30-jährige Virginia E. sei es ein „dorniger Weg“ gewesen. Auch mehr als zwei Jahre nach der eigentlichen Tat leide die Krankenpflege-Fachkraft noch erheblich unter dem Überfall in ihrer eigenen Wohnung. Sie sei traumatisiert und brauche psychologische Hilfe.
Verprügelte Frau: "Ich habe solche Angst vor diesen Menschen"
Kurz nach der Tat habe Virginia E. zu ihrer Anwältin gesagt: „Ich habe solche Angst vor diesen Menschen, dass ich nicht gegen sie vorgehen möchte.“ Dennoch entschloss sie sich, die Polizei einzuschalten und vor Gericht auszusagen - trotz massiver Furcht vor Racheaktionen aus dem Clan-Milieu. Bis heute bekommt sie Panik-Attacken, wenn sie flache, PS-starke Autos sieht, mit denen in der Szene gerne geprotzt wird.
Appell an Miri: "Kontaktaufnahme mit Opfer vermeiden"
In Clan-Kreisen dürfte Miri für seinen Angriff auf die junge Frau kaum Zustimmung finden, meinte die Anwältin. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in der Szene eine Tat als heldenhaft empfindet, die eher im Reich des Feige-Seins angesiedelt ist.“
Miri habe eine arg- und wehrlose Mutter überfallen und ihr einen Holzknüppel ins Gesicht geschlagen – in deren Wohnung, einem „besonders geschütztem Raum“, so die Anwältin.
Eindringlich warnte sie Miri davor, sich ihrer Mandantin noch einmal zu nähern. Er täte gut daran, „jegliche Kontaktaufnahme mit ihr zu vermeiden“. Das gelte auch für „Beleidigungen oder Bedrohungen“.
Verbrechensopfer: Seelisches Leid und finanzieller Schaden
Die Anwältin verwies auf die extremen Folgen für ihre Mandantin, die Miri im Gericht eigentlich gar nicht gegenübertreten wollte, es auf Anordnung der Richterin dennoch tat. Dafür musste sie ihren ganzen Mut aufbringen. „Ich bin stark“, sagte Virginia E. im Prozess, „Ich muss stark sein.“ Während ihrer Schilderungen brach sie immer wieder in Tränen aus.
Virginia E. kämpft nicht nur gegen die psychischen Nachwirkungen der Tat, sie geriet durch Miris Überfall auch in finanzielle Schwierigkeiten. So musste sie die Reparatur ihrer eingetretenen Wohnungstür selbst bezahlen. Die Rechnung belief sich auf 715,86 Euro. Weder Hausverwaltung noch Versicherung wollten für den Schaden aufkommen.
Richterin: Lasten für Geschädigte sind "extrem ungerecht"
Hinzu kommt: Um nicht ständig mit dem Überfall konfrontiert zu werden, musste Virginia E. ihre Wohnung komplett umgestalten und neu malern (ein Umzug war nicht möglich). Auch dies sei für die damalige Auszubildende ein finanzieller Kraftakt gewesen, so die Anwältin. In ihrer Erklärung forderte sie Miri zu einer „finanziellen Wiedergutmachung“ auf.
Die Richterin nannte es „extrem ungerecht“, dass Virginia E. auf den Kosten des Verbrechens sitzen geblieben ist. Das Opfer sollte seine Ansprüche gegenüber Miri „auf zivilrechtlichem Weg einklagen“, empfahl sie.
Internet-Poser Miri: Im Gericht versteckt er sein Gesicht
Der Täter nahm die Ausführungen schweigend und mit gesenktem Kopf zur Kenntnis. Der Vater von drei Kindern ließ sich nicht anmerken, ob ihn die mahnenden Worte der Opfer-Anwältin wirklich erreicht haben.
Man erkannte nicht, ob der willens und in der Lage ist, so etwas wie Empathie oder Reue aufzubringen.
Nach Prozessende verließ Miri, der bis zur Rechtskraft des Urteils auf freiem Fuß bleibt, eilig den Saal. Er warf sich seine Jacke über den Kopf, damit Fotografen und TV-Teams sein Gesicht nicht erkennen konnten. Für einen Mann, der in den sozialen Medien gern den starken, unantastbaren Protz-Rüpel mimt, wirkte das in der Tat ein bisschen feige.