TripleLift-Gründer Ari Lewine: Aus für Third-Party-Cookies eröffnet neue “respektvolle” Werbemöglichkeiten
by Igor HirschAri Lewine, Gründer und Chief Sales Officer (CSO) des US-amerikanischen Native-Advertising-Anbieters TripleLift, erklärt im MEEDA-Interview die Herausforderungen und Chancen für Online-Werbung nach dem "Tod der Cookies". Beim Projekt "Privacy Sandbox" von Google stehe noch lange nicht fest, wohin die Reise geht.
Welche Nachteile und Chancen entstehen für Werber bei einem gänzlichen Verzicht auf Third-Party-Cookies? Wie groß ist der Impact?
Ari Lewine: Werbetreibende müssen jetzt ihre Strategien überdenken. Bereits seit einigen Jahren zeichnet sich ab, dass die bisherigen Ansätze für Online-Werbung immer weniger effizient sind. Die so genannte “Banner-Blindness” nimmt zu, ebenso wie die Nutzung von Ad-Blockern. Publisher, die qualitativ hochwertige Inhalte vertreiben, müssen ihre Werbestrategien neu ausrichten. Es ist jetzt die Gelegenheit, sich auf Werbung zu konzentrieren, die für die User wirklich relevant ist – weil sie informativ ist und “respektvoll”, das heißt nicht aufdringlich ist.
Der drohende “Tod des Cookies” eröffnet jetzt auch neue Online-Werbemöglichkeiten. Auch wenn der Umsatz kurzfristig darunter leiden könnte, sollte dies auf langfristige Sicht eine starke Motivation für Publisher bieten, sich Gedanken darüber zu machen, wie die Werbung der Zukunft gestaltet werden soll. Die richtige Mischung aus Kreativität, Medien und User-Experience ist entscheidend. Die Werbeindustrie hat nun zwei Jahre Zeit, um nutzerorientierte Werbeformate zu schaffen, die keinerlei Cookies benötigen.
Glauben Sie das Google mit dem Projekt “Privacy Sandbox” eine Alternative findet, die Datenschutz und Werbung vereint? Wo liegen die Schwierigkeiten?
Meiner Meinung nach hat Google angedeutet, dass sie die “Privacy Sandbox” in der Tat als Mittel zur Bereitstellung einiger, wenn auch nicht aller Funktionen, die über Cookies von Drittanbietern verfügbar waren, einsetzen werden. Es handelt sich um ein Projekt, das darauf abzielt, die Menge der persönlichen Daten zu begrenzen, die Dritten über API-Aufrufe an den Browser zur Verfügung stehen, die einige Informationen über die Person liefern können.
Diese Daten sind vielleicht nicht ausreichend, um sie eindeutig zu identifizieren – vielleicht aber genug, um statistische Hinweise für bestimmte Arten von Messungen, Frequency-Capping und ähnliches geben zu können. Aktuell ist unklar, wie Google die “Privacy Sandbox” letztendlich gestalten wird, welche Informationen wann genau verfügbar sein werden usw.
Wie die Industrie reagiert, hängt wesentlich davon ab, was am Ende von Chrome über die “Privacy Sandbox” zur Verfügung gestellt wird. Das kann bedeuten, dass es anonymisierte Daten über aktuelle Kaufinteressen geben wird, es kann bedeuten, dass die User gruppiert werden. Wo die Reise hingeht, ist aktuell für niemanden absehbar. Zwei Jahre sind in der digitalen Werbung eine lange Zeit.
Es ist jedoch wahrscheinlich, dass dies insgesamt dem programmatischen Ökosystem nicht zuträglich sein wird. Eine Anmerkung: Würde man ein Unternehmen gründen wollen, das es möglich macht, im Open Web Inhalte zu monetarisieren und sehr effektive, nutzerzentrierte Werbeplatzierungen anzubieten, die programmatisch nutzbar sind, jedoch nicht ausschließlich über diesen Kanal verkauft werden müssen – dann würden sie auf “Native Advertising”, wie wir es bei TripleLift betreiben, kommen.
Wie kann Online-Werbung in einer Welt ohne Third-Party-Cookies aussehen?
Meiner Meinung nach gibt es einige mögliche Ansätze, wie Werbetreibende ihre Strategien zur Ausrichtung ihrer Werbung neu aufsetzen können, um ohne Third-Party-Cookies überleben zu können: Targeting wird zum Beispiel kontextabhängig werden. Und dies ist eine Neuentwicklung im Vergleich zu den bisherigen Ansätzen in der Werbung. In den traditionellen Medien werden Anzeigen seit Jahrzehnten kontextbezogen geschaltet. Neue Technologien verändern das Spielfeld. Es ist jetzt möglich, Anzeigen, die für die Nutzer am relevantesten sind, sowohl dynamisch zu generieren als auch im passendsten Kontext für die User zu platzieren.
Dies ist das, was bei TripleLift auf automatisierte Weise und skalierend möglich ist. Gegenwärtig stehen die Zielgruppen, die eine Anzeige sehen werden, im Vordergrund. Dieser Fokus wird sich auf das verlagern, was wirklich konsumiert wird und vor allem wo es konsumiert wird. Kontext und Formate werden ein “Paar” bilden.
Es geht darum, die Aufmerksamkeit der User mit relevanten Inhalten zu gewinnen. Schließlich werden die Daten der Verleger wichtiger denn je sein. Viele Publisher installieren bereits heute First-Party-Cookies auf ihren Webseiten, um ihre User besser ansprechen zu können – andere werden wahrscheinlich folgen. Es wird auch mehr Paywalls für Inhalte geben, während Verlage, die ein Werbeeinnahme-Modell weiterführen wollen, kostenlose Inhalte anbieten werden, aber wohl mit Registrierungsanforderungen, die viel genauere User-Daten im Austausch für einen kostenfreien Zugang verlangen.
Sie haben mit Burda einen großen Kunden gewonnen und erste Erfahrungen in Deutschland gesammelt. Was sind die Besonderheiten des hiesigen Publisher-Marktes?
Es besteht eine große Nachfrage nach verbraucherfreundlichen, DSGVO-konformen, nativen Werbeprodukten, die den Usern Erfahrungen bieten, die auf relevanten und wie wir es nennen, respektvollen Werbeinhalten basieren. Diese Nachfrage ist nicht nur in Europa, sondern auch und ganz besonders in Deutschland sichtbar.
Derzeit steigen die programmatischen Werbeausgaben. In Deutschland passen unsere starken Verbindungen zu über 50 DSPs (Demand Side Plattforms) und renommierten Verlagen wie Burda perfekt in das rasante Wachstum der Branche. Das Feedback, das wir von ihnen bekommen, ist, dass sie nach mehr User-Engagement, mehr Aufmerksamkeit für die Werbetreibenden und mehr Einnahmen für die Verlage suchen. “Native Advertising”, wie wir es anbieten, entspricht dieser Nachfrage. Eine Zahl, um die Effektivität zu veranschaulichen: Die Klickraten für Display-Anzeigen liegen im Durchschnitt bei 0,07 Prozent.
In Deutschland liegen sie nach den uns vorliegenden Daten bei Kampagnen bei 0,37 Prozent für native In-Feed-Anzeigen. Das ist mehr als fünfmal so hoch. Dies ist eine neue Chance für Verlage oder Medienunternehmen: Sie können jetzt durch entsprechende Technologie ihre eigenen nativen Formate erstellen.
Wie unterscheiden sich Ihre Lösungen von denen der anderen Native-Advertising-Anbieter?
TripleLift hat programmatische Native-Infeed-Werbung erfunden. Das bedeutet, dass wir Inhalte über computergesteuerte visuelle Auswertungen und dynamische Vorlagen innerhalb von Sekunden im passgenauen “Look and Feel” jeder Webseite integrieren. Natürlich wird immer klar angezeigt, dass es sich um Branded Content oder gesponserte Beiträge handelt. Das ist Werbung, die wir respektvoll nennen, weil sie inhaltlich relevant ist und nicht störend wirkt.
Die Fragen an Ari Lewine wurden via E-Mail gestellt.